Krankenhaus Rahden: Streit und Heuchelei nach Klinik-Aus

Das mögliche Bauprojekt der kreiseigenen Mühlenkreiskliniken (MKK) und die Schließung des Krankenhauses Rahden sorgen weiter für Diskussionen. In Rahden ist darüber ein Streit zwischen den Partien entbrannt, wer die Schuld für das Aus des kleinsten MKK-Standortes trägt. Langsam kommen die Menschen dahinter, wie weit künftig die Wege in eine Klinik werden. Ostercappeln schließt mit Ablauf des 31. Juli 2025. Klagen über lange Wartezeiten in Lübbecke und Minden gibt es schon jetzt. Im November 2023 hatte MKK-Chef Olaf Bornemeier angesichts der Kritik an Wartezeiten angemerkt, dass derjenige, der acht, neun Stunden in der Notaufnahme warte, ja nicht so schlimm krank sein könne. Wie zynisch. Dass es an ihm Kritik gibt, muss sich Landrat Ali Dogan (SPD) selbst zuschreiben. Gewählt wurde er auch wegen der Zusage, den Erhalt der Klinik-Standorte im Lübbecker Land zu prüfen. Im nw.de-Interview vor der Wahl im Januar 2023 hatte er gesagt, er verstehe die Sorgen der Kommunen wegen der Kosten für Neubauten – und dass zwei Bauvorhaben nicht finanzierbar seien. Im November 2023 hatte er im Rahdener Rat die Bauvorhaben dann als finanzierbar bezeichnet. Partei ohne Lösungs-Vorschläge Im August 2023 gab es eine Veranstaltung der Bürgerinitiative (BI) zum Erhalt der Krankenhäuser Lübbecke und Rahden im Bahnhof Rahden. AfD-Kreistagsmitglied Thomas Röckemann hatte dabei behauptet, dass die Klinik-Standorte sicher seien, je mehr Mitglieder die AfD bekomme. Das war billiger Populismus: Dass die AfD in all den Jahren kein Engagement für die Kliniken zeigte – auch nicht bei der Diskussion um eine mögliche Schließung Rahdens im Jahr 2018 – das verschwieg Röckemann. Wie die AfD finanzielle und personelle Probleme im Klinik-Sektor angehen würde – auch dazu gibt es bis heute keinerlei Angaben der Partei. Aber auch an diesem Punkt stellen die demokratischen Parteien die AfD nicht inhaltlich, vertun diese wichtige Chance, die in Teilen als gesichert rechtsextrem geltende Partei zu demaskieren. Stattdessen läuft ein in Teilen nicht ehrlicher Streit, der an der Realität teilweise vorbeigeht. Auch die SPD mischt mit. Die SPD Rahden wirft der CDU Scheinheiligkeit in der Causa Krankenhaus Rahden vor. Das ist schon zutreffend. Nur muss sich die SPD auch an die eigene Nase fassen. Im Kreis stand sie Klinik-Neubauplänen zu Zeiten der Kurzzeit-Landrätin Anna Katharina Bölling (CDU) skeptisch bis ablehnend gegenüber. Nach dem Amtsantritt von Ali Dogan als Landrat schwenkte die SPD auf den Neubau-Kurs ein. Ein bemerkenswerter Sinneswandel. Stemweder sollen ?nicht Patienten zweiter Klasse werden Dann wäre da der Stemweder Bürgermeister Kai Abruszat (FDP). Mehrfach hatte er betont, dass die Menschen in Stemwede nicht Patienten zweiter Klasse werden dürften. Das aber sind sie schon angesichts der Entwicklung in der stationär-medizinischen Versorgung. Abruszat trat in den vergangenen Monaten in der Öffentlichkeit mit Aussagen vor allem zur hausärztlichen Versorgung auf. Bei seiner Nominierung als Bürgermeister-Kandidat im Januar 2025 kündigte er an, dass sich noch dieses Jahr möglicherweise eine Facharztpraxis in Stemwede ansiedeln werde. Aber hatte er da eine Facharztpraxis aus der Nachbarstadt Rahden im Blick, die nun innerhalb Rahdens ihre Adresse wechselt? Welche Rolle spielt die CDU-Landtagsabgeordnete Bianca Winkelmann? Öffentlich erweckt sie den Eindruck, mit allen maßgeblichen Politikerinnen und Politikern in Düsseldorf ganz eng zu sein. Auch mit Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, ihrem Parteifreund. Hat sich ein Minister nicht informiert? Laumann übernahm die Darstellung der MKK, dass der Standort Rahden von den Patienten nicht mehr angenommen worden sei. Dabei blendet er aus, dass der Niedergang dieses Standortes von den MKK durchaus gesteuert worden sein dürfte: Wer in einem Haus immer weniger anbietet und es für Patienten zeitweise schließt, der kann auch nichts verdienen und muss sich über sinkende Patienten-Zahlen nicht wundern. Warum hat Laumann, der Rahden noch vor wenigen Jahren als beispielhaft anpries, nicht einmal vor Ort nachgefragt? Seine Rahdener Parteifreundin müsste die jüngste Geschichte des Standortes doch auch kennen. Hat sie nicht mit ihm darüber gesprochen? Ein Minister, der bei einem für viele Menschen wichtigen Sachverhalt nicht nachfragt? Karl-Josef Laumann, wären Sie doch Schützenkönig der St.-Hubertus-Schützen in Riesenbeck-Birgte geblieben.Bliebe noch die CDU Rahden. Deren Behauptung, dass die Causa Krankenhaus Rahden mit Landrätin Anna Bölling so nicht gelaufen wäre, ist schlichtweg falsch. Es müsste bekannt sein, dass das Aus für den Standort Rahden schon zu Zeiten von Bölling feststand, die in einem überschaubaren Zeitraum von November 2020 bis Ende August 2022 im Kreishaus amtierte. Im Sommer 2022 sollen Bölling und Bornemeier übrigens im Rahdener Ältestenrat über die wirtschaftlichen Probleme der MKK und damit verbunden über das Aus für Rahden gesprochen haben. Zu der Zeit lagen die Planungen für einen möglichen Klinik-Neubau in Espelkamp schon auf dem Tisch, es wurden Vorschläge für Grundstücke erbeten. Wenig später wurde der Wechsel von Anna Bölling zum 1. September 2022 als Regierungspräsidentin nach Detmold bekannt. Widersprüche bei Krankenhaus-Planung Von den finanziellen Problemen der MKK soll Anna Bölling seit dem Sommer 2022 gewusst haben. Sie war damals Vorsitzende des MKK-Verwaltungsrates. Andere Mitglieder dieses Gremiums erfuhren das wohl erst am 3. Dezember 2022, die Öffentlichkeit erst am 19. April 2023. Im März 2022 hatten Bölling und Bornemeier auch behauptet, dass durch die neuen Klinik-Strukturen und den damit verbundenen Wegfall Rahdens die 90/20-Regel weitgehend eingehalten werde: 90 Prozent der Menschen sollen binnen 20 Minuten Fahrzeit ein Krankenhaus der Grundversorgung in NRW erreichen können. Kleinste Planungsebene laut Krankenhausplanung NRW für die Grundversorgung: die Landkreise und kreisfreien Städte. Dass das CDU-geführte Gesundheitsministerium in Düsseldorf behauptet, kleinste Ebene seien hier die Landesteile, ist eine Frechheit. Aber der CDU-Ministerpräsident und seine Getreuen schweigen und dulden das. Kritik an diesem Verhalten von der CDU Rahden? Nein. Das ist schon armselig. joern.spreen-ledebur@nw.de

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