Pr. Oldendorf. Gerade ist die neue Corona-Landesverordnung erlassen worden und Michael Weber, Pfarrer in der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Pr. Oldendorf, muss sich wie seine Amtskollegen erst mal wieder neu orientieren: Wie ist das, kann die Beerdigung am Montag mit 35 Personen stattfinden? Oder welche Bestimmungen gelten nun? Pfarrer Weber kennt das schon: sich informieren, ein handhabbares Konzept erarbeiten und kreative Lösungen finden, um Gottesdienste coronagerecht, aber trotzdem würdig feiern zu können.
Beispiel Abendmahl: Im Altarraum ist genau markiert, wo die Gläubigen sich aufstellen können – höchstens acht gleichzeitig. Vor der Austeilung der Hostie werden die Hände desinfiziert, der Abendmahlswein wird für jeden Teilnehmer aus dem Kelch („wir haben extra einen mit Ausgießer angeschafft“) in ein eigenes Glas gegossen.
Auch Weihnachten wird anders sein als in den Vorjahren
Vieles ist anders als gewohnt. Mehr als 1.000 Gläubige hätten normalerweise in der St.-Dionysius-Kirche Platz – jetzt sind nur 96 zugelassen. Am Eingang stehen Desinfektionsspender. Die Sitzplätze sind mit Kärtchen markiert. Konfirmationsgottesdienste konnten nicht im Frühjahr, sondern erst nach den Sommerferien stattfinden – dafür aber gleich fünf an der Zahl, mit Anmeldelisten für die Familien. Große Hochzeitsfeiern wurden abgesagt oder erst einmal verschoben. Taufgottesdienste finden nur noch mit einer Taufe pro Gottesdienst statt, damit nicht zwischendurch alles desinfiziert werden muss.
Und auch das Weihnachtsfest wird in diesem Jahr anders gefeiert werden müssen, sagt Pfarrer Weber. „Das Krippenspiel zeichnen wir vorher als Video auf, das dann auf einer großen Leinwand in den Gottesdiensten am Heiligabend und am 1. und 2. Weihnachtstag gezeigt wird,“ so ist es geplant. Damit es von möglichst vielen Gemeindemitgliedern gesehen werden kann. Allein für Heiligabend sind vier Gottesdienste vorgesehen. Eine Herausforderung.
Wichtig ist, den Kontakt zu halten
Aber die Einschnitte in das Gemeindeleben gehen viel tiefer. Nicht nur für die Gottesdienste, auch für jede einzelne kirchliche Gruppe musste ein Konzept erarbeitet werden, damit man sich möglichst schnell wieder treffen konnte. „So lange das nicht ging, haben wir versucht, den Kontakt auf andere Weise zu halten.“ Per Post zum Beispiel: Für Konfirmanden und Konfi-Kids gab es etwas zum Lesen und Basteln. Oder durch einen Blumengruß, der an die Altenheimbewohner verteilt wurde. „Es tut den Leuten einfach gut“, hat Pfarrer Weber beobachtet.
Tauf-, Hochzeits- oder Trauergespräche zum Beispiel dauerten nun merklich länger als sonst: „Die Menschen haben das Bedürfnis zu reden.“ Corona sei immer ein Thema. Und ganz besonders für die Menschen, die einen Angehörigen auf dessen letzter Wegstrecke im Krankenhaus oder Altenheim wegen der Quarantänevorschriften nicht besuchen konnten.
"Bleiben Sie gesund und behütet"
Nur selten habe er in den Gesprächen die Frage zu hören bekommen: „Wie kann Gott das zulassen?“, sagt Pfarrer Weber. Viele hätten die Pandemie eher als Fingerzeig genommen, darüber nachzudenken, „ob unser Leben nicht zu schnell geworden ist“ und „was wichtig ist und was unwichtig“.
Gesundheit sei wichtig, natürlich, aber sie sei auch nicht alles. „Körper, Geist und Seele gehören zusammen.“ So habe er sich oft mit dem Gruß verabschiedet „Bleiben Sie gesund und behütet“ und sich gefreut, dass er diesen Gruß auch sehr oft zurückbekommen habe.
Corona macht einsam
Einige hätten ihm aber auch ganz deutlich gesagt, dass sie vereinsamen würden. Gerade in solchen Situationen ist der Seelsorger ganz persönlich gefragt. „Jesus hat keinen Abstand gehalten, er ist auch in die Brennpunkte gegangen.“ Dieser Gedanke habe ihn in den letzten Monaten immer wieder beschäftigt. „Die, die wir begleiten können, sollen wir begleiten. Es ist unsere Aufgabe, uns auch dahin zu begeben, wo es nicht leicht ist. Auch in Krisensituationen.“ So habe er es auch vor Jahren bei seiner Ordination in Magdeburg gelobt, sagt Michael Weber. Damals sei ihm das alles noch weit weg erschienen – heute müsse er sehr oft daran denken.
Entscheidend sei, miteinander im Gespräch zu bleiben. Auch digitale Angebote, Youtube-Gottesdienste zum Beispiel, könnten dabei hilfreich sein. Die Nähe einer Begegnung von Angesicht zu Angesicht - zurzeit eben unter Einhaltung bestimmter Schutzregeln - könnten sie aber nicht ersetzen. Denn eigentlich fehle den Menschen vor allem eins: „Sie suchen persönliche Kontakte.“