Drängeln und Raserei auf B239 in Espelkamp: Amtsgericht Rahden trifft Entscheidung

Rahden/Espelkamp. Diese Polizeimeldung sorgte Ende März vorigen Jahres für Gesprächsstoff im Lübbecker Land: Zwei Autofahrer sollen sich an einem Sonntagmorgen auf der Bundesstraße 239 in Espelkamp ein Rennen geliefert und dabei andere Verkehrsteilnehmer gefährdet haben. Was lief an jenem Morgen ab auf der B239 zwischen der Kreuzung in Gestringen und der Kreuzung mit der Industriestraße in Lübbecke? Damit befasste sich jetzt das Rahdener Amtsgericht. Angeklagt waren ein 25-Jähriger aus dem Taunus (Hessen) und ein 29-jähriger Rahdener. Beiden Männern warf die Staatsanwaltschaft Bielefeld vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung vor. Laut Anklage soll die Kreuzung Gestringer Straße/B239 in Espelkamp Ende März vorigen Jahres der Ausgangspunkt des Geschehens gewesen sein. Der Hesse war unterwegs Richtung Lübbecke und hielt an der Rot zeigenden Ampel. Der Rahdener soll sich auf die Linksabbiegerspur nach Gestringen eingeordnet haben. Als die Ampel Grün zeigte, soll der Rahdener dann an dem Hessen vorbei auf die Fahrbahn nach Lübbecke gefahren sein. Beide Fahrzeuge sollen sich dann laut Anklage wiederholt überholt und auch teils bis zum Stillstand ausgebremst haben. Zudem soll der Rahdener den Hessen an einer Stelle bis weit auf die Gegenfahrbahn abgedrängt haben. Es war laut Anklage ein Zufall, dass es bei diesem Vorfall nicht zu einer Kollision kam. Der Hesse, vor dem Amtsgericht von Rechtsanwalt Peter Schmorleitz verteidigt, berichtete, dass der Rahdener neben ihm auf der Linksabbiegerspur stand. Als die Ampel Grün zeigte, seien beide losgefahren. Der Rahdener sei an ihm vorbei gefahren. Er widersprach der Angabe in der Anklage, dass der Rahdener ihn südlich der Kreuzung ausgebremst habe. Intuitiv habe er die Lichthupe betätigt, merkte der Hesse an. &bdquo;Ey, das war knapp“, habe er dem Rahdener nach dessen Überholmanöver damit deutlich machen wollen. Fast hätte der Rahdener ihm die Stoßstange abgefahren. Überholmanöver abgebrochen Der Rahdener sei weggefahren, aber bald wieder vor ihm gewesen. Bei einem Überholmanöver habe der Rahdener ihn nach ganz links abgedrängt, sagte der Hesse und sprach vom Randstreifen der Gegenfahrbahn. &bdquo;Ich habe deshalb mein Überholmanöver abgebrochen, weil ich nicht vorbei kam.“ Etwas später habe er den Rahdener dann überholen können und &bdquo;etwas abgebremst“, so der Hesse. Der Rahdener sei dann abgebogen, er selbst weiter Richtung Lübbecke gefahren. Zehn Minuten später habe die Polizei ihn angehalten. Es habe keinerlei Gegenverkehr gegeben, machte der 25-jährige Mann aus Hessen deutlich. &bdquo;Sonst hätte ich niemals überholt.“ Seine Freundin sei mit ihm Auto gewesen, auch sie hätte er niemals gefährdet. Er sei beim Überholen vielleicht Tempo 100 gefahren, so der angeklagte Hesse. Als &bdquo;gefährlich“ bewertete er die Abdräng-Aktion des Rahdeners gegen ihn. Wie weit die Autos dabei voneinander entfernt gewesen seien, fragte Staatsanwältin große Wortmann. &bdquo;Sehr knapp, vielleicht zehn Zentimeter“, merkte der Hesse an. Führerschein und Auto seien von der Polizei sofort beschlagnahmt worden. Er sei als Techniker im Außendienst in ganz Hessen tätig und auf den Führerschein angewiesen. Dass er den nicht habe, erschwere die Arbeit und sei eine große psychische Belastung. Dieser Umstand und der seit 13 Monaten andauernde Entzug des Führerscheins seien eine harte Strafe für ihn. &bdquo;Ich hätte nicht überholen sollen. Ich habe daraus gelernt“, betonte der junge Mann aus dem Taunus gegenüber Richter Bastian Janotta. Gegenverkehr gesehen Er sei auf dem Weg nach Hüllhorst gewesen, sagte der Rahdener. An der Kreuzung habe er sich links eingeordnet, um dann an der Fahrzeugschlange, die bis dahin vor ihm war, vorbeizufahren. Der Rahdener gab an, dann beim Ampel-Wechsel auf Grün nach rechts geblinkt und an dem Auto des Hessen vorbeigefahren zu sein. Er bestritt, dabei über die Sperrfläche der Kreuzung gefahren zu sein. Auf dem Weg Richtung Kanalbrücke habe er in der Entfernung Gegenverkehr gesehen, der hinter ihm fahrende Hesse habe mehrfach die Lichthupe betätigt. Schließlich sei er überholt und ausgebremst worden. Der Hesse habe rechts geblinkt und mit Handgesten offenbar anzeigen wollen, &bdquo;dass mein Verhalten an der Kreuzung falsch war“, so der Rahdener. Das habe der Mann eventuell auf dem Standstreifen klären wollen. Er habe den Hessen dann überholt und sei auf Lübbecker Seite in die Industriestraße abgebogen, &bdquo;um die Situation zu beruhigen“. Der Hesse sei geradeaus gefahren. Nach einer fünfminütigen Pause, so der Rahdener, sei es dann wieder nach Hause gegangen und eine Stunde später sei die Polizei da gewesen. Acht Kilometer habe er bis zum Arbeitsplatz, so der Rahdener. Mit Bus und Bahn ist der nach seiner Darstellung nicht erreichbar. Das belaste ihn. Auch der von Rechtsanwältin Wibke Dalhaus verteidigte Rahdener gab sich gegenüber Richter Janotta reumütig. &bdquo;Das war dumm von mir mit der Linksabbiegerspur. Das mache ich nie wieder.“ Er habe es eilig gehabt an jenem Morgen. Der Rahdener nannte die Kreuzung Stadtweg/Max-Planck-Straße mit der B239 als Ausgangspunkt der Aktion. Zwei Zeugen sprachen von der Kreuzung in Gestringen – machten aber ansonsten gegenüber Richter Janotta deutlich unterschiedliche Aussagen. Gespräch hinter verschlossenen Türen Ein 53-jähriger Stemweder gab an, von Fiestel kommend nach rechts auf die B239 abgebogen und unmittelbar danach von zwei Autos überholt worden zu sein. Er sei direkt hinter den beiden Autos gefahren – vielleicht mit 200 Meter Abstand. Der Stemweder sprach von einem wiederholten Überholen und Ausbremsen der beiden Fahrzeuge. Südlich der Gestringer Kreuzung habe er eine Vollbremsung machen und anhalten müssen, weil die beiden Fahrzeuge nebeneinander auf der Fahrbahn standen. Ein 58-jähriger Hüllhorster hatte die Polizei alarmiert. Er berichtete gegenüber Richter Janotta vom Überholmanöver im Kreuzungsbereich und sprach von einem Rennen mit Überholen und Ausbremsen sowie riskanten Abdräng-Versuchen. Der Hüllhorster gab – anders als der Stemweder – an, es habe keinen Stillstand für nachfolgende Fahrzeuge gegeben. &bdquo;Ich musste nicht abbremsen.“ Rund 50 bis 100 Meter sei er von den beiden Fahrzeugen entfernt gewesen. Nach den beiden Zeugenaussagen gab es hinter verschlossenen Türen ein Rechtsgespräch zwischen Richter, Staatsanwältin und den Rechtsbeiständen. Dabei einigte man sich auf eine Einstellung des Verfahrens. Der Hesse muss binnen sechs Monaten 2.000 Euro an die Staatskasse zahlen, der Rahdener 900 Euro. Ihre Führerscheine sollen die beiden Männer jetzt wiederbekommen. Beide Angeklagten verzichteten auf Schadenersatzansprüche wegen der zeitweisen Beschlagnahme beider Fahrzeuge.

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