Bad Wünnenberger Firma rettet Fallschirmspringern weltweit das Leben

Bad Wünnenberg. In dieser Firma geht es jeden Tag um Leben und Tod. Bei Cypres in Bad Wünnenberg entsteht in Handarbeit der weltweit gefragteste Lebensretter für Fallschirmspringer. Ein Hightech-Mechanismus öffnet den Schirm, wenn ein Mensch nicht mehr bei Bewusstsein ist. &bdquo;Unser Gerät muss immer funktionieren. Immer. Und das tut es zu 100 Prozent. Es hat bislang mehr als 5.100 Menschen das Leben gerettet", sagt Helmut Cloth. Der Neuhäuser ist Perfektionist. Er hat gemeinsam mit Rudolf Hirsch und Michael Wakob das Cypres erfunden. Es ist ein Gerät, so groß wie eine Packung Papiertaschentücher, das ständig den Luftdruck misst, damit die Höhe des Springers erkennt und den Rettungsfallschirm auslöst, wenn rund vier Sekunden vor dem Boden noch kein Schirm geöffnet ist. Kunden sind laut Unternehmen Militärs aus 90 Nationen sowie weltweit zehntausende Springer. Mittlerweile, so Cloth, gehöre das Cypres zum Standard für die meisten Springer in der Welt. Er kostet im Handel rund 1.100 Euro. Dankesbriefe trudelten regelmäßig ein, sagt Cloth am Firmensitz in der Wünnenberger Mittelstraße. Die unscheinbaren Produktionsräume dort verraten wenig davon, welch weltweite Bekanntheit das 40-köpfige Unternehmen in der Springerszene und in der Industrie genießt. Cloth ist kein Mann für den großen Auftritt. Und das, obwohl sein Produkt in Raketen, Satelliten und bei modernsten Luftfahrtprojekten zum Einsatz kommt. Geschützt hat es den österreichischen Extremsportler Felix Baumgartner 2012 bei dessen Sprung aus dem Weltall in 39 Kilometern Höhe. 2014 überlebte ein Pilot des Raumschiffs von Virgin Galactic des britischen Milliardärs Richard Branson, weil das Wünnenberger System einschritt. Aufwendig gerahmt hängt im Konferenzraum des Unternehmens ein persönliches Schreiben des einstigen US-Präsidenten George H.W. Bush. Er bedankt sich für den Sicherungsmechanismus, den er dabei hatte, als er 1997 mit 72 Jahren über Arizona aus dem Flugzeug sprang. Ein tödlicher Unfall ist der Auslöser Den Firmengründern geht es aber nicht um Prominenz und Glamour, sondern darum, mit höchster technischer Fertigungsqualität den Tod zu verhindern. Ein schrecklicher Unfall war für Cloth 1986 der Auslöser beim Streben nach mehr Sicherheit im Fallschirmsport. &bdquo;Es gab schon damals Öffnungsautomaten, doch sie haben nicht gut funktioniert und aus Angst vor Fehlfunktionen hat sie fast niemand benutzt", sagt er heute. So auch nicht er selbst und sein Kumpel beim Training für einen Formationssprung in Bayern. Der Kamerad stürzte ab und Cloth steckte fortan seine Energie in die Erfindung. &bdquo;Es waren so viele technische Probleme zu lösen", sagt er heute, &bdquo;manchmal sah es aus, als stünden wir kurz vor dem Ende." Doch sie tüftelten weiter und verfeinerten die Messung des Luftdrucks in Kombination mit einer sicheren Ein-Knopf-Bedienung. Nach vielen Tests und Probesprüngen, die auch Cloth selbst mit Springerkollegen durchführte, kam 1991 die erste Version des Cypres heraus. In der zweiten Version funktioniert die Rettung heute so: Fällt der Springer ungebremst in Richtung Boden wird eine Mini-Explosion ausgelöst, die dazu führt, dass ein Bolzen eine Schnur durchtrennt und sich somit der Rettungsfallschirm öffnen kann. &bdquo;Man muss das Gerät nur einmal am Sprungtag aktivieren", erklärt Cloth. Es habe samt Batterie eine Lebenszeit von 15 Jahren, sei wasserdicht und gegen Strahlungen abgeschirmt. Fehler sind keine Option, das wird klar beim Besuch der Fertigung. Produziert wird ausschließlich in Bad Wünnenberg. In den Räumen geht es leise zu, Handys am Arbeitsplatz sind verpönt. In jedem Arbeitsschritt gelte das Vier-Augen-Prinzip. Immer wieder werden die Geräte getestet. &bdquo;Die Tests sind noch umfangreicher als die Produktion", sagt der Gründer. Und wenn ein Cypres fertig ist, werde es nochmal 115 Stunden lang in Truhen schwankenden Temperaturen und wechselndem Luftdruck ausgesetzt. Nur so könne die Qualität dauerhaft gehalten werden. Größter Werbeträger für die Wünnenberger ist übrigens das Cypres-Demo-Sprungteam. Die Gruppe will am 2. Oktober am Flughafen Paderborn/Lippstadt die größte beim Fallschirmspringen jemals geflogene Flagge zur Entfaltung bringen. Möglichst ohne, dass das Cypres dabei zum Einsatz kommt.

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