Wirre Aussagen vor Gericht: Vermeintliches Raubopfer kann sich kaum erinnern

Minden/Porta Westfalica/Bielefeld. Vielleicht hatten sie einfach Glück, vielleicht saßen sie aber auch wirklich zu Unrecht auf der Anklagebank: Das Bielefelder Landgericht hat nun drei Männer aus Minden und Porta Westfalica vom Verdacht des besonders schweren Raubs freigesprochen. Sie waren angeklagt, vor mehr als fünfeinhalb Jahren einen Mann in dessen Wohnung in Minden mit einer Schusswaffe überfallen zu haben. Mindestens fünf Jahre Gefängnis: Diese Drohung schwebte wie ein Damoklesschwert über den drei Angeklagten im Alter von 27 bis 42 Jahren – sieht doch das Strafgesetzbuch für einen besonders schweren Raub, also wenn eine Waffe im Spiel ist, einen Strafrahmen von fünf bis fünfzehn Jahren Haft vor. Die Männer waren verdächtig, gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter am 18. Februar 2016 den heute 27 Jahre alten Oliver M. (Name geändert) in dem damals von ihm bewohnten Zimmer in einer städtischen Unterkunft an der Mindener Bruchstraße überfallen zu haben. Dabei sollen sie die Zimmertür aufgetreten, M. eine Schusswaffe vors Gesicht gehalten und ein Mobiltelefon erbeutet haben. Was das vermeintliche Opfer vor Gericht aussagt Doch ließ sich diese Tat vor dem Bielefelder Landgericht nicht nachweisen. Und dies hatte vor allem mit dem vermeintlichen Opfer der Tat, Oliver M., zu tun. Denn dieser hatte es geschafft, in jeder seiner drei polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen sowie nun auch vor dem Landgericht in ganz wesentlichen Aspekten vollkommen widersprüchliche Angaben zu machen. Schon zu Beginn der Vernehmung vor der II. Großen Strafkammer teilte er mit, dass er sich an das Geschehen eigentlich gar nicht mehr richtig erinnern könne – als sei es für ihn gleichsam Alltag, in den Lauf einer Waffe zu blicken. Oliver M. äußert Vermutung Im Folgenden erwähnte er die Waffe erst gar nicht, auf Nachfrage stellte er dann klar, dass diese zwar irgendwie dabei gewesen, ihm aber nicht vorgehalten worden sei – ein eklatanter Unterschied zu seinen früheren Aussagen. Als Hintergrund vermutete M., dass sein ehemaliger Mitbewohner die Täter auf ihn gehetzt habe, da dieser fälschlicherweise angenommen habe, er – also M. – habe dem Zimmergenossen Amphetamin geklaut. Gleichwohl mochte er diesen Mitbewohner nicht unter dessen Spitznamen kennen – dieser findet sich jedoch mehrfach in den früheren Aussagen des Zeugen. Die Angeklagten wiederum, so M., kenne er nicht. Also vermutlich. Die Gesichter erschienen bekannt, sie seien alle drei dabei gewesen. Vielleicht aber auch nicht. Die Namen kenne er nicht. Zwei von ihnen hießen Volker und Dirk. Das wisse er aber eigentlich nicht. Und Dirk war ein anderer als der, der nun im Gerichtssaal sei. Der anwesende Dirk sei aber dabei gewesen. In diesem unverständlichen Stil ging es weiter. Als Oliver M. schließlich auch noch denklogische Fehler einbaute, hatten die Verfahrensbeteiligten kaum noch Fragen an ihn. Vor der Vernehmung des Zeugen hatten die Verteidiger Thomas Schwarz, Günter Weßel und Kathleen Heine erklärt, dass sich ihre Mandanten entgegen der Annahme des Gerichts nicht zu der Anklage äußern würden. &bdquo;Das ist Ihr gutes Recht", wandte sich der Vorsitzende Richter Carsten Wahlmann an die Angeklagten, &bdquo;ob das taktisch so klug ist, wird man sehen müssen." Möglicherweise war es das, denn was auch immer an jenem 18. Februar 2016 im Zimmer von Oliver M. geschehen oder auch nicht geschehen sein mag – die Aussage des vermeintlichen Opfers war so widersprüchlich, dass die Kammer darauf keine Verurteilung stützen mochte und die Angeklagten freisprach.

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