Stemwedes Bürgermeister fordert Lockerungen für die Gastronomie

Stemwede. Vor vielen gastronomischen Betrieben sind sie in diesen Tagen zu sehen: gedeckte Tische. Die Stühle sind aber trotz des extrem zu trockenen und frühsommerlichen Wetters unbesetzt. "Leerer Stuhl" - mit dieser Aktion machen landesweit Wirte darauf aufmerksam, dass sie noch da sind - und auf eine Perspektive hoffen, wann sie wieder öffnen dürfen. Ein solcher Tisch steht auch vor dem Leverner Hotel Meyer-Pilz. Der Tourismus in Stemwede hat sich in den vergangenen Jahren sehr positiv entwickelt. Die Zahlen der Ankünfte und der Übernachtungen hätten sich in den vergangenen fast zehn Jahren annähernd verdoppelt, merkt Stemwedes Bürgermeister Kai Abruszat an. Die gute Entwicklung wurde durch die Coronakrise jäh unterbrochen. Abruszat fordert nun Perspektiven auch für die heimische Gastronomie und geht dabei auf Distanz zur Bundeskanzlerin. "Im Gastgewerbe auf die Zeit nach Corona vorbereiten" "Wir müssen uns jetzt schon im Gastgewerbe auf die Zeit nach Corona vorbereiten", merkt Kai Abruszat an. "Und das tun wir." Er habe sich im Rahmen seiner Möglichkeiten beim Land dafür eingesetzt, dass Perspektiven "für die arg gebeutelte und so wichtige Branche gezeigt werden." Er rechne damit, dass sich zur Monatswende erste Ergebnisse zeigten. Dazu zählt Kai Abruszat Lockerungen und die dafür zu erarbeitenden notwendigen Konzepte, um den Bestand der Betriebe und der Arbeitsplätze zu sichern. "Beides ist akut gefährdet." "Gesundheitsschutz und Gastronomie verknüpfen" Es sei ihm schon klar, dass man nicht sofort in Vor-Corona-Zeiten einsteigen könne, so der Stemweder Bürgermeister. Maßnahmen müssten dosiert und gut überlegt sein. "Aber es muss möglich sein, die Aspekte des Gesundheitsschutzes mit den Belangen der Gastronomie zu verknüpfen." Es gebe derzeit massive staatliche Hilfsprogramme für eine Vielzahl von Bereichen, sagt Kai Abruszat. "Aber die Gastronomie kommt mir zu kurz." Schon am 30. März habe der Touristikkonzern TUI 1,8 Milliarden Euro Staatskredite zugesagt bekommen. Kai Abruszat: "Und wenn das Thema Fernreisen vom Staat in den Fokus genommen wird, dann dürfen wir die Gastronomie vor Ort nicht vernachlässigen." Das habe nicht nur mit dem Tourismus zu tun, sondern rund um den Stemweder Berg auch mit Lebensqualität." Tourismus für Stemwede immer bedeutender Bis Corona sei Stemwede touristisch auf gutem Weg gewesen, merkt Abruszat an. In den vergangenen knapp zehn Jahren habe sich die Zahl der Übernachtungen fast verdoppelt, das könne sich im interkommunalen Vergleich gut sehen lassen. "Das erfuhr durch die Coronakrise einen jähen Stopp. Das darf nicht dazu führen, dass wir wieder bei Null anfangen." Mit schrittweisen Maßnahmen müsse man anfangen und dann durchstarten. Abruszat: "Ich bin optimistisch, weil hier viele Betriebe seit Generationen inhabergeführt sind und stark mit dem Standort verwurzelt sind." So gesehen gebe es die Chance, gestärkt aus der Krise hervorzugehen. "Aber dafür braucht man Perspektiven." Bürgermeister geht auf Distanz zur Kanzlerin Vor knapp zwei Wochen hatte Kanzlerin Angela Merkel die angesichts der ausgesetzten Grundrechte und der teils willkürlich entschiedenen Geschäftsschließungen aufgeflammte Diskussion um Öffnungen als "Öffnungsdiskussionsorgie" bezeichnet - was ihr viel Kritik einbrachte, demokratische Diskussionen nicht zu akzeptieren. Kai Abruszat nennt Merkel nicht namentlich, sagt aber, dass "wir gut beraten sind, Vertrauen zu den Bürgern und Betrieben zu haben. Diese Krise können wir nur mit Vertrauen überwinden und nicht mit flächendeckender Kontrolle." Regelungen müssten eingehalten werden - aber auch immer wieder überprüft werden, ob sie noch angemessen seien. "Wer Freiheitsrechte zurücknimmt, der muss sich auch ständig fragen, ob die Regeln noch passen. Wer Freiheitsrechte einschränkt, der muss auch zulassen, dass über Öffnungen gesprochen wird." "Vertrauen in die Vernunft der Menschen" Die freiheitliche Lebensgestaltung, die soziale Marktwirtschaft und die Wahrung der Grundrechte seien Pfeiler der Gesellschaft. Das Miteinander zu pflegen, das sei auch elementar in Stemwede. "Ich setze Vertrauen in die Vernunft der Menschen vor Ort." Urlaub in Deutschland werde mehr zum Trend, als es vor Corona der Fall gewesen sei. Auch Urlaub über das Wochenende oder Kurzreisen würden mehr und mehr zum Trend. Abruszat setzt auf pfiffige Konzepte im Gastgewerbe. Erholung und Urlaub rund um den Stemweder Berg werde Erfolg haben, wenn man sich Zielgruppen zuwende. Dazu zählt er den Fahrrad-Tourismus, Wandern, aber auch Zielgruppen wie "Aktivisten aus der Oldtimer-Szene". Schnitzel und Pils im Biergarten genießen Kai Abruszat rechnet mit Lockerungen im Mai. Das müsse auch kommen, weil Kurzarbeitergeld und staatliche Hilfen kein taugliches Geschäftsmodell seien. Bedauerlich sei es auch, dass es heuer keine Schützenfeste gebe. Er rechne aber mit Regelungen für Veranstaltungen. Einen Großmarkt werde es wohl nicht geben, aber warum solle nicht etwa ein Dorfpokalschießen möglich sein, sagt er. Hygienestandards könnten da doch eingehalten werden. Die teils willkürlichen Öffnungsregeln der vergangenen Wochen kritisiert Kai Abruszat. Viele Bürger würden das nicht verstehen. "Wenn ich am Samstag einen Wochenend-Einkauf im Supermarkt mache, dann habe ich nicht zwangsweise weniger Infektionsgefahr, als wenn ich mit Abstand in einem Biergarten sitze und ein Schnitzel und ein Barre-Bräu genieße."

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