Bad Lippspringe/Nieheim. Einen erfahrenen Umweltschutzpionier konnten die Befürworter eines Nationalparks Egge jüngst in der Region begrüßen. Michael Succow hatte sich spontan angekündigt und knapp 40 Unterstützerinnen und Unterstützer des Projekts eilten zur Steinbeke nach Bad Lippspringe, wie es in einer Mitteilung der Grünen heißt. Succows Besuch sei auf Initiative von Journalistin Tanja Busse aus Höxter erfolgt, und setzt sich am Abend in Nieheim-Eversen im Kreis Höxter fort.
Succow war einst als stellvertretender Umweltminister der DDR federführend für die Ausweisung von Nationalparken. Für diese Projekte in den letzten Tagen des ostdeutschen Staates wurde ihm 1997 der alternative Nobelpreis verliehen.
In Bad Lippspringe sandte der 83-Jährige laut den Grünen „eine sehr klare Botschaft“. Succow sehe um sich herum „eine Welt voller Wunden“, die es zu heilen gelte. Die Natur werde immer knapper, insbesondere der Wald in öffentlichem Besitz wie in der Egge. Er sagt: „Dieser muss dem Gemeinwohl dienen“. Seine Hauptsorge gilt neben den Wäldern vor allem dem Wasser. „Wir brauchen Räume, die Grundwasser bilden“, fordert er. Die schwere Geräte, die tiefe Furchen aufreißen, sorgten für einen Abfluss der Niederschläge, Nadelbäume verdunsteten das gesamte Jahr über das kostbare Nass: „Ein Drittel der Grundwasserbildung fällt so weg“, erklärt Succow. Inmitten des Klimawandels benötigt man Buchen zur Kühlung. „In Großstädten wie Berlin wird Trinkwasser zum kostbarsten Gut“, macht er klar.
Familien mit Kindern sollen helfen
„Ihr könnt so eine Landschaft schaffen“, ruft er den Aktivisten in der Egge zu. „Es ist wichtig, in Eurem Bundesland besonders die Menschen mit Kindern aufzuklären“ und sich ein Stück Natur zu sichern. „Die Forstlobby will aber Holz verkaufen und dicke Hirsche züchten in Jagdbordellen. Das sind Perversionen, die wir uns nicht mehr leisten können“, lässt sich Succow zitieren. Ohne eine Bürgerbewegung wie in den Kreisen Paderborn und Höxter ist die Zukunft nicht mehr gestaltbar. Sein Vorschlag: Mit Kindern zusammen die zerstörte Natur wieder aufbauen und Samen neuer Bäume in die Erde legen: „Der Natur auf die Sprünge helfen, das ist unsere Aufgabe und nicht die der Forstbaumschulen“.
Kraft für seinen Kampf gegen die Naturzerstörung schöpft der in Wriezen geborene Autor unter anderem aus dem Engagement von Fridays for Future: „Meine Energie kriege ich durch Menschen, die nicht der Gier anheimgefallen sind. Und durch die Kinder“. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Norika Creuzmann dankt Succow für seinen Besuch in der Egge.
Im Dorfgemeinschaftshaus in Eversen wurde er dann von 30 Besucherinnen und Besuchern empfangen. Der Agrarwissenschaftler lobte dort seinen einstigen Freund und Förderer Klaus Töpfer, den früheren Bundesumweltminister: Dieser habe mit seinen Ideen für Naturschutz sehr viel Weitsicht bewiesen, machte Succow deutlich. Auch hier ging der Experte auf die Bedeutung von intakten Mischwäldern für die Grundwasserneubildung und damit auch für die Landwirtschaft ein. „Ökolandbau braucht dringend mehr Wertschätzung“, betonte er mit Blick auf den Erhalt gesunder Böden und die Bedeutung einer bäuerlichen Landwirtschaft.
Unterwegs nach Berlin
„Die schöne Landschaft hier soll erhalten bleiben“, machte Succow deutlich. Noch am selben Abend führte der Weg des rührigen Nationalparkbefürworters nach Hannover, um rechtzeitig am Folgetag in Berlin sein zu können – für einen Austausch mit der Umwelthilfe.