Defizit bei Stemweder Buslinien: MHV wehrt sich

Stemwede. Die Gemeinde Stemwede soll für den öffentlichen Personen-Nahverkehr deutlich mehr Geld bezahlen als bislang. Bislang waren es rund 600.000 Euro im Jahr, nun liegt das Defizit nach Angaben der Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV) bei rund 1,1 Millionen Euro. An der MHV gab es während der jüngsten Ratssitzung teils scharfe Kritik. Bürgermeister Kai Abruszat (FDP) und sein allgemeiner Vertreter Jörg Bartel hatten dem Rat mitgeteilt, dass die MHV für die gleiche Leistung nun fast das doppelte an Geld in Rechnung stelle. Zudem hatte Bartel keinen Grund mitteilen können, warum die MHV in Stemwede 40.000 Bus-Kilometer zusätzlich abgerechnet habe. Die Gemeinde zahle ihren Abschlag an die MHV daher unter Vorbehalt, hatte der Bürgermeister gesagt. Aus den Reihen der Politik war Kritik an fehlenden detaillierten Abrechnungen gekommen. Warum sich das Defizit in Stemwede erhöht? Die MHV organisiert im Auftrag der Kreise Herford und Minden-Lübbecke den ÖPNV in beiden Kreisen. Was ist los beim ÖPNV in Stemwede, warum steigen die Kosten, was ist mit den Abrechnungen? Auf entsprechende Fragen der Redaktion antwortete am Dienstag MHV-Geschäftsführer Achim Overath. Aus welchen Gründen wurden für die Buslinien im Bereich der Gemeinde Stemwede voriges Jahr rund 40.000 Kilometer mehr abgerechnet als im Jahr 2022? Dazu äußerte sich Overath: Wie schon im Arbeitskreis Mobilität des Kreises Minden Lübbecke am 29. Januar 2024 mit Mobilitätsfachleuten aller Kommunen und der Konferenz der Hauptverwaltungsbeamten (HVB) mit allen Bürgermeistern am 7. Februar 2024 erläutert, würden die Kilometer-Leistungen derzeit gemeinsam mit Mühlenkreisbus (MKB) überprüft. Overath: &bdquo;Der Grund für eventuelle Abweichungen kommt dadurch zustande, dass bis 2023 die Kilometer händisch ermittelt wurden und nunmehr digital erfasst werden“. Bis zur endgültigen Spitzabrechnung im nächsten Jahr würden hier die tatsächlichen Zahlen feststehen. &bdquo;Derzeit handelt es sich um eine Prognose des Finanzbedarfes im ÖPNV“, teilte Overath mit. Einnahmen werden von Betriebskosten abgezogen Aus welchen Gründen erhöhen sich die Kosten für die Gemeinde Stemwede von bislang rund 650.000 Euro auf jetzt 1,1 Millionen Euro? Overath dazu: &bdquo;Wichtig ist zunächst, dass es sich nicht um eine Kosten-, sondern um eine Defiziterhöhung handelt. Der Defizitbeitrag für die Gemeinde Stemwede erhöht sich.“ Die Abrechnungssystematik des Gesamtdefizits sei so vertraglich vereinbart, dass die Einnahmen im Gemeindegebiet von den Betriebskosten der MKB im Gemeindegebiet abgezogen würden. Die Betriebskosten errechneten sich dadurch, dass die Gesamt-Betriebskosten der MKB ins Verhältnis zu den geleisteten Kilometern im Gemeindegebiet gesetzt würden und der jeweils für das Gemeindegebiet verrechnete Betrag angesetzt werde, so Overath. &bdquo;Überproportionale“ Steigerungen Bei den Einnahmen werde ein Verfahren angewendet, das für Schülereinnahmen des Schulträgers eine direkte Zuweisung an die jeweilige Kommune vornehme und grenzüberschreitende Einnahmen über einen gutachterlich ermittelten Aufteilungsschlüssel vorweise, was laut Overath mehrfach auch schon in der Stemweder Politik erläutert wurde. Wie schon im Arbeitskreis Mobilität und in der HVB-Konferenz dargestellt, seien die Betriebskosten durch den Ukraine-Effekt und die Inflation in den vergangenen drei Jahren überproportional gestiegen, während die Einnahmen trotz eines Ausgleiches von Bund und Ländern zu Corona, Neun-Euro-Ticket und 49-Euro-Ticket nahezu konstant geblieben seien, teilte Achim Overath mit. Dadurch öffne sich eine Kosten-Defizit-Schere. MHV-weit habe sich dadurch das Gesamtdefizit &bdquo;im Durchschnitt ver 7,5- facht“. In einzelnen Kommunen liege der Vervielfachungswert teilweise noch viel höher. Finanzielle Entwicklung war nicht absehbar Achim Overath widersprach Darstellungen, dass die MHV der Kommune bislang keine Begründung für diese Kostensteigerung vorgelegt habe. Warum legte die MHV der Gemeinde Stemwede und offensichtlich auch anderen Kommunen in den vergangenen Jahren keine detaillierten Berechnungen vor? Achim Overath dazu: &bdquo;Es handelt sich hier um eine Prognose des voraussichtlichen Finanzbedarfes für 2024. Eine detaillierte Auflistung und Abrechnung wird selbstverständlich vorgelegt, wenn die tatsächliche Spitzabrechnung für 2024 vorgenommen wird – voraussichtlich Mitte kommenden Jahres.“ &bdquo;Kommunikation vermutlich nicht optimal“ Warum ist das erst jetzt ein Thema? Betriebskostensteigerungen und oder Einnahmensagnation seien in jedem MHV-Gremium ein Dauerthema, merkte Overath dazu an. &bdquo;Die Entwicklung von Einnahmen und Betriebskosten war in den letzten drei Jahren nicht einfach abzusehen und in ihren Wirkungen zu deuten. Erst Anfang November 2023 wurde zum Beispiel bekannt, dass die Tarifverträge zwischen Mitarbeitern im Fahrdienst (ver.di) und NWO (Arbeitgeberverband) durch Ver.di vorzeitig gekündigt wurden und es zu Lohnerhöhungen im Laufe des Jahres 2024 um bis zu 20 Prozent nach Einschätzung des AG-Verbandes kommen kann, was erhebliche Konsequenzen für die Steigerung der Betriebskosten im ÖPNV hat.“ Hierauf sei natürlich kurzfristig durch Neuermittlung des Defizites zu reagieren, teilte Overath mit. &bdquo;Im Beispielfall haben wir das Anfang Dezember auch entsprechend gemacht. Die Komplexität der Berechnungsmethodik lässt hingegen keine ,Schnellschüsse’ zu. Solche Entwicklungen müssen dann sorgfältig in die Prognose eingearbeitet werden. Da bitten wir um Verständnis. Auch hier ist die Kommunikation vermutlich nicht optimal.“ Die MHV berichte in ihrer Gesellschafterversammlung regelmäßig über Kostenentwicklungen wie zum Beispiel erwartete Lohnsteigerungen, Einnahmen, Förderung von Bund und Ländern und Defiziterwartungen. Overath: &bdquo;Dass Zusammenhänge hier schwer vermittelbar sind und alleine der Unterschied zwischen Defizit und Kosten in Räten oft nicht verstanden wird oder werden will, ist uns bekannt.“

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