Telemedizin im Kreis Paderborn: Erste digitale Hausarztpraxis in Etteln eröffnet

Borchen-Etteln. Am 1. September hat der bundesweit erste Standort des Projekts Digitale Hausärztliche Versorgungsassistenten (DIHVA) in Etteln seine Türen geöffnet. Das Wartezimmer im neuen Leuchtturmprojekt des Digitalen Dorfes füllt sich. Patientin Adele Tietz lässt sich in den Räumen an der Kirchstraße 32 von einer Assistentin mithilfe von Künstlicher Intelligenz voruntersuchen. Später schaut sich Hausarzt Thomas Bandorski von seiner Praxis im etwa zehn Kilometer entfernten Bad Wünnenberg-Haaren aus alle relevanten Daten an. Das Stichwort lautet Telemedizin. Wie berichtet, gehört Etteln zu einem von sechs bundesweiten Projekten im DIHVA-Netzwerk. Mehrere Faktoren machen das neue Angebot in Etteln nötig, aber auch innovativ. Vor allem gehen nach und nach Hausärzte in Borchen in den Ruhestand. Schon jetzt gebe es in mehreren Ortsteilen keinen Hausarzt mehr, wie der Ettelner Ortsvorsteher Ulrich Ahle verdeutlicht. Am Wohnort von einem Hausarzt versorgt zu werden, ist aber nicht nur für ältere und pflegebedürftige Bürger wichtig. &bdquo;Die Lage wird zunehmend schwieriger“, sagt Ahle. Den Ortsvorsteher bezeichnen am Eröffnungstag der Praxis viele als treibende Kraft hinter dem neuen Ettelner Projekt. Letztlich hat er den Kontakt zu den DIHVA-Machern hergestellt. Das sind der Psychologe Alexander Baasner und der Hausarzt Stefan Spieren, die Gründer und Geschäftsführer der Digitalen Facharzt- und Gesundheitsversorgungsgesellschaft mit Sitz in Wenden (Kreis Olpe). Mit ihrer Idee, dass digital geschulte hausärztliche Versorgungsassistenten vor Ort Patienten untersuchen und die Daten an Ärzte an anderen Orten senden, haben sie 2023 den &bdquo;German Medical Award“ in der Kategorie &bdquo;Digitale Medizin“ gewonnen. Assistenten arbeiten in Ettelner Praxis Zum Projekt gehört Thomas Bandorski, der als Arzt in seiner Praxis in Haaren die Patientendaten erhält und bewertet. Parallel arbeitet in der früheren Hausarztpraxis von Hans-Dieter Bader in Etteln ein Team als Versorgungsassistenten. Dazu gehören Lea Kulp, Antje Stavesand und Susanne Bandorski. Die Fachkräfte sind auch entsprechend für den Umgang mit den Diagnostik-Geräten ausgebildet. Eines davon sieht aus wie ein Telefonhörer mit breitem Griff. &bdquo;Damit können die Assistenten verschiedene Untersuchungen vornehmen“, sagt Bandorski. Mit den Diagnostik-Geräten können die Assistenten beispielsweise den Blutdruck messen und die Ohren mit einem Otoskop untersuchen. Sie können mit einem Dermatoskop Aufnahmen von Hautveränderungen machen sowie Blut entnehmen, Elektrokardiogramme (EKG) erstellen und weitere diagnostische Tests durchführen. Die Daten werden in einer digitalen Patientenakte gespeichert. Der zuständige Arzt erhält sie dann für eine Diagnose. Bei Bedarf hält der Arzt per Videosprechstunde oder Telefon Rücksprache mit dem Patienten. Digitale Lösung gegen Hausarztmangel: Im Kreis Paderborn startet deutschlandweites Pilotprojekt Termine für Untersuchungen in der neuen Ettelner Praxis können Patienten im Internet auf https://www.dihva.de/etteln vereinbaren oder per Telefon unter 02957 985607. Medikamente, so führt Ahle aus, sollen über eine ortsnahe Apotheke zu beziehen sein, mit Anlieferung und vielleicht der späteren Möglichkeit, sich auch dorthin per Video-Gespräch auszutauschen. Neue Praxis in Etteln: Vertrag mit einer Krankenkasse Im Beisein von Bürgermeister Uwe Gockel (parteilos) und Hans-Dieter Bader sowie Harald Netz, Pressereferent in der Landesvertretung NRW der Techniker-Krankenkasse, geht der Dank für die Unterstützung auch an sie. Laut Alexander Baasner von DIHVA habe Bader seine früheren Praxisräume im eigenen Gebäude bereitgestellt. Die Miete und Verbrauchskosten zahle die Gemeinde. Die Hard- und Software für die Untersuchungen per Telemedizin stellt das Unternehmen hinter DIHVA, es bildet auch die Assistenten aus. Mit der Techniker-Krankenkasse gebe es zudem einen Selektivvertrag, der es letztlich Patienten möglich macht, die Untersuchung in der Ettelner Praxis in Anspruch nehmen zu können. Sie müssen dem Vertrag anfangs zustimmen. Sonst ändere sich nichts für sie, so Baasner. Ein Vorteil sei auch, dass die Ärzte nicht wie sonst üblich an ein bestimmtes Budget im Quartal gebunden sind. Lesen Sie auch: Wie ein Borchener Ort zum digitalsten Dorf Deutschlands wurde Teil der DIHVA-Idee mit der Telemedizin sei auch, so Baasner, &bdquo;wertvolle Ressourcen so effizient wie möglich zu nutzen“. So könnten die in etwa drei Monaten ausgebildeten Assistenten eine Reihe von Aufgaben übernehmen, die sonst in den Praxen Zeit in Anspruch nehmen. Zudem stelle sich für Baasner derzeit die Frage, ob sich beispielsweise mit Landarzt-Programmen ausreichend neue Ärzte hinzugewinnen lassen, um Lücken in der ländlichen medizinischen Versorgung zu schließen. Erste Patienten in Etteln freuen sich über neues Angebot Berührungsängste mit dem neuen Angebot haben die Patientin Adele Tietz und David Kleine aus Etteln jedenfalls nicht. &bdquo;Für Etteln ist das sehr schön, dass es solch ein Angebot gibt“, sagt Tietz. Die neue Praxis schließt eine Lücke, die nach dem Eintritt von Bader als Hausarzt in den Ruhestand vor etwa fünf Jahren entstanden ist. &bdquo;Gerade für ältere Menschen ist eine Anlaufstelle im Ort wichtig“, sagt Tietz.

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