Kosten-Anstieg für Buslinien schockt Stemweder Rat

Stemwede. Im August 2020 wurde an der Stemweder-Berg-Schule in Wehdem der neue Busbahnhof eingeweiht. Mit dem neuen ZOB inklusive Mobilstation wollte die Gemeinde Stemwede dem öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) neuen Schub geben. Viel Lob gab es bei der Einweihung auch von Hendrik Wüst, damals NRW-Verkehrsminister und heute Ministerpräsident. Nun aber herrscht in Sachen ÖPNV Ernüchterung in Stemwede, die neue Kostenrechnung schockte die Mitglieder des Rates. Während der Ratssitzung erinnerte Bürgermeister Kai Abruszat (FDP) daran, dass die Gemeinde 200.000 Euro gegeben habe, um die Grundschüler mit dem Westfalen-Schülerticket zu versorgen. Weitere rund 270.000 Euro gab die Gemeinde, um für die Schüler der Stemweder-Berg-Schule Deutschland-Tickets zu kaufen. Auf der Tagesordnung des Rates gaben Kai Abruszat und Jörg Bartel vom Verwaltungs-Vorstand einen Sachstandsbericht zum ÖPNV. Den ÖPNV organisiert für die Kreise Minden-Lübbecke und Herford die Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft (MHV). In Minden-Lübbecke übernimmt die Mühlenkreisbus die Leistungen auf den Linien. Mühlenkreisbus gehört zur kreiseigenen Mindener Kreisbahn (MKB). Defizit im Linienbündel stieg an &bdquo;Die Meldungen dazu sind alles andere als erfreulich und geben Anlass zu Nachfragen“, sagte Abruszat. Neben den 470.000 Euro für die Tickets bestehe ein zusätzlicher Finanzbedarf von 1,1 Millionen Euro. Das habe die MHV am 18. Januar mitgeteilt. Für die gleiche Leistung seien bislang rund 600.000 Euro bezahlt worden, sagte Abruszat mit Blick auf die nun fast doppelt so hohen Kosten. Die Gemeinde müsse dieses Jahr entscheiden, was im kommenden Jahr aus den Schülertickets und den Deutschlandtickets werde. Die Verwaltung könne auch noch keinen Hinweis geben, was überhaupt aus dem Deutschlandticket werde. Abschlagszahlung nur unter Vorbehalt Jörg Bartel vertritt die Gemeinde Stemwede in der Gesellschafterversammlung der MHV. Ein gewisses Verständnis für Kostensteigerungen hatten Abruszat und Bartel angesichts steigender Lohnkosten und Energiekosten. Er könne aber nicht erklären, warum die MHV der Gemeinde Stemwede zusätzliche 40.000 Kilometer bei Buslinien berechne. Im Linienbündel, zu dem auch Stemwede gehört, gab es nach Angaben Bartels ein Defizit von 16,2 Millionen Euro. Nun seien es rund 21 Millionen Euro Defizit. Laut Vertrag seien sogar bis zu 25 Millionen Euro möglich. Das Delta könne also noch größer werden, sagte Jörg Bartel. Gängiger Brauch seien Abschlagszahlungen auf die Kosten, ergänzte der Bürgermeister. Die Gemeinde leiste diese Abschlagszahlungen – aber nur unter Vorbehalt. Die Bürgermeister und der Landrat sprächen mit der MHV und der Mindener Kreisbahn. Es sei aber Geduld gefragt, &bdquo;bis wir eine Aufstellung zu diesen deutlichen Kostensteigerungen bekommen“. Die Entwicklung bezeichnete Frank Schröder (CDU) als &bdquo;höchst bedauerlich, um es noch gelinde auszudrücken“. In ländlichen Bereichen gebe es ohnehin Probleme, etwas im ÖPNV darzustellen. Der Grund für die Kostensteigerungen sei nicht bekannt. Schröder: &bdquo;Da fehlen mir die Worte, dass es noch keine Erklärung gibt.“ Politiker schlägt Taxi zur Schule vor Verstimmt war mit Blick auf die MHV auch Jürgen Gläscher (SPD). &bdquo;Ich bin stinksauer, dass die in den vergangenen Jahren schon keine detaillierten Rechnungen schrieben.“ Das sei eine Katastrophe, das sei klar. Ob man nicht örtliche Busunternehmer fragen könne, &bdquo;ob die das nicht zu einem anderen Kurs machen“, fragte Gläscher. Dann müsse man nicht immer beim Kreis sein. Laut Gesetz sei der Kreis zuständig und bediene sich dabei der MHV, merkte dazu der Bürgermeister an. Der Kreis Herford als weiterer Partner gehe vermehrt eigene Wege. Insofern könne man sich Gedanken machen über eine weitere Beibehaltung &bdquo;dieses Konstruktes MHV“. Der Kreis Minden-Lübbecke sei zu 100 Prozent Eigentümer der Mindener Kreisbahn (MKB). Diese Strukturen seien zu beleuchten und das scheine nun zu geschehen. Unbefriedigend sei, dass &bdquo;nun erst einmal nicht belegbare Kostensteigerungen verlangt werden“, sagte Abruszat. Laut Bürgermeister hätte sich der umgekehrte Weg gehört – erst die Vorlage von Berechnungen, dann die finanzielle Forderung. Bürgermeister sieht den Kreis gefordert Als &bdquo;erschreckend“ bewertete Dierk Möller-Nolting (FDP) die neuen Zahlen. Stemwede zahle in erster Linie für den Schülerverkehr. &bdquo;Und bei den Kosten wäre es fast günstiger, die Schüler mit dem Taxi zur Schule zu fahren.“ Es gebe in den Linienbündeln unterschiedliche Aufwendungen wegen unterschiedlicher Busunternehmen, sagte der FDP-Ratsherr. Er sieht den MKB-Aufsichtsrat in der Pflicht. Die kreiseigene MKB &bdquo;kann nicht tun und lassen, was sie will“. Der Kreis habe laut Gesetz eine Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion, merkte Bürgermeister Kai Abruszat an. Das sei bei den Sozialausgaben so und hier sieht er den Kreis auch beim ÖPNV in der Pflicht. Der ÖPNV könne auf dem Land nicht kostendeckend sein. Der Kreis wolle ein Grundangebot und arbeite an einem Mobilitätskonzept. Auch das werde defizitär sein und Zuschussbedarf haben. Aber auch ländliche Kommunen hätten Anspruch auf ein Grundangebot von Leistungen im ÖPNV und das müsse &bdquo;am Ende solidarisch strukturiert sein“. Antworten stehen noch aus Aus welchen Gründen wurden für die Buslinien im Bereich der Gemeinde Stemwede voriges Jahr rund 40.000 Kilometer mehr abgerechnet als im Jahr 2022? Das fragte die Redaktion Achim Overath, den Geschäftsführer der MHV. Eine weitere Frage war die nach den Gründen, warum sich die Kosten für die Gemeinde Stemwede von bislang rund 600.000 Euro auf jetzt 1,1 Millionen Euro erhöhten und warum die MHV der Kommune bislang keine Begründung für diese Kostensteigerung vorlegte. Auch wurde Overath um kurzfristige Auskunft zu der Frage gebeten, warum die MHV der Gemeinde Stemwede und offensichtlich auch anderen Kommunen in den vergangenen Jahren keine detaillierten Berechnungen vorlegte. Antworten auf die Fragen gab es bislang nicht.

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