Familie verzweifelt nach Todesfall und findet keine Schulplätze in Minden

Minden. Beiden Frauen kommen unweigerlich die Tränen. Das liegt an der aktuellen Situation, aber auch wenn sie zurück an das Unglück vor einem Jahr denken. Aufgrund eines tragischen Vorfalls und dem Tod ihres ältesten Sohnes ist eine allerziehende Mutter mit ihren zwei Kindern aus Lage nach Minden gezogen. Doch einen Schulplatz fanden sie vor Ort trotz langer Suche nicht. Drei Wochen bekamen die Kinder keinen Unterricht. &bdquo;Wir haben alles probiert“, sagt Schwägerin Viollca Nikqi. Von den Behörden und Bürgermeister Michael Jäcke (SPD) sind die Frauen enttäuscht. Die Stadt verweist auf fehlende Kapazitäten. Immerhin: Inzwischen wurden Plätze in den Nachbarorten angeboten. Bereits im Sommer schaltete die Mutter (sie möchte anonym bleiben) eigenen Angaben zufolge erste Behörden im Kreis Lippe ein und informierte sie über den Umzug nach Minden. Dort erreichte sie aufgrund der Ferien kaum Schulen, später probierte sie es weiter mit E-Mails, Briefen und Anrufen. Mehrere Monate hatte die Familie in der Weserstadt eine Wohnung gesucht und zum 1. November eine in der Nordstadt bekommen. Die Mutter fand auch einen Job. Mit dem Schulplatz klappte es hingegen nicht, von allen kontaktierten Schulen in Minden bekam sie Absagen, die legte sie dem Mindener Tageblatt (MT) vor. Die zwölfjährige Tochter besuchte zuvor in Lage eine Realschule, der 16-jährige Sohn war auf einer Gesamtschule. &bdquo;Wir mussten umziehen, alles hat uns an ihn erinnert“, sagt die Mutter. Mit &bdquo;ihn" meint sie ihren 18-jährigen Sohn, der leblos offenbar wegen eines Herzversagens in der Wohnung gefunden worden war. Realschulplatz in Bad Oeynhausen angeboten Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Viollca Nikqi ging die Mutter vor zwei Wochen in die Bürgermeistersprechstunde und schilderte dort ihr Problem. Michael Jäcke soll Hilfe versprochen haben und wollte sich kümmern. Bislang sei wenig passiert, sagen die Frauen. Aber, die Tochter soll nun auf die Realschule Süd in Bad Oeynhausen gehen. Das sei eine Unverschämtheit und nicht realistisch, findet Schwägerin Viollca Nikqi. Sie hat selbst einst als Busfahrerin gearbeitet und sagt: &bdquo;Dafür müsste das Kind dreimal umsteigen, wird mit den Verspätungen die Anschlüsse nicht erreichen und nie pünktlich zum Unterricht erscheinen.“ Wenn alles klappt, wäre die Tochter im besten Fall ungefähr in einer Stunde in der Kurstadt. Das MT berichtete jedoch bereits mehrmals über Beschwerden wegen massiver Probleme im Busverkehr. Viollca Nikqi kann die Situation nicht nachvollziehen und wie mit den Familienmitgliedern umgegangen werde. &bdquo;Sie sind traumatisiert und die Mutter alleinerziehend. Das interessiert offenbar niemanden.“ Nikqi findet es auch ungerecht, dass Geflüchtete etwa aus der Ukraine problemlos vor Ort einen Schulplatz ergattern würden und für in Deutschland geborene Kinder keine mehr übrig seien. Stattdessen soll der Mutter gesagt worden sein, dass ein Bußgeld von 50 Euro pro Tag fällig wäre, wenn die Kinder weiter keine Schule besuchen würden. Angst davor, das Schuljahr wiederholen zu müssen Auf MT-Anfrage teilt Sprecherin Katharina Heß mit, dass das Schulbüro der Stadt keinen direkten Einfluss habe. &bdquo;Über die Aufnahme entscheidet die Schulleitung.“ Zuweisungen zu einer Schule könne nur die obere Schulaufsicht vornehmen, in dem Fall die Bezirksregierung Detmold. Die ist ebenfalls involviert und soll Zeugnisse vom Sohn angefordert haben. Generell seien die Erziehungsberechtigten für die Anmeldung ihres Kindes an einer Schule verantwortlich. Heß bestätigt, dass der Bürgermeister sich kümmern und die Schulen persönlich anschreiben wollte. &bdquo;Das hat er auch getan, diese Woche ging noch einmal eine Erinnerung raus.“ Von der Käthe-Kollwitz-Realschule und der Sekundarschule habe er bereits Absagen erhalten. &bdquo;Aktuell sind je nach Schulform und Jahrgang oftmals bereits die Aufnahmekapazitäten erschöpft“, so die Stadtsprecherin. Was die Anfahrt nach Bad Oeynhausen angeht, verweist die Stadt auf die Bezirksregierung. In deren Verordnung heiße es, dass ein Schulweg von maximal 90 Minuten pro Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar sei, sofern der Schüler nicht regelmäßig vor 6 Uhr das Haus verlassen müsse. Vorgaben zu den maximalen Umstiegen seien der Stadt nicht bekannt. Nach Angaben der Bezirksregierung wäre die Schule in Bad Oeynhausen ohne Umstiege zu erreichen. Das ist falsch. Das MT hat dazu die Fahrplanauskunft des Kreises und der Deutschen Bahn abgerufen. Ein bis drei Mal müsste das Kind umsteigen. Mit den MT-Anfragen wurde nun auch für den Sohn ein Platz in der Gesamtschule Porta Westfalica in Lerbeck gefunden. Die Mutter hat Angst, dass ihre Kinder nun die Klassen wiederholen müssen, weil sie Unterricht verpassten. Da sie Wechselschichten hat, weiß sie auch nicht, wie sie das mit ihrer Arbeit vereinbaren soll. Wenn sie ihre Kinder zu den Schulen fahren müsse, werde es schwierig. Für sie sei - Stand jetzt - der Umzug nach Minden ein Fehler gewesen, sagt sie.

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