Nach NW-Enthüllung über SS-Arzt: Bad Oeynhausener Stadtheimatpfleger sieht Forschungsbedarf

Bad Oeynhausen. Die Panzer der Amerikaner rollten vor 80 Jahren durch und um Bad Oeynhausen herum, aber sie zerstörten die Kurstadt nicht. Die Einnahme des Ortes - damals noch eine Kleinstadt mit Kurpark - verlief offenbar erstaunlich unblutig. Die kampflose Übergabe wird mittlerweile als Heldengeschichte im Roman erzählt. Doch an dieser Darstellung sind Zweifel angebracht. Der Held dieser Erzählung ist der Lazarettarzt Werner Aly, der am 3. April 1945 mit weißem Betttuch auf seinem Motorrad den feuernden amerikanischen Panzern entgegen gefahren sein soll. Nach Recherchen der NW war Werner Aly aber nicht nur Sanitätsoffizier im Range eines Majors, sondern zugleich SS-Offizier, eine Zeit lang Funktionsarzt der heimischen SS und Mitglied des SS-Vereins &bdquo;Ahnenerbe“, einer elitären Clique um den &bdquo;Reichsführer SS“ Heinrich Himmler. Für Stadtheimatpfleger Klaus Peter Schumann sind die Informationen aus dem Bundesarchiv Berlin eine Überraschung. &bdquo;Das sind ganz neue Aspekte zu der Person“, sagt Schumann im Gespräch mit der NW: &bdquo;Die Heldenerzählung wird ein stückweit infrage gestellt.“ Die Erinnerungstafel an Alys Elternhaus verbräme seine Rolle in Nationalsozialismus. Der Stadtheimatpfleger sieht weiteren Forschungsbedarf zum Wirken Alys in den Kriegsjahren - und in der direkten Nachkriegszeit. Himmelfahrtskommando auf dem Motorrad Die Motorradfahrt selbst bestätigen mehrere Zeitzeugen, darunter Aly selbst. Schumann hat sich noch einmal die Stadtchronik von Gerhard Lietz angesehen. Lietz hat wohl selbst noch mit Aly gesprochen und zitiert ihn ausführlich. &bdquo;Aly verschweigt dabei nicht, dass er auf Befehl den Amerikanern entgegen gefahren ist“, sagt Schumann. Lesen Sie auch: Der Retter von Bad Oeynhausen war SS-Offizier Eine rein humanitäre Mission war die Motorradfahrt also nicht. Eher ein Himmelfahrtskommando. Das wird auch deutlich, wenn man den Bericht der Amerikaner dagegen hält, den sie zur Motivation der eigenen Truppen nach der Einnahme von Bad Oeynhausen veröffentlicht haben. Dass das Staatsbad eine neue Stadtführung zum Retter der Kurstadt plant, stößt bei Schumann nicht auf ungeteilte Gegenliebe. &bdquo;Ich würde erstmal abwarten, welche Erkenntnisse noch dazu auf den Tisch kommen“, sagt der Stadtheimatpfleger. Die Amerikaner erzählen Anfang April 1945 in einem Propagandabericht von ihrer Begegnung mit den zwei deutschen Offizieren, einem Major und einem Hauptmann, die ihnen auf einem Motorrad entgegenkamen, um die Stadt kampflos zu übergeben. Die Deutschen wurden gefangen genommen und auf die Motorhaube eines Jeeps gesetzt. Mit diesen lebendigen Kühlergrillfiguren wollen sie dann in die Stadt eingefahren sein und die letzten verbliebenen Wehrmachtssoldaten überrascht haben. &bdquo;Bad Oeynhausen war wohl zu unbedeutend“ Allerdings ist offen, ob die Kurstadt, die zu diesem Zeitpunkt wohl vor allem eine Lazarettstadt war, noch hätte Gegenwehr leisten können. Die Amerikaner wollten nach Minden. Porta Westfalica galt als strategische Wegmarke. Nicht Bad Oeynhausen. Schumann bringt das auf den Punkt: &bdquo;Bad Oeynhausen war wohl zu unbedeutend.“ Dass die Stadt stattdessen zum Quartier und später sogar zum britischen Hauptquartier wurde, erklärt der Stadtheimatpfleger nicht mit einem lang gehegten Plan, sondern mit einer einfachen Überlegung: Die großen Städte waren durch den Bombenkrieg zerstört. Logisch, dass die Alliierten vor allem in unzerstörten Städten Quartier machten. &bdquo;Das war auch in anderen Badestädten so.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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