Warum sich dieser 43-Jährige bewusst für einen Platz im Lübbecker Hospiz entschieden hat

Lübbecke. Die Zimmer im Haus Bahnhofstraße 29 sind freundlich eingerichtet, verfügen über einen Fernseher und einen Balkon. Die Mitarbeiter des Hauses, zu dem auch eine offene Wohnküche und eine Sonnenterrasse gehören, tun alles dafür, damit sich die Gäste wohlfühlen. Wer hier einzieht, weiß, dass es die letzte Lebensstation sein wird. So auch Marc Ebmeyer. &bdquo;Ich weiß, dass ich sterben muss“, sagt der 43-Jährige. Ihm ist es ein Herzenswunsch, andere wissen zu lassen, wie gut er sich im Lübbecker Hospiz veritas aufgehoben fühlt. Marc Ebmeyer leidet an einem Hirntumor – einem Glioblastom der Stufe 4. Er sei sein Leben lang nicht ernsthaft krank gewesen, erzählt er. Bis er im September 2023 plötzlich unter starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen litt. Die Symptome ließen zunächst auf eine HNO-Erkrankung schließen, dann auf ein Problem mit den Augen. Als der Augenarzt bei der Untersuchung eine Auffälligkeit am Sehnerv feststellte, wurde der Engeraner noch am gleichen Tag ins Klinikum Herford eingewiesen und von dort auf direktem Weg in eine Mindener Fachklinik, wo eine Computertomografie (CT) des Kopfes gemacht wurde. Noch in der Nacht erhielt Ebmeyer die schlimme Diagnose. &bdquo;Der Arzt sagte mir ganz unverblümt, dass mein ganzer Kopf voller Tumore sitze.“ Wenn der 43-Jährige versucht, sich an den Moment zurückzuerinnern, dann spricht er von einer Art Filmriss, den er hatte. Er sei sofort in Minden operiert worden. Er weiß auch noch, dass seine Frau da war und er mit seiner 1,86 Meter Körpergröße nicht ins Bett des Aufwachraumes passte. Drei Chemotherapien gemacht &bdquo;Ich konnte anfangs gar nicht glauben, dass ich diese schlimme Krankheit habe“, erzählt Ebmeyer weiter. Bei der OP seien zwar große Teile des Tumors entfernt worden, aber die Krankheit gilt derzeit noch als unheilbar. &bdquo;Denn die Tumorzellen treiben im Hirnwasser herum“, sagt der 43-Jährige. Er habe selbst nie viel zum Krankheitsbild recherchiert, denn er habe immer tolle Ärzte, darunter auch eine Neurologin am Klinikum Herford, gehabt, die alles sehr gut erklärt hätten. Lesen Sie auch: Erstes stationäres Hospiz im Kreis Herford könnte schon bald nach Eröffnung wieder zu klein sein Marc Ebmeyer machte zwei Chemotherapien auf Basis von Tabletten und eine dritte über Infusionen. Die dritte Chemo brach er aus freien Stücken Ende 2024 ab. &bdquo;Es ging mir durch die Therapien nicht schlechter, aber eben auch nicht besser.“ Durch den Hirntumor litt der 43-Jährige zu diesem Zeitpunkt bereits unter einer halbseitigen Lähmung des linken Armes, nach zwei Hirnblutungen waren auch das Bein sowie eine Gesichtshälfte taub. &bdquo;Meine Ärztin hatte bereits das Thema Hospiz im Hinterkopf und setzte mich auf die Wartelisten mehrerer Einrichtungen.“ Für seine Frau und ihn sei aber ein Hospiz der Platz zum Sterben und so hätten sich die beiden erst einmal entschieden, es mit der Pflege zu Hause zu versuchen. Ein ambulanter Dienst unterstützte die Familie bei der Pflege daheim. Zunächst für die Pflege zu Hause entschieden Doch nach einem halben Jahr waren Ebmeyers an dem Punkt angekommen, an dem die häusliche Pflege nicht mehr zu leisten war. Die Ehefrau des 43-Jährigen ist noch berufstätig. Obwohl ihr Arbeitgeber sehr verständnisvoll und großzügig auf die Situation reagiert habe, sei die Doppelbelastung einfach zu viel gewesen. Hinzu kamen Hürden in der Wohnung. Diese war nicht barrierefrei und die Türen zu schmal, um mit dem Rollstuhl, auf den Ebmeyer mittlerweile angewiesen ist, hindurch zu kommen. Der Engeraner entschloss sich, dem Rat seiner Ärztin zu folgen und ins Hospiz zu gehen. &bdquo;Ich wollte, dass es meiner Frau und meiner Tochter gut geht.“ Marc Ebmeyers Tochter (21), die gerade ihre Ausbildung abgeschlossen hat, wohnt noch zu Hause. &bdquo;Sie sollten nicht daran kaputtgehen.“ Am 26. Februar war es so weit. Marc Ebmeyer wurde mit dem Krankentransport ins Hospiz veritas gefahren. Seine Frau fuhr im Wagen samt Koffer mit den persönlichen Sachen hinterher. Schon der erste Eindruck von der Einrichtung in der Bahnhofsstraße sei komplett anders gewesen, als er sich das vorgestellt habe. &bdquo;Ein Hospiz war in meiner Vorstellung ein Haus, in dem man im Zimmer liegt und dort nur noch auf den Tod wartet.“ Ebmeyer hatte gehört, dass das Lübbecker Hospiz in der Region einen sehr guten Ruf genießt, doch mit einem derart herzlichen, geradezu liebevollen Empfang als &bdquo;Gast“ hatte er nicht gerechnet. &bdquo;Die Mitarbeitenden nahmen sich sehr viel Zeit, zeigten mir das Haus und begleiteten mich sogar auf mein Zimmer. Es war so, als würde ich in einem Hotel einchecken.“ Hochzeitstag im Hospiz gefeiert Seit seinem Einzug sind nun einige Wochen vergangen. An der &bdquo;liebevollen Professionalität“, wie Ebmeyer den Umgang mit den Gästen bezeichnet, habe sich nichts geändert. &bdquo;Alle hier sind Vollprofis“. Ergänzend zur alltäglichen Versorgung gebe es Physiotherapie, Klangentspannung und Aromapflege sowie Besuche von Ehrenamtlichen und gute Gespräche. &bdquo;Ich genieße jeden Tag hier“, sagt der 43-Jährige. Auch seinen Hochzeitstag habe er im Hospiz gefeiert. &bdquo;Die Mitarbeiter haben Blumen besorgt und auch das Essen geholt, das meine Frau und ich uns gewünscht haben.“ Wenn er auf seinem Zimmer sei, dann höre er meistens Musik und Hörbücher, schreibe seine Gedanken auf oder spiele Videospiele, was mit der intakten rechten Hand noch ganz gut gehe. Das Personal im Hospiz sei für ihn so etwas wie seine zweite Familie geworden. Beim Essen trifft er auch auf andere Gäste. Viele hätten Krebs. Natürlich sei ein Hospiz nicht das Gleiche, wie ein Zuhause, räumt er ein. Aber für die letzte Etappe des Lebens sei es ein &bdquo;toller Ort.“ Zu wissen, dass er im Moment des Todes, zu dem ja auch Angst und Schmerz gehören können, in professionellen Händen sei, beruhige ihn. &bdquo;Ich hatte ein schönes Leben und kann würdevoll aus dem Leben treten.“ Ihm sei es ganz wichtig, seine Erfahrungen in der Einrichtung an andere Menschen weiterzugeben und unheilbar Kranken die Angst vor dem Einzug in ein Hospiz zu nehmen. &bdquo;Leben bis zum Ende“, das sei der Leitgedanke im Hospiz veritas, der auch ihn inspiriert habe. &bdquo;Ich genieße jeden Tag hier und jeder neue Tag hat seine Glücksmomente.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbeck

Meistgelesen