„Nicht alle Bürgergeldempfänger vermittelbar“: Jobcenter Minden hat neuen Leiter

Minden. Wer an das Jobcenter denkt, hat Bürokratie, Frust, unermüdliche Gespräche und Formulare im Sinn. Frank Holtmann hat ein anderes Bild im Kopf. Der 43-Jährige ist seit Juli der neue Leiter des Amts in Minden-Lübbecke und sieht darin nicht nur einen Ort der Verwaltung, sondern viel mehr einen Ankerpunkt für Menschen, die nach einer neuen Perspektive auf dem Arbeitsmarkt suchen. Für Holtmann schließt sich mit der Rückkehr ein Kreis: Schon kurz nach seiner Ausbildung 2005 beschäftigte er sich als Sachbearbeiter mit dem Arbeitslosengeld II, bekam in dem Jahr auch die Umstellung des Sozialsystems hautnah mit. 2019 ging er schließlich nach Herford, übernahm dort später die Leitung des Sozialamts. In seiner neuen Position beim Jobcenter beschäftigt ihn die Bürgergeld-Thematik nun erneut. &bdquo;Es ist also bereits eine gewisse Verbundenheit da und für mich ein weiterer Karriereschritt“, sagt er zu seiner Entscheidung. Der zweifache Familienvater wohnt in Spenge und wird nach Minden pendeln. Lesen Sie auch: Bürgergeld-Empfänger: Eine Minderheit, die nicht gehört wird Teamgeist, Kooperation und gemeinsame Ziele im Vordergrund Holtmann macht schnell klar: Als Leiter sieht er sich nicht als Alleinentscheider: &bdquo;Natürlich habe ich in vielen Dingen den Hut auf, aber ich kann gar nicht alles an Fachwissen haben, was die Mitarbeiter mitbringen“, betont er. Viel mehr stünden Teamarbeit und Kooperation im Vordergrund, um gemeinsame Ziele zu erreichen - auch wenn es Herausforderungen gibt. Und die sind groß: Im August bezogen im Kreisgebiet 7.044 Menschen Bürgergeld. Das sind 62 Prozent aller Arbeitslosen im Kreisgebiet laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit. Qualifizierungsmaßnahmen, Umschulungen und Weiterbildungen externer Anbieter sollen helfen und Betroffene fit für den Arbeitsmarkt machen. Doch Holtmann weiß: Nicht jeder Bürgergeldempfänger lässt sich schnell oder überhaupt vermitteln: &bdquo;Manche wollen unbedingt, aber ihre Gesundheit macht nicht mit“, sagt Holtmann. Heißt: Soziale oder psychische Probleme halten sie zunächst davon ab. Auch Wohnungslosigkeit und die Suche nach bezahlbarem Wohnraum entwickeln sich zu einem immer wichtigeren Thema. Dazu kommen Sprachbarrieren, die die Arbeit mit Migrantinnen und Migranten erschweren. Für Holtmann ist klar: &bdquo;In solchen Fällen müssen wir aktiv auf die Menschen zugehen und ihnen helfen. Erst wenn die Nebenschauplätze geregelt sind, können sie sich wirklich um Arbeit kümmern.“ Zum Hintergrund: Studie: Millionen reicht Bürgergeld nicht zum Satt-Werden Ausblick in die Zukunft Im kommenden Jahr könnten auf das Jobcenter noch mehr Kundinnen und Kunden zukommen, vermutet Holtmann. Der Grund: die geplante Gesetzesänderung. Die neue Grundsicherung soll das Bürgergeld ablösen. Die Regelsätze bleiben mit 563 Euro allerdings das zweite Jahr in Folge gleich - trotz gestiegener Lebenserhaltungskosten. &bdquo;Viele Personen, die sich im Arbeitslosengeld I befinden, kommen in der Regel mit ein bis zwei Jahren Verzug zum Jobcenter“, so Holtmann. Die Gesetzesänderung und die gleichbleibenden Regelsätze seien aber eine politische Entscheidung. &bdquo;Wir können da nichts ausrichten“, sagt der 43-Jährige. Auch wenn die Rahmenbedingungen nicht immer in seiner Hand liegen – Holtmann möchte gestalten. Er will das Jobcenter weiterentwickeln, es moderner, bürgernäher und digitaler machen. &bdquo;Wir wollen mit unseren Kunden auf Augenhöhe sein“, sagt Holtmann. Denn jeder Mensch bringe Potenziale mit. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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