Der Nationalpark bewegt die Egge

Altenbeken-Schwaney. Eigentlich hätte der Thekenraum geschlossen bleiben sollen, doch der Andrang in der Schwaneyer Schützenhalle führte Mittwochabend zügig zum Umdenken. Mehr als 500 Menschen haben sich beim Infoabend der CDU zu einem möglichen Nationalpark Egge die Vorträge von Gegnern und Befürwortern angehört. Wohltuend bei einer erwartet hitzigen Atmosphäre: Die klare Ansage der CDU-Kreisvorsitzenden Corinna Rotte, in der Schützenhalle diesmal keine Schützenfeststimmung aufkommen zu lassen, fruchtete. Die Gegner der Nationalpark-Idee aus Land- und Forstwirtschaft waren mit etwa 250 Menschen gekommen. Sie versammelten sich zunächst vor der Halle, die Traktoren wurden in Absprache mit Polizei und Altenbekener Ordnungsamt in Seitenstraßen geparkt. Drinnen waren viele von ihnen mit gelben Westen zu sehen. Susanne Mönnikes, die Kreislandwirtin, spricht ihnen dort aus der Seele: &bdquo;Die Flächen, die man heute sieht, sind durch uns so entstanden. Wir haben jedes Recht, neuen Planungen von Schutzgebieten zu hinterfragen und zu kritisieren.“ Sie erinnert daran: Kosten und Gestaltung eines Nationalparks hätten die Steuerzahler zu tragen. In seiner Gemeinde übernahm Altenbekens früherer SPD-Bürgermeister Hans Jürgen Wessels die Rolle des Nationalpark-Fürsprechers. Als Vorsitzender des Fördervereins schlug er den Bogen von der Bedeutung der Regenwälder Brasiliens bis zum nötigen Erhalt der Biodiversität in der Egge: &bdquo;Die wertvolle Natur müssen wir bestmöglich bewahren. Der Nationalpark ist eine Chance für die Region.“ Auf die Sorgen derjenigen, die vom Wald leben, geht Wessels direkt ein: &bdquo;Einen Veränderungsprozess kann man steuern. Umstellungen in Branchen können erträglich gestaltet werden. Für Gespräche stehe ich zur Verfügung.“ Ist Möllers' Idee umsetzbar? Den in der Egge von so manchem befürchteten Windkraftausbau kann ein Nationalpark laut Wessels ebenso stoppen: &bdquo;Dieses Ziel zu erreichen, wäre ’Beifang’ eines Nationalparks.“ Insgesamt ist er davon überzeugt, dass neben dem Nutzen für den Naturschutz, der Nationalpark Egge ein Gewinn für die Wirtschaft, und nicht nur den Tourismus, in der Region ist. Der Beifall für Wessels fiel in der Halle erwartungsgemäß nicht allzu laut, aber freundlich aus. Wessels’ Nachfolger als Altenbekener Bürgermeister, Matthias Möllers (CDU), hatte zur Begrüßung gefordert, Politik und Bürger von betroffenen Kommunen in den Entscheidungsprozess ausdrücklich einzubinden. Seine Idee: Ratsbürgerentscheide sollten möglichst vielen Menschen die Chance zur Mitsprache geben. Beobachter sehen diese Idee jedoch rechtlich kritisch, weil über Flächen abgestimmt würde, die nicht Gemeinden, sondern dem Land gehören. Die diskutierte Flächenkulisse sieht vor, den Nationalpark mit Staatswald zu formen. Karsten Otte aus Hiddenhausen, Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz in OWL, fragt, wieso sich die Landwirte in den Staatswald einmischen. &bdquo;Die Egge gehört in weiten Teilen nicht nur den Anliegern, sondern allen Menschen in NRW.“ Die Angst vor einschränkenden Pufferzonen um die Schutzfläche sei &bdquo;eine Phantomdiskussion“. Auch die Sorgen vor Wildschäden will Otte den Menschen nehmen. Selbst die Jagd sei weiter möglich: &bdquo;Dafür gibt es Mittel und Wege.“ Mit dem Argument eines nicht betretbaren Nationalparks für Wanderer will Otte ebenso aufräumen. Im Nationalpark Kellerwald sei er erst jüngst gewandert: &bdquo;Auf vielen Wegen und kostenlos. Wer das Gegenteil behauptet, soll mir das in Deutschland zeigen.“ Und das Geld? Wirtschaftlich habe sich ein Nationalpark &bdquo;noch nie negativ für eine Region ausgewirkt“. Unternehmen sollen kontaktiert werden Forstwirtschaftsprofessor Frank Bohlander von der Fachhochschule Erfurt ist auf der Seite der Nationalparkgegner. Er hält die Fläche für ungeeignet und sagt, eine nachhaltige Bewirtschaftung von Waldflächen trage vielmehr dauerhaft zur klimafreundlichen Bindung von CO2 bei. Ihm fehlt die naturschutzfachliche Notwendigkeit für einen Nationalpark. Die Egge sei nur ausgewählt worden, weil die Senne als Option ausfalle. Die Egge habe aber nicht die gleiche biologische Qualität. Aus Sicht der Wirtschaft sind laut IHK-Vertreterin Claudia Auinger noch viele Fragen offen. 9.000 Unternehmen würden kontaktiert. Eine endgültige Meinung der Kammer stehe noch aus.

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