Stemwedes größter Arbeitgeber: Bei ZF droht Tausenden Menschen die Kündigung

Stemwede. Der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen AG ist ein bedeutender Arbeitgeber in der Dümmer-Region. 3.200 Menschen arbeiten hier für den Konzern. In Stemwede ist ZF mit bislang rund 1.700 Beschäftigten größter Arbeitgeber. In den ZF-Werken aber herrscht große Unruhe. ZF hat angekündigt, dass knapp 25 Prozent aller Jobs in Deutschland wegfallen könnten – 14.000 von 54.000 im Inland. Auch am Dümmer rumort es. Die Gewerkschaft IG Metall wehrt sich gegen den massiven Stellenabbau. Am Dienstag, 10. September, gab es Kundgebungen an den ZF-Standorten Dielingen, Diepholz und Wagenfeld. Nach einer Betriebsversammlung hinter verschlossenen Türen in Dielingen machte die Belegschaft ihrem Unmut vor den Werkstoren Luft. Lesen Sie auch: Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen strukturiert sich an Dümmer Standorten um 1.000 Beschäftigte bei ZF-Betriebsversammlung &bdquo;Die Stimmung in der Betriebsversammlung war sehr gedrückt“, sagte Friedrich Hartmann, Geschäftsführer der IG Metall Nienburg-Stadthagen. Mehr als 1.000 Beschäftigte seien dabei gewesen – so eine Resonanz habe er noch nicht erlebt. Vor den Werkstoren freute sich Hartmann dann über die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei einer Kundgebung. Angesichts der vielen Menschen sprach Hartmann von einem &bdquo;starken Bild“. Das zeige dem Vorstand, &bdquo;dass es uns nicht egal ist, was mit unseren Jobs passiert“. Eine gedrückte Stimmung bestätigten nach der Betriebsversammlung auch weitere Teilnehmer. &bdquo;Die Stimmung ist schlecht“, hieß es. Wie der angekündigte Stellenabbau die Werke in der Dümmer-Region treffen könne, das wisse niemand. Mit ihren Berichten wolle die Geschäftsführung nur beruhigen und habe darauf verwiesen, dass sich in der Dümmer-Region mit dem Verkauf des Schaltgetriebe-Werks in Diepholz und der Schließung des Werks Damme schon etwas getan habe. &bdquo;Aber es rumort“, hieß es in den Reihen der Belegschaft. &bdquo;Wischi-Waschi“ von der Geschäftsführung Die Politik der &bdquo;ruhigen Hand“ habe sich nicht bewährt, machte Rainer Berger deutlich, Vorsitzender des Betriebsrates. Gemeinsam erhebe man deshalb die Stimme, von der Geschäftsführung habe man nur &bdquo;Wischi-Waschi“ gehört. Die IG Metall sitze auch nicht in Nienburg oder Stadthagen, &bdquo;jeder Einzelne von euch ist die IG Metall“, sagte Berger. &bdquo;Wir stehen zusammen als IG Metall.“ Gemeinsames Ziel sei die Sicherung der Jobs. Die Gewerkschaft und der Betriebsrat fordern nach Angaben Bergers einen Zukunftstarifvertrag beziehungsweise als Zielbild eine Beschäftigungssicherung bis 2030. Auch Rainer Berger sprach von einer durchwachsenen Stimmung. &bdquo;Aber wir sind kampfbereit.“ Hinsichtlich des vom Konzern angekündigten Abbau-Szenarios wisse man nicht, wie sich das auf den Multi-Divisionsstandort Lemförde auswirke. &bdquo;Mit Zahlen rückte die Geschäftsführung noch nicht raus.“ Vor dem Herbst sei nichts zu erwarten. Berger: &bdquo;Wenn ein Werk wie Diepholz oder Wagenfeld ins Rudern kommt, dann kommen wir auch ins Schwimmen, weil hier in Dielingen geforscht und entwickelt wird.“ Berger kündigte an, dass der Druck auf den Arbeitgeber erhöht werde. ZF-Personalleitern äußert sich Zum Aktionstag der Arbeitnehmervertreter äußerte sich in einer ZF-Mitteilung auch Stanislava Plachá, Personalleiterin der ZF-Division Chassis Solutions. &bdquo;Wir verstehen die Verunsicherung, die aktuell in der Belegschaft herrscht, und nehmen diese sehr ernst. Die Transformation wartet jedoch nicht auf uns“, wird Plachá in der ZF-Mitteilung zitiert. &bdquo;Wir müssen für wirtschaftlich gesunde Strukturen unserer deutschen Standorte sorgen und an diesen die Effizienz, Produktivität und Flexibilität verbessern, denn ein verlustreiches ,Weitermachen wie bisher’ würde die deutschen Standorte in Summe gefährden. Das wird keinen Beifall von der Arbeitnehmervertretung finden, aber es wird von der Belegschaft hoffentlich verstanden, denn es ist das Wahrnehmen unternehmerischer Verantwortung.“ Zudem verwies Plachá in der Mitteilung darauf, dass ZF am Multi-Divisionsstandort (MDS) Lemförde die Weichen in eine wettbewerbsfähige Zukunft bereits gestellt und wichtige Maßnahmen für einen zukunftsfähigen Standort unternommen habe. Dazu gehören laut Plachá unter anderem der Verkauf der laut ZF defizitären Produktlinie Electronic Interfaces (Schaltgetriebewerk Diepholz), die Ansiedlung innovativer Kunststofftechnologie inklusive weiterem Ausbau der Produktion in Diepholz, die Schließung des Werks Damme nach Auslaufen des Mietvertrags und die Verlagerung profitabler Produktgruppen von dort an andere MDS-Standorte sowie die Konsolidierung der Werke Wagenfeld und Diepholz. Zudem verwies Stanislava Plachá auf die Etablierung eines ZF-weiten Pilotprojekts zur Digitalisierung von Produktionsprozessen in Diepholz. Damit ist der Aufbau einer &bdquo;digitalen Fabrik“ gemeint, die Standortleiter Guido Remme und Unternehmernssprecher Florian Tausch bereits im Gespräch mit der Redaktion vorgestellt hatten. Pkw-Produktion noch auf Vor-Corona-Niveau Aktuell seien rund 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am ZF-Multidivisionsstandort Lemförde beschäftigt, merkte Florian Tausch an. Im Jahr 2022 hatten Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite eine Zielbildvereinbarung zur Zukunftsperspektive des Standorts geschlossen, die auch eine Beschäftigungssicherung bis Ende 2026 beinhaltet. Die herausfordernde Situation, in der sich derzeit die Automobilindustrie befinde, habe dennoch auch Auswirkungen auf den MDS Lemförde, so Tausch. Trotz uneinheitlicher Lage der Automobilindustrie in den Regionen der Welt sei festzustellen, dass die weltweite Pkw-Produktion noch immer deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019 liege. Viele Automobilkonzerne verkauften aktuell deutlich weniger Fahrzeuge als geplant und daran werde sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Gleichzeitig würden die Autohersteller auf großen Beständen an unverkauften Fahrzeugen sitzen, was in vielen Märkten zu Preiskämpfen führe – bei wachsendem Angebot vor allem durch chinesische Anbieter. Zudem nehme bei den Fahrzeugherstellern die Inhouse-Fertigung zu, um eigene Kapazitäten auszulasten, Zulieferer wie ZF blieben außen vor, teilte Florian Tausch mit. Wie bereits Personal abgebaut wurde &bdquo;Niedrigere Stückzahlen führen bei uns zu Einnahmeausfällen und treiben unsere Kosten in die Höhe, etwa durch mangelnde Auslastung der Produktion bei gleichzeitigem Personalüberhang“, so Tausch in der Mitteilung. &bdquo;Entsprechend muss ZF als Zulieferer reagieren und – um wettbewerbsfähig zu bleiben – als eine Maßnahme auch die eigenen Personalkapazitäten in Deutschland anpassen.“ Dieses Abschmelzen der Mitarbeiterzahl solle so sozialverträglich wie möglich erfolgen, etwa durch Einsatz von Altersteilzeit, durch Ausnutzen der demografischen Entwicklung wie dem Ausscheiden der Babyboomer, durch keine Neubesetzung nach natürlicher Fluktuation und nach Auslaufen von Zeitarbeitsverträgen sowie durch tarifliche und außertarifliche Möglichkeiten, gegen Gehaltsverzicht zusätzliche Urlaubstage zu erhalten.

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