Prozess wegen Marihuana-Besitzes: Plantage in Privathaus entdeckt

Rahden/Minden. Wie andere Leute Tomaten züchten, hatte der 57-Jährige Rentner Peter-Günter L. (Namen der Angeklagten geändert) in seinem Haus in Rahden eine illegale Cannabis-Zucht angelegt. Ob dahinter eine Verkaufsabsicht steckte oder die Produkte aus Blüten, Blätter, Stängeln und Samen nur der eigenen Schmerztherapie dienen sollten, musste jetzt das Schöffengericht Minden bewerten. Mitangeklagt war sein Sohn Markus L. (35). Aufgefallen waren die beiden bei einer Verkehrskontrolle der Herforder Polizei am 5. Februar 2020. Genauer gesagt, hatte sich der Vater den Beamten gegenüber ungefragt als Marihuana-Besitzer geoutet. &bdquo;Zu unserer großen Überraschung,“ sagte ein Polizist im Zeugenstand. Tatsächlich fand man im Auto geringe Mengen der leichten Droge und ein Tütchen mit den härteren Amphetaminen, die dem Sohn zugeordnet wurden. Gute Ausstattung und sorgsame BuchführungAber nicht der geringe Fund, sondern eher die Angabe des 57-Jährigen, er nehme Marihuana, um seine chronischen Schmerzen zu mildern, machte die Beamten aufmerksam. Sie nahmen die beiden fest und veranlassten über die Staatsanwaltschaft beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss für ihre Wohnung in Rahden. Noch in der Nacht rückte dort die Polizei an, inklusive Spurensicherung. In einem großen Wohnzimmer im ersten Geschoss wurde man fündig. Dort fand sich nicht nur eine technisch gut ausgerüstete Plantage mit den Hanf-&bdquo;Topfpflanzen“ unterschiedlichen Wachstumszustands, sondern auch eine sorgfältige Buchführung. Sorgsam getrennt nach den jeweiligen Pflanzenteilen mit ihren Aggregatzuständen, alles in Tabellenform sorgsam aufgelistet.20 Proben für das LandeskriminalamtMännliche und weibliche Pflanzen, Blüten, Blätter oder Stängeln entwickeln verschiedene Inhaltsstoffe. Cannabidiol (CBD) soll entspannende, entkrampfende, angstlösende, entzündungshemmende Effekte haben. Tetrahydrocannabinol (THC) ist der Giftstoff, der mal euphorisch macht, aber auch depressiv wirken kann, mit Dauerschäden bei längerem Gebrauch. Dem Landeskriminalamt in Düsseldorf wurden 20 verschiedene Proben zugeschickt. Über 100 Gramm an teilweise getrockneter Substanz kamen so zusammen. Es reichte für eine Anklage wegen Besitzes verbotener Betäubungsmittel in nicht geringer Menge, was das Strafmaß erhöht.Hinweise auf einen Drogen-Handel fehlenAber Handeltreiben oder die Absicht dazu war den Angeklagten nicht nachzuweisen, wie die Staatsanwältin einräumte, nachdem das Gericht mit einem rechtlichen Hinweis das angedeutet hatte. Dazu fehlten Verpackungsmaterial, Schuldenliste und größere Geldmengen, wie sie sonst bei Dealern gefunden werden. Dem Sohn sei noch nicht einmal eine Beteiligung an solchem Handel nachzuweisen, sagte dessen Anwalt Torsten Giesecke während der Verhandlung vor dem Schöffengericht in Minden.Die Frage der Zuordnung der Vorwürfe an Vater und/oder Sohn bestimmte das Verfahren erheblich. Denn bei der Durchsuchung soll die Ehefrau des 57-Jährigen gesagt haben, dass sie mit dem Raum im Obergeschoss nichts zu tun habe, das sei allein Sache ihres Mannes und ihres Sohnes. Wirkung der Medikamente hatte nachgelassenLetzterer bewohnte damals das Dachgeschoss. Die Verteidiger drängten darauf, diese Aussage nicht zu verwerten, da die Zeugin von ihrem Aussageverweigerungsrecht später Gebrauch gemacht habe. Aber der Plantagenfund war nun einmal da und der Ältere hatte seine Beteiligung daran zugegeben. Er leide seit ein paar Jahren an starken chronischen Schmerzen, wies er durch das Attest eines Rahdener Arztes nach. Als die Wirkung seiner Medikamente nachließ, habe er selbst Methoden zur Linderung gesucht. Auf die Kraft der Hanfpflanze sei er über das Internet gestoßen und habe sich dann die nötigen Anbau-Utensilien besorgt. Alles aber nur zum Eigengebrauch wegen der Schmerzen. Haftstrafe in Geldstrafe umgewandeltDiese Argumentation seines Verteidigers Detlev-Otto Binder wirkte auf Anklägerin und Gericht glaubhaft, Handel war nicht nachzuweisen. Aber allein schon der Besitz ist noch – politisch wird intensiv über Legalisierung beziehungsweise Strafbefreiung nachgedacht und es gibt bereits rauschmittelfreie Cannabisarzneien – nach Paragraf 29 Betäubungsmittelgesetz strafbar, wird in Mengen über zehn Gramm sogar mit Haft bis zu fünf Jahren bedroht. Hier konnte man nahe an der unteren Grenze bleiben. Vater L.s Verurteilung zu fünf Monaten Haft in einem wegen der Erkrankung minderschweren Fall wurden in 50 Tagessätze zu je 25 Euro Geldstrafe umgewandelt und sein Sohn muss 50 Tagessätze zu je 40 Euro zahlen. Er hatte zwar nur eine kleine Menge bei sich, aber das waren harte Drogen und sein Vorstrafeneintrag ist lang.

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