US-Gesetz eröffnet Mindener Familienunternehmen Lehmann neue Märkte

Minden. Die mögliche Zukunft auf hoher See hat sich die Mindener Firma Lehmann schon gesichert - in Form eines Patents für ein neuartiges Containerschloss. Vorerst aber sind für das Familienunternehmen noch die klassischen Märkte wichtig. Und die drehen sich überwiegend um Möbelschlösser in Büros, aber immer mehr auch um solche im privaten Bereich. Genau hier spielt den Mindenern auch eine Gesetzesänderung in den USA in die Hände, wie Sönke Schlüter sagt, der die Geschäfte in dritter Generation führt. Der Weg nach Nordamerika führt für Lehmann allerdings nicht nach Westen, sondern über Asien. Denn dort sitzen viele Kunden, die für den amerikanischen Markt produzieren - und folglich an die US-Gesetzgebung gebunden sind. Im Kern geht es dabei nicht um die Kernkompetenz Schlösser an sich, sondern um einen Sicherheitsaspekt, der in Deutschland hauptsächlich aus Büros bekannt ist: Interlock. Dahinter verbirgt sich ein System, das zum Beispiel bei Rollcontainern mit mehreren Schubladen dafür sorgt, dass sich immer nur jeweils eine ausziehen lässt. So soll verhindert werden, dass der komplette Schrank kippt. Werden nämlich mehrere Schubladen gleichzeitig ausgezogen, kann das schnell passieren. &bdquo;Der Interlock-Markt ist für uns extrem wichtig“ Gerade in Haushalten mit kleinen Kindern kann aus einem solchen Szenario schnell eine lebensgefährliche Situation entstehen, die in den USA per Gesetz verhindert werden soll. Interlock-Systeme sind damit Pflicht. &bdquo;Der Interlock-Markt ist für uns extrem wichtig“, sagt Sönke Schlüter. Verkaufsleiter Marc Tame erklärt die Entwicklung in den USA mit einer Statistik: Dort werde alle zwei Wochen ein Kind von umkippenden Möbeln getötet, sagt er. Deshalb habe der Gesetzgeber reagiert. &bdquo;Europa zögert noch“, sagt Tame. Für Lehmann entwickelt sich damit ein Geschäftsfeld, das in der Vergangenheit eher eine Randerscheinung war. Das Interlock-System gebe es bereits seit 20 Jahren, es sei aber nie besonders wichtig gewesen. Die Technologie dahinter ist auch nicht annähernd so spektakulär wie die Schließsysteme von Lehmann, die inzwischen längst nicht mehr nur auf Schlüssel oder Zahlenkombinationen setzen, sondern auch auf vernetzbare Elektronik. &bdquo;Aber wir können das Interlock-System sehr flexible adaptieren“, sagt Schlüter. Die Zeichnung eines neuen Möbelstücks reicht. Lehmann erwirtschaftet mit 450 Mitarbeitern 45 Millionen Euro Umsatz Lehmann beschäftigt aktuell 420 Mitarbeiter, davon 250 in Minden. Hier ist neben der Produktion auch die komplette Verwaltung und die Entwicklungsabteilung. 45 Millionen Euro setzt das Unternehmen im Jahr um. Dabei bleibt ein großer Teil der Wertschöpfung in Minden. &bdquo;Wir kaufen eigentlich nur Zink und Kunststoff ein“, sagt Sönke Schlüter. Bestimmt kommt noch das eine oder andere dazu, aber im Kern braucht die Firma nur die Rohstoffe, aus denen dann die einzelnen Teile gegossen werden. Die Software für die elektronischen Schlösser wird von der eigenen IT-Abteilung entwickelt. Auch die Galvanik gehört mit dazu. Eine Anlage steht noch am Standort auf der Bölhorst, sie soll aber in absehbarer Zeit zum Hauptsitz nach Dützen verlagert werden. Schlüter spricht von eineinhalb bis zwei Jahren. Aktuell sei Lehmann gut ausgelastet, sagt er - obwohl die Zahl der Bauanträge und damit auch die Neueinrichtung von Objekten zurückgeht. Eine Folge auch der Zinsentwicklung. Viele geplante Projekte würden überprüft, so Schlüter. Allerdings: Der Trend zu New Work sorge dafür, dass auch im Bestand modernisiert werde. Im vergangenen Jahr ist der Umsatz daher gewachsen und auch für 2024 peilt Sönke Schlüter ein Umsatzplus an, &bdquo;im einstelligen Bereich“, wie er sagt. Sehr weit in die Zukunft schauen lasse sich nicht, geplant werde mit einem Horizont von einigen Wochen, mehr nicht. Solaranlage soll Standort zeitweise autark machen Der Beschaffungsmarkt sei eine Herausforderung, der Fachkräftemangel ohnehin. Dennoch sei er &bdquo;prinzipiell zufrieden“, sagt Schlüter. &bdquo;Wir wollen unsere Projekte erfolgreich ins Ziel bringen.“ Und das ist zuletzt besser gelaufen als erwartet - wobei Schlüter andeutet, dass die Erwartungen mit Blick auf die wirtschaftliche Gesamtlage nicht sonderlich hoch gewesen sein dürften. Trotzdem geht der Blick nach vorne. So hat Lehmann auf einem Teil des Betriebsgeländes eine große Solaranlage in Betrieb genommen, die den Betrieb zumindest zwischen März und Oktober autark machen könnte. Und wenn die Anlagen von der Bölhorst verlagert werden, soll die bisher am Boden installierte Anlage auf dem Dach der neuen Halle ihren Platz finden. Der Standort Minden ist auf jeden Fall gesetzt. Und vielleicht wird von hier aus die nächste Generation Seecontainer revolutioniert.

Meistgelesen