Produktion von Kinofilm in Minden: Wie die Dreharbeiten von „Morgen war Krieg“ laufen

Minden/Enger. Ein Mann steigt von der Fähre, geht auf einen Zaun zu. Auf der anderen Seite steht ihm eine Frau gegenüber, beide wenden sich nach links und gehen an dem Zaun entlang, bis der Mann durch ein Loch im Maschendraht kriecht. Für Zuschauer an der Weser ist das aktuell noch ein Stummfilm. Nur der Ton-Ingenieur, Regisseur und Regie-Assistentin sowie Kameraleute hören auch den dazugehörigen Text. Gute zwei Stunden dauert es, bis die Szene für den Kinofilm &bdquo;Morgen war Krieg“ von Regisseur Nicolas Ehret an der Weser abgedreht ist. De Regisseur ist sehr zufrieden. &bdquo;Wir liegen im Zeitplan“, sagt er, als das Team um 16.30 Uhr in die &bdquo;Mittagspause“ geht. Es ist sein erster Kinofilm, das Drehbuch dafür hatte er zum Ende seines Studiums vor acht Jahren entwickelt. Damals hätten noch alle einen Krieg in Europa für unmöglich gehalten. Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine hat sich das grundlegend geändert. Vor acht Jahren hat auch bereits der bekannte Film- und Theaterschauspieler Ulrich Matthes seine Mitwirkung zugesagt. Pausen sind beim Film sehr flexibel und richten sich danach, wann mit der Arbeit begonnen wird, erläutert Ehrets Frau Kathrin Rodemeier, die als Producerin für die Produktionsfirma Epik-Film aus Enger alle Fäden in der Hand hält. An diesem Tag hatte das Team um 12 Uhr mit den Aufbauarbeiten an der Weser begonnen, die erste Klappe fiel um 13.47 Uhr, berichtet Rodemeier. &bdquo;Wir wollen noch in der Dämmerung drehen“, erläutert sie den Zeitplan des Teams. 18 Drehtage in Minden und Umgebung Der Drehplan sieht insgesamt 24 Drehtage vor, berichtet Rodemeier. Einen Tag lang haben sie in Königswinter bei Bonn gedreht. 18 Tage lang sind Minden und Umgebung der Schauplatz. Innenaufnahmen entstehen in einem Haus am Schnuckenweg, dann ist der eigens errichtete Grenzzaun und die Fähre Amanda auf der Höhe des Rudervereins am Kruskamp dran. Zwischendurch wurde in Jössen gedreht. Die Außenaufnahmen zu den Innenräumen vom Schnuckenweg finden an einem Haus an der Weser, ganz in der Nähe des Grenzzauns, statt. Im Gewächshaus der Gärtnerei Dill entstehen Aufnahmen eines sehr nebligen Waldes, erzählt Rodemeier. Weitere Drehorte sind das Amtsgericht, die Grüne Brücke in Barkhausen, eine Villa in Porta Westfalica und der Alte Weserhafen. Zum Abschluss sind noch zwei Drehtage in Cuxhaven geplant. Lesen Sie auch: Produktionsfirma von Engeraner Hüseyin Tabak dreht Film in Minden &bdquo;Es war nicht einfach, einen Drehort zu finden“, berichtet Kathrin Rodemeier. Ihr Mann habe auf Google-Maps in ganz Nordrhein-Westfalen nach einem Fluss gesucht, der breit genug ist, um einen Grenzfluss abzugeben, aber dann auch wieder nur so breit, dass glaubhaft sei, dass ihn ein Mensch durchschwimmen kann. Die stillgelegte Fähre Amanda habe schließlich den Ausschlag für die Weser gegeben. Ursprünglich hätten sie in Köln drehen wollen, wo der Regisseur und ein großer Teil des Teams leben. Aus logistischen Gründen seien schließlich auch die weiteren Drehorte rund um Minden gesucht worden. Während dieser Zeit wohnen die 45 Crew-Mitglieder hier auch in Ferienwohnungen und Hotels. Worum es in dem Kino-Film geht Der Kino-Film &bdquo;Morgen war Krieg“ erzählt von einer nahen Zukunft. Die EU ist zerbrochen, in Deutschland regiert eine rechts-populistische Regierung. Ein Krieg steht bevor. Enno Trebs (Das weiße Band, In aller Freundschaft, Tatort: Borowski und der Fluch der weißen Möwe) spielt die Hauptfigur Jonas, der in Frieden und Wohlstand aufgewachsen ist. Als er eingezogen werden soll, desertiert er und versteckt sich bei seinem Vater Stuber (Ulrich Matthes), zu dem er seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte. Die Situation eskaliert, aus Überforderung, Enttäuschung und Angst macht sich Jonas schuldig, noch bevor der Krieg begonnen hat. Für Zuschauer an der Weser sind diese Zusammenhänge nicht erkennbar. Der kurze Moment am Grenzzaun sieht recht unspektakulär aus. Erst in einer Probe und dann mehrfach in Begleitung der Kamera wiederholen die Schauspieler Enno Trebs und Susanne Bredehöft (die in Filmen von Christoph Schlingensief, Tom Tykwer und Helge Schneider mitgewirkt hat) den Gang entlang des Zauns, der zunächst in Nahaufnahmen auf Trebs, dann auf Bredehöft aus zwei verschiedenen Perspektiven und dann noch in der Totalen ebenfalls aus zwei Perspektiven. In dieser Szene gehe es darum, dass Jonas ein Loch in den Grenzzaun geschnitten hat und dabei von einer Dorfbewohnerin erwischt wird, erzählt Kathrin Rodemeier. Er versuche sich damit herauszureden, dass sich ein Hase in dem Zaun verfangen hatte. &bdquo;Morgen war Krieg“ ist der erste Kinofilm von Nicolas Ehret. Der gebürtige Freiburger (Jahrgang 1987) hatte an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg Regie für Film und Fernsehen studiert. Während dieser Zeit hat er in mehreren Kurzfilmen Regie geführt, als Regieassistent, Drehbuchautor und Kameramann gearbeitet. Zu &bdquo;Morgen war Krieg“ hat er auch das Drehbuch verfasst. Die Grundlage sei noch zum Ende des Studiums entstanden, erzählt Kathrin Rodemeier. Schwierige Suche nach Geldgebern In dieser Zeit hat sie ihren heutigen Mann kennengelernt, als sie nach dem Studium in Theaterwissenschaft und Kunst in München und Paris, ebenfalls noch in Ludwigsburg studierte, weil sie nicht am Theater arbeiten wollte. Vom fertigen Drehbuch, das in all den Jahren mehrfach überarbeitet worden ist, bis zum Beginn der Dreharbeiten hat es vor allem deswegen so lange gedauert, weil die Suche nach Geldgebern schwierig war. Die sind inzwischen mit der Film- und Medienstiftung NRW, dem Kuratorium junger deutscher Film und dem WDR als Koproduzenten gefunden. Der Antrag sei schon im vergangenen Jahr bei dem Fernsehsender eingereicht worden, der habe sich aber zunächst für einen Film entschieden, der sich direkt auf den Ukraine-Krieg bezieht, berichtet Rodemeier. Die Dreharbeiten zwingen Fußgänger und Fahrradfahrer auf dem Weg an der Weser zu einem Stopp. Zwei Wachleute stehen am Weg und in ständigem Funkkontakt mit dem Filmteam. Wenn gedreht wird, halten sie jeden auf. Denn wenn die Kamera läuft, zeichnen die Mikrofone jedes Geräusch auf. Bis auf die Schauspieler muss sich das gesamte Team still vehalten. Aber auch für das Filmteam und die Schauspieler ergeben sich immer wieder Zwangspausen, weil Schiffe den Drehort passieren. Zu denen nimmt Helmut Rüffer per Funk Kontakt auf. Der Kapitän und ehemalige Binnenschiffer steuert für das Filmteam die Amanda und regelt den vorbeifahrenden Verkehr. &bdquo;Während der Dreharbeiten muss immer ein Nautiker vor Ort sein, das besagt die Genehmigung durch das Wasser- und Schifffahrtsamt“, erläutert Rüffer. Er mahnt die Schiffsführer, das Tempo zu drosseln, damit die Amanda durch die Bugwellen nicht zu sehr ins Schwanken gerät, ist in ständigem Kontakt mit der Leitzentrale Minden und informiert das Filmteam, wie viel Zeit bis zur Durchfahrt des nächsten Schiffes bleibt. Mindener Fähre &bdquo;Amanda“ Teil des Films Helmut Rüffer war, bevor er im April 2020 in den Ruhestand ging, lange Zeit für den Bundesverband der Binnenschiffer aktiv. &bdquo;Dadurch bin ich gut mit den Ämtern vernetzt. Die Stadt Porta hatte mich angesprochen, ob ich die Amanda steuern könnte“, erzählt er. Er habe mit der Rosemeier-Werft die notwendigen Reparaturen besprochen. Dann habe er mit seiner Frau Heidi, die ihn auf der Otrate viele Jahre als Steuerfrau begleitet hat, heimlich an einem Wochenende eine Probefahrt gemacht. &bdquo;Wir haben festgestellt, dass wir das beide können. Da hat uns der Ehrgeiz gepackt“, erzählt Helmut Rüffer. So hätten sie dem Filmteam ihre Unterstützung zugesagt. Die Rüffers haben mit Dreharbeiten bereits Erfahrungen gesammelt. Sie waren an einer Folge &bdquo;Alarm für Cobra 11“ beteiligt und wurden in der Dokumentation &bdquo;Menschen an der Oberweser“ vorgestellt. Wann &bdquo;Morgen war Krieg“ in die Kinos kommt, steht nach Auskunft von Nicolas Ehret noch nicht fest. Am 3. Dezember ist der letzte Drehtag. Bereits jetzt arbeite Tobias Dietz am Schnitt des Materials. Der Regisseur will daran ab Dezember mitwirken und rechnet damit, dass sie im März fertig werden. &bdquo;Es wird sicherlich auch eine Vorstellung in Minden geben. Wir haben hier so viele Unterstützer gefunden.“

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