Klinik-Debatte: Krankenhaus Rahden "in den vergangenen Jahren etwas totgespart"

Rahden. Der mögliche Neubau eines Klinikums im Lübbecker Land schlägt weiter hohe Wellen. Der favorisierte Standort ist umstritten, weil dann ein 200 Jahre alter Wald größtenteils abgeholzt werden müsste. Sorgen gibt es in den Städten und gemeinden im Kreis Minden-Lübbecke auch wegen der finanziellen Belastungen. Zur Klinik-Debatte äußern sich die CDU-Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann und Guido Peitsmeier, Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion in Rahden. Was war aus Ihrer Sicht das wichtigste Thema im Jahr 2022 und was wird das wichtigste Thema im Jahr 2023 sein? GUIDO PEITSMEIER: Das Krankenhaus, würde ich sagen. Der Ausbau der Sekundarschule wird uns weiter begleiten, aber da haben wir ja die Weichen gestellt. Aber beim Krankenhaus war es schon überraschend, dass es so kam, dass das Haus Lübbecke nicht sanierungsfähig sein soll. Das hat Folgen für das Rahdener Haus und es ist richtig, alles mal zu untersuchen. BIANCA WINKELMANN: Wir sind nun mal im Landrats-Wahlkampf und ich wundere mich über die Kollegen von der SPD. Zunächst trug die SPD alle Beschlüsse mit und jetzt suggeriert zumindest deren Kandidat, die CDU wolle vier Krankenhäuser schließen. Ich erlebe da im Moment eher Verunsicherung der Bevölkerung als den Blick nach vorn wie bei unserem Kandidaten. PEITSMEIER: Es geht um die medizinische Versorgung der Bevölkerung für die nächsten 40 Jahre. Das darf man nicht für den Wahlkampf missbrauchen, sondern lösungsorientiert nach vorn blicken. WINKELMANN: Es ist der richtige Weg, wie von unserem Kandidaten vorgeschlagen, ein neues Gutachten zu machen. Die von den Mühlenkreiskliniken genannten Zahlen sind veraltet, ein solides Finanzierungskonzept muss dahinter stehen. Die Finanzierung erfolgt durch Gelder von Bund und Land sowie von MKK und Kreis. In NRW flossen in den vergangenen Jahren mehr Gelder in die Krankenhäuser, für die Umsetzung der Krankenhaus-Planung stehen bis 2027 rund 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Das entlastet Kreis und MKK. Es ist wichtig zu wissen, was die Sanierung in Lübbecke kostet, weil das die Haushalte auch belasten würde. Der Verweis auf alte Zahlen und die Forderung nach einem neuen Gutachten: Ist das nicht ein Eingeständnis, dass der im Vorjahr von Land, MKK-Spitze und damaliger Landrätin Anna Bölling erzeugte Zeitdruck falsch war? WINKELMANN: Aus meiner Sicht hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Denn die Kostensteigerung für zwei mögliche Neubauten sind schon mit einem Aufschlag von 30 Prozent in den Berechnungen erfolgt, damit für den Förderantrag an das Land aktuelle Zahlen vorlagen. Aber, und darüber sind wir immer gestolpert, auch für den möglichen Sanierungsbedarf am Standort Lübbecke müssen aktuelle Zahlen vorliegen. Deshalb finde ich die Forderung nach einem aktuellen Gutachten richtig und wichtig, damit wir einen möglichen Neubau und eine mögliche Sanierung gegenüberstellen können. Für mich ist die schnelle Erreichbarkeit eines Krankenhauses für die Menschen im Lübbecker Land wichtig. Welche Postleitzahl dann davorsteht, ist mir letztlich egal. Der Zeitdruck aus dem Vorjahr war also ok? WINKELMANN: Der Zeitdruck war aus meiner Sicht ok, weil er den Prozess zur langfristigen Sicherung der medizinischen Versorgung auch im Lübbecker Land anstieß. 178 Millionen Euro Förderung vom Land und überwiegend vom Bund sind angesichts der Gesamtkosten eine überschaubare Hilfe. Kommt da noch was oder war es das? WINKELMANN: Es ist so wichtig, dass wir die 2,5 Milliarden Euro für die Umsetzung der Krankenhaus-Planung in NRW verankert haben. Das ist ein großer Wurf für die Finanzierung der Umstrukturierung der Krankenhäuser in NRW. Das bedeutet bezogen auf die drei Säulen zur Finanzierung von zwei Neubauten in Minden-Lübbecke, dass in die Säule MKK mehr Geld fließt. Der Kreis wird entlastet. Es gibt also noch mehr Geld vom Land für die MKK als der bisher genannte Anteil? WINKELMANN: Das kommt jetzt darauf an, wo wir uns daraus im Kreis Minden-Lübbecke bedienen können. Es gibt zum Beispiel nun zusätzliche Mittel zur Digitalisierung. Konkret und Stand jetzt gibt es aber nicht mehr als die 178 Millionen Euro von Bund und Land? WINKELMANN: Nach meinem aktuellen Kenntnisstand jetzt nicht, aber die 178 Millionen Euro sind eine enorme Summe. Die Nachbarn im Kreis Diepholz bekommen mehr Geld vom Land. Niedersachsen will für den Neubau in Twistringen 80 Prozent Zuschuss zu den förderfähigen Kosten zahlen. WINKELMANN: Die niedersächsische Förderung ist anders berechnet. Wie hoch die Förderung in Niedersachsen ist, weiß keiner. Das sind noch prozentuale Angaben. Aber wie hoch die Förderung ist, weiß keiner. PEITSMEIER: Ich sehe die Entwicklung in Niedersachsen kritisch, weil sie ein Kahlschlag sind und die Wege weiter werden. Wir wissen ja, wie weit es nach Twistringen ist. Das wurde von den MKK und vom Kreis bislang nicht berücksichtigt. Aber stärkt das nicht die Bedeutung eines Krankenhauses in Rahden? PEITSMEIER: Die Stadt Rahden bot auch einen Standort an, aber Espelkamp ging als Sieger hervor. Im Kriterien-Katalog ging es nur um die Erreichbarkeit im Lübbecker Land. Aber aus Sicht der niedersächsischen Nachbarn wäre ein Standort im Norden wichtig und die Auslastung wäre ein Argument – ähnlich wie bei unseren Schulen, die auch Niedersachsen mitversorgen. WINKELMANN: Ein Haus der Grundversorgung würde jeder gern erhalten. Das Krankenhaus Rahden hat keine baulichen Probleme, sondern strukturelle Probleme, weil es in den vergangenen Jahren etwas totgespart wurde. Die Zuständigkeit liegt bei MKK und Kreis. Mit Blick auf die Pandemie oder den Krieg muss man sich die Frage stellen, was uns die Krankenhäuser wert sind. Da muss auf Dauer mehr Geld rein. In NRW machten wir uns schon auf den Weg. Die MKK reduzierten Leistungen in Rahden, es wird fast gar nicht mehr operiert. Nun behaupten die MKK, es gebe Verluste. Ist das gesteuert? WINKELMANN: Ich weiß nicht, ob es gesteuert ist. Das würde ich den MKK nicht unterstellen. Es liegt zum großen Teil am Personalmangel. Wie sehen Ihre Erwartungen an die Wahlbeteiligung bei der Landratswahl aus? WINKELMANN: Es wird die große Herausforderung sein, die Wahlberechtigten an die Wahlurnen zu bekommen. Wahlkampf im Winter ist eine Herausforderung, das gilt für alle Kandidaten. Es ist trotzdem eine enorm wichtige Wahl. Es geht darum, welcher Kopf in den kommenden acht Jahren die Geschicke des Kreises leitet. Was sagen Sie denn denen, die mit Blick auf die bisherige Landrätin Anna Bölling sagen, dass das Landratsamt nur ein Teil der Karriereleiter ist und nicht wählen gehen werden? WINKELMANN: Wenn ich betrachte, was Jörg-Michael Schrader schon jetzt tut, denke ich nicht, dass es für ihn um eine Karriereleiter geht. Was den Karrieresprung von Anna Bölling angeht: Da öffnen sich manche Türen nur einmal. PEITSMEIER: Sie ist davon genauso überrascht worden wie wir. Die OWL-CDU hat ihr auch gesagt, sie gern in dem Amt zu sehen. Es ist ein lachendes und ein weinendes Auge, so geht es mir. Wir verloren eine gute Landrätin, gewannen aber eine gute Regierungspräsidentin.

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