„Oben schön, unten Katastrophe“: Rahdener Ratsherr kritisiert Naturschutz-Projekt

Rahden. Vor 35 Jahren begann die Renaturierung der Großen Aue in Rahden. Das Projekt war seinerzeit umstritten – und ist es bis heute. Die Gewässerlandschaft leidet unter den teils sehr geringen Fließgeschwindigkeiten. Hier gibt es nun Überlegungen, wie das verbessert werden kann. Daran erinnerte im Rahdener Umweltausschuss Sönke Tielbürger vom Umweltamt des Kreises Minden-Lübbecke. Tielbürger stellte den Politikern vor, welche Naturschutzgebiete es in der Stadt Rahden gibt, welches ihre Besonderheiten sind und was der Kreis an Pflegemaßnahmen betreibt, damit das auch so bleibt. Das Karlsmoor in Preußisch Ströhen ist mit vier Hektar das kleinste Naturschutzgebiet in Rahden. Hier haben sich seltene Tier- und Pflanzenarten ebenso wieder angesiedelt wie im Weißen Moor in Tonnenheide. Die ärmliche Landschaft von früher an beiden Orten seien heute wertvolle I-Tüpfelchen, die man erhalten müsse, betont der Mitarbeiter des Umweltamts. Der Weher Fledder ist zwar artenarmes Grünland, dafür aber feucht. Und so viele große Grünlandbereiche wie den Fledder gebe es auch nicht überall, merkte Tielbürger an. Der seit 1936 unter Schutz stehende Schnakenpohl in Varl ist das älteste Naturschutzgebiet in Westfalen und weist eine große Artenvielfalt auf. Ziel ist nach Angaben von Sönke Tielbürger, den nährstoffarmen Bereich als Refugium für seltene Pflanzen zu erhalten und vor Nährstoffeintrag aus den benachbarten landwirtschaftlichen Bereichen zu schützen. Wenig Wasserfluss, viel Verschlammung Im Südwesten der Stadt gibt es in Tonnenheide noch das Schutzgebiet &bdquo;Zuschlag“, einen Stieleichen-Hainbuchen-Wald mit Stillgewässern. &bdquo;Solche Wälder sind selten“, merkte Sönke Tielbürger an. Oft seien sie der landwirtschaftlichen Nutzung einer Fläche gewichen. Lesen Sie auch: Wie die Große Aue die Landschaft in Rahden verändert Größtes Schutzgebiet in der Stadt Rahden ist mit 231 Hektar die Große Aue. Im Zuge der Aue-Renaturierung war hier zusätzlich zur in den 1950er- und 1960-Jahren kanalartig ausgebauten Aue ein Parallelgewässer entstanden. Das sei aber nicht so gut durchflutet, manche Bereiche verschlammten, sagte Tielbürger. Mittlerweile würden aber Berechnungen vorliegen, wie man die Durchflutung so regeln könnte, dass sich das Parallelgewässer selbst erhalten könne. In den nächsten zehn Jahren solle das von der Theorie in die Praxis übergehen. In den Mooren hat der Kreis in den vergangenen Jahren Büsche und Birken entfernt. Neue Torfmoose bilden sich und die Heide verjüngt sich. Zudem wurde altes Samengut, das sich noch im Boden befand, durch die Pflegemaßnahmen reaktiviert, sagte Tielbürger. &bdquo;In Rahden haben Sie ein großes Verbundnetz mit herausragenden Strukturen.“ Durch Siedlungsbau und private Nutzungen von Flächen komme es zum Verlust von Strukturen. Wunsch des Naturschutzes sei es, dass es zusammen mit der Landwirtschaft Vertragsnaturschutz geben werde. Hier gebe es in Rahden bislang nur sehr wenige Punkte, an denen es Vertragsnaturschutz gebe. &bdquo;Es gibt aber Potenzial“, sagte Sönke Tielbürger. Klagen über illegale Müllablagerung Uli Koors (CDU) beklagte, dass einige der neu aufgestellten Hinweisschilder an den Naturschutzgebieten schon wieder herausgerissen worden seien. Angesichts der geringen Personalzahl und der Größe von Naturschutzgebieten im Kreis sei eine Kontrolle kaum möglich, so Tielbürger. Melden sollte man solche Fälle. Im Sommer gebe es kaum Fließgeschwindigkeit in der Aue, sagte Joachim Daubitz (CDU). Es werde seit Jahren nicht mehr gemäht und das schädige Lebewesen knapp unterhalb der Wasseroberfläche. Das Wasser, das im Sommer in der Aue sei, stamme fast ausschließlich aus den Kläranlagen in Lübbecke und Espelkamp, sagte Daubitz. Alle Gespräche mit dem Kreis über die Problematik seien gescheitert. &bdquo;Naturschutz hört bei der Unteren Naturschutzbehörde unterhalb der Wasseroberfläche auf“, kritisierte Daubitz. &bdquo;Oberhalb sieht es gut aus, darunter ist es eine Katastrophe.“ Die Renaturierung der Aue sei ein Kompromiss mit der Landwirtschaft gewesen, sagte Winrich Dodenhöft (Grüne) an. Konsequent wäre aus seiner Sicht gewesen, nur noch das Parallelgewässer zu haben. &bdquo;Aber das wollte die Landwirtschaft nicht.“ Zudem verwies er darauf, dass die renaturierten Bereiche eingedeicht seien und Hochwasser zurückhielten. Angesichts der im Ausschuss geäußerten Klagen über invasive Arten in den Schutzgebieten und auch über Müllablagerungen – wie etwa Hausmüll oder Autoreifen – erklärte Dodenhöft, dass sich invasive Arten auch durch illegal entsorgte Gartenabfälle in den Naturschutzgebieten ausbreiten könnten. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen