Digitale Lösung gegen Hausarztmangel: Im Kreis Paderborn startet deutschlandweites Pilotprojekt

Borchen-Etteln. Das digitalste Dorf in Deutschland und beim weltweiten Smart-City-Contest Platz 1 vor der Millionen-Metropole Hongkong – das 1.750-Einwohnerdorf Etteln ist im Bereich der Digitalisierung auf dem weltweiten Stand der Technik. Auf diesen Lorbeeren wird sich dort aber keineswegs ausgeruht. In Etteln wird nicht nur über Digitalisierung geredet, sie wird umgesetzt. Ortsvorsteher Ulrich Ahle ist seit Jahren die treibende Kraft dabei und stellte nun vier weitere digitale Projekte vor. Etteln startet die Entwicklung des ersten kommunalen Datenraums in Deutschland, setzt eine automatisiert fliegende Drohne zur Unterstützung der Feuerwehr ein und realisiert dynamische Strompreise für Etteln. Zudem wird ein digitaler hausärztlicher Versorgungsassistent ab dem 1. September in Etteln an den Start gehen. Das ist – wie fast üblich in Etteln – ein deutschlandweites Pilotprojekt. Lesen Sie auch: Wie ein Borchener Ort zum digitalsten Dorf Deutschlands wurde Digitale hausärztliche Versorgung in Ettelner Praxis In Zukunft wird es immer weniger Hausärzte in den ländlichen Gebieten geben. Um dem vorzubeugen, hat die Techniker Krankenkasse den digitalen Versorgungsassistenten entwickelt – zusammen mit der Digitalen Facharzt- und Gesundheitsversorgungsgesellschaft. Deren Geschäftsführer Alexander Baasner stellte das Pilotprojekt zusammen mit Thomas Bandorski, der in Haaren und Bad Wünnenberg als Hausarzt praktiziert, vor. In den Praxisräumen des ehemaligen Ettelner Hausarztes Bader wird ab dem 1. September eine speziell ausgebildete Krankenschwester sitzen, die über eine Vielzahl von digitalen Untersuchungsgeräten verfügt. Als eine komplette Hausarztpraxis in einem Rucksack bezeichnete Baasner die Gerätschaften, die teilweise auch mit KI ausgestattet sind. Unter anderem können Schnelltests des Blutes, des Blutzuckers oder des Urins gemacht werden. &bdquo;Es muss nicht unbedingt wie jetzt in Etteln eine Krankenschwester sein. Nach einer dreimonatigen Ausbildung kann der digitale hausärztliche Versorgungsassistent bedient werden“, erklärte Bandorski. Die Untersuchungsergebnisse werden durch eine künstliche Intelligenz voranalysiert und dann einem Arzt im Nachbarort vorgestellt. Der Arzt stellt die Diagnose und bespricht das Untersuchungsergebnis per Videokonferenz oder per Telefon mit dem Patienten. Ziel sei es, 80 Prozent der Fälle abschließend so bedienen zu können und eine Grundversorgung auch in ländlichen Regionen vor Ort bereitstellen zu können, so Baasner. &bdquo;Aufgrund der digitalen Infrastruktur wurde Etteln für dieses bundesweite Pilotprojekt ausgewählt“, betonte Borchens Bürgermeister Uwe Gockel. Automatisierte Feuerwehrdrohne hilft in Borchen In diesem Gemeinschaftsprojekt mit dem Kreis Paderborn wird eine automatisiert fliegende Drohne im Einsatzfall durch die Kreisfeuerwehrzentrale gestartet und fliegt automatisiert zur Einsatzstelle. Sobald die Freiwillige Feuerwehr ihre Fahrzeuge besetzt hat, erhalten die Kameraden bereits bei der Anfahrt ein Lagebild von der Einsatzstelle und können sich entsprechend vorbereiten. Eine Drohne ist auf dem Kreishaus platziert, eine in Etteln. &bdquo;Innerhalb von zwei Minuten haben wir dann die Infos“, lobt Landrat Christoph Rüther das Projekt und die gute Zusammenarbeit mit den Ettelnern. Kommunaler Datenraum wird in Etteln entwickelt Die Digitalisierung in Etteln basiert auf der Digitalisierungsplattform-Technologie der Fiware Foundation mit Sitz in Berlin. Fiware ist mittlerweile die weltweit führende lizenzkostenfreie Technologie für die Digitalisierung von Städten und Kommunen. Nun startet in Etteln die Entwicklung des ersten kommunalen Datenraums in Deutschland. Das Projekt mit dem Titel &bdquo;Community-X“ wurde aufgrund seines Potenzials zu einem Gaia-X-Leuchtturmprojekt ernannt. Geleitet wird dieses Projekt von der Fiware-Foundation, deren CEO Ulrich Ahle bis 2023 war. Nun ist Ahle Geschäftsführer von Gaia-X. &bdquo;Das hat er ganz bescheiden gesagt. Dabei hat Gaia-X ein Fördervolumen von 1,8 Milliarden Euro“, sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann bei der Vorstellung der Projekte und lobte den Ettelner IT-Manager. &bdquo;Uli Ahle ist in Berlin bekannt wie ein bunter Hund. Ihm vertrauen dort alle.“ Ebenso vertrauensvoll soll der digitale Datenraum sein. Dieser stelle die Basis für viele intelligente Anwendungen im kommunalen Umfeld, in der Mobilität, der Energiewirtschaft oder auch dem Gesundheitswesen dar, erklärte Ahle. Ein kommunaler Datenraum könne es einer Kommune ermöglichen, verschiedenste Daten oder auch Feedback der Bürger aus verschiedenen und auch externen Quellen zu verknüpfen. Auch interessant: Warum das Dorf Etteln im Kreis Paderborn smarter als Hongkong ist Da es aktuell keine Fördermittel für &bdquo;Community-X“ gibt, geht Etteln bei der Finanzierung einen neuen Weg und setzt auf Spenden durch ein sogenanntes Crowdfunding über Gofundme. Spender und Finanzierer erhalten ab 500 Euro eine absetzbare Spendenquittung. &bdquo;In China kennen sie auch alle Konzepte für sichere Datenräume. Wir müssen aufpassen, dass uns China nicht überholt, daher können wir nicht warten bis irgendwo wieder ein Fördertopf aufgeht“, machte Ahle deutlich. Das &bdquo;Einfach-machen-Prinzip“ findet auch Thomas Jarzombek, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung, sehr gut: &bdquo;Das ganze Dorf packt hier mit an – so etwas brauchen wir mehr in Deutschland. Etteln hat verstanden, dass nicht nur die Infrastruktur wichtig ist, sondern der eigentliche Mehrwert der Digitalisierung erst durch Daten und Software entsteht. Mit dem integrierten Datenraum wird Etteln die nächste Stufe der Digitalisierung realisieren und erneut ein Beispiel für Deutschland geben.“ Dynamische Strompreise nur für Etteln Etteln ist nicht nur digital weit vorne, sondern auch klimaneutral. In Etteln wird das 34-fache des eigenen Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien erzeugt. Ein zentraler digitaler Batteriespeicher speichert tagsüber die Energie von den umliegenden privaten Solaranlagen und speist die Energie zur Stabilisierung des Stromnetzes zurück, wenn die Sonne nicht scheint. Daher genießen die Dorfbewohner einen eigenen Stromtarif, der immer 30 Prozent unter dem Grundversorgertarif liegt. Im Auftrag der Future Energy Lab der Deutschen Energie-Agentur realisiert ein Konsortium um die Fraunhofer Gesellschaft dynamische Strompreise für Etteln unter Einbeziehung von Pilothaushalten. Hierbei werde auch der Zugang zu Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen von Kleinanlagen erarbeitet, erklärte Ahle. Immer informiert bleiben: Hier gelangen Sie direkt zum Whatsapp-Kanal der NW Paderborn.

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