Verbote und „weißes Gold“: Als das Coronavirus das Lübbecker Land lahmlegte

Lübbecker Land. Anfangs schien es weit weg und die Spekulationen, wie das Virus entstanden ist, halten bis heute an. War es ein Unfall in einem Labor im chinesischen Wuhan? Aktuell wird in einigen Medien über entsprechende Geheimdienst-Hinweise spekuliert. Damals aber schenkten viele Menschen dem Virus zunächst nicht die größte Beachtung. China war weit weg. Dann aber war das Virus schnell auch im Lübbecker Land. Fünf Jahre ist das nun her, dass es ausbrach und das öffentliche Leben zeitweise komplett zum Erliegen brachte. Ein Rückblick. Im Januar 2020 besuchte eine Delegation aus Stemwede noch die französische Partnerstadt Lardy. Die Welt im Lübbecker Land schien da noch in Ordnung. Wuhan & Co. waren weit weg. Weltweit gab es aber schon Meldungen über ein neues Virus und Warnungen vor einer Pandemie. Wenige Wochen später sollten solche Begegnungen wie die zwischen den Menschen aus Stemwede und Lardy über einen längeren Zeitraum nicht mehr möglich sein. Anfang März 2020 aber setzten sie dann auch im Lübbecker Land ein, die Absage von Veranstaltungen. Anfang März etwa sagten BASF und ZF den gemeinsamen Azubi-Tag ab, wenige Tage später folgte der Kreis Minden-Lübbecke mit der Absage der Messe &bdquo;Go Future“. Am 9. März meldete die Kreisverwaltung fünf Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert waren: Neben drei Personen aus Bad Oeynhausen und einem Mindener zählte auch ein Stemweder dazu. Der Stemweder dürfte der erste Bewohner aus dem Lübbecker Land gewesen sein, bei dem das Virus offiziell festgestellt wurde. Lesen Sie auch: Wie ein 34-jähriger Stemweder mit Long Covid leidet MKK eröffneten ein Corona-Notfallzentrum Die Mühlenkreiskliniken (MKK) eröffneten vor dem Haupteingang des Klinikums Minden ein Corona-Notfallzentrum. Isolierte Bereiche für Corona-Patienten wurden an den MKK-Standorten Minden, Bad Oeynhausen, Lübbecke und Rahden eingerichtet. Schulen wurde vom zuständigen NRW-Ministerium mitgeteilt, dass es bis zum Sommer 2020 keine Klassenfahrten in Risikogebiete geben dürfe. Zum Thema: Das passiert in dem Corona-Notfallzentrum der Mühlenkreiskliniken Am 12. März 2020 teilte der Kreis mit, dass wegen Corona-Verdacht am 13. März und am 16. März die ersten Schulen geschlossen bleiben sollten. Betroffen waren die Grundschule Gehlenbeck, die Verbundschule Hille, das Bessel-Gymnasium Minden, das Söderblom Gymnasium und die Birger-Forell-Sekundarschule Espelkamp. Wenig später waren alle Kitas und Schulen dicht. Das &bdquo;Homeschooling“ begann. Die Zahl der Infizierten in Minden-Lübbecke stieg schnell an, es hagelte Verantaltungs-Absagen. Die Kommunen im Lübbecker Land erließen Mitte März Allgemeinverfügungen, mit denen Veranstaltungen verboten wurden. Am 17. März 2020 kündigten etwa die Stemweder Kirchengemeinden an, dass die Gottesdienste ausfallen und die Kanzeln sonntags leer bleiben. Einen Tag später warnte die Kreisverwaltung vor Corona-Partys. Hamsterkäufe in Supermärkten im Lübbecker Land Mitte März setzten Hamsterkäufe in den heimischen Supermärkten ein. Mehl, Hefe oder auch Lebensmittel-Konserven wurden gebunkert. Toilettenpapier wurde – aus welchem Grund auch immer – zum &bdquo;weißen Gold“ und manche Zeitgenossen schafften das einkaufswagenweise aus den Supermärkten. Die Betreiber der Märkte reagierten mit Einschränkungen bei den Mengen, die je Kundin und Kunde abgegeben wurden. Hamsterkäufe: Toilettenpapier in Lübbecke gesucht In mehreren Orten im Lübbecker Land starteten Bürgerinnen und Bürger Initiativen, um Menschen zu helfen, die aus Sorge vor Corona ihre Wohnungen nicht mehr verlassen wollten. Zwischen Hüllhorst und Stemwede übernahmen Freiwillige die Einkäufe etwa für Senioren. Diese Initiativen waren damals Lichtblicke in einer sich verdunkelnden Zeit. Mehr zum Thema: So helfen Menschen im Lübbecker Land in der Corona-Krise Die Innenstädte etwa in Lübbecke und Espelkamp leerten sich zusehends, die Kundschaft war verunsichert. Am 16. März ordneten die Behörden einen Lockdown an und machten den Einzelhandel und die Gastronomie für viele Wochen dicht. Auch Friseure oder Fußpflege-Betriebe mussten die Türen schließen. Das war nicht der einzige Lockdown. Über den Jahreswechsel sollte ein Weiterer folgen. Warum Einzelhandel und Gastronomie dichtgemacht wurden, es für Discounter außer der Maskenpflicht keine Auflagen gab – dazu hatte die Redaktion die NRW-Landesregierung wiederholt um Auskunft gebeten. Logische Gründe für dieses Vorgehen wurden nie genannt. Private Treffen im Lübbecker Land so gut wie unmöglich Discounter durften dagegen weiter öffnen. Treffen von mehr als zwei Personen waren verboten. Mit dem Auto-Zulieferer ZF in Stemwede meldete am 19. März eines der ersten Unternehmen in der Region Kurzarbeit wegen der Corona-Krise an. Betroffen waren damals 3.500 Menschen in der Dümmer-Region. Am 2. April meldete der Kreis den ersten Corona-Toten, einen 28-jährigen Mindener. In den folgenden Monaten gab es Lockerungen der Maßnahmen, denen aber auch wieder Verschärfungen folgten. Die Kreisverwaltung veröffentlichte täglich die aktuellen Zahlen zu Neu-Infizierten, Genesenen und Todesopfern. Die Inzidenz war lange Zeit das Maß aller Dinge. Mit einem Inzidenz-Wert von 57,7 galt Minden-Lübbecke im Oktober 2020 als Risikogebiet. Bei der Nachverfolgung von Kontakten erhielt das Gesundheitsamt Hilfe von der Bundeswehr. Lesen Sie auch: Erster Corona-Todesfall im Kreis Minden-Lübbecke Hoffnung auch im Kreisgebiet machten Meldungen über die Entwicklung von Impfstoffen. Im Dezember 2020 begann der Aufbau des Impfzentrums in Hille. Parallel dazu schränkten die Behörden die Rechte der Menschen weiter ein, denn die Inzidenz lag bei über 200. Private Treffen waren zeitweise so gut wie unmöglich, von 21 bis 4 Uhr galt eine Ausgangssperre. Später gab es zeitweise noch eine Regelung, dass Menschen einen Umkreis von 15 Kilometern um ihren Ort nicht verlassen durften. Impfstart musste verschoben werden Zum Jahreswechsel 2020/2021 starteten die Impfungen. Bewohner des Seniorenheims &bdquo;Schloss Rahden“ zählten zu den ersten Minden-Lübbeckern, die mit dem neuen Impfstoff gegen Corona geimpft wurden. In manchen Landkreisen konnten die ersten Geimpften befragt werden, in Minden-Lübbecke war das nicht möglich. Anfang 2021 musste der Impfstart im Seniorenheim in Preußisch Ströhen wegen eines massiven Corona-Ausbruchs verschoben werden. Mehrere Bewohner überlebten die Infektion nicht. Zahlreiche Todesopfer gab es im Januar/Februar 2021 auch im Hüllhorster Seniorenheim Benediktuspark. Ab dem Frühjahr 2021 setzten die Lockerungen ein. Zeitweise galt für Veranstaltungen oder Gastronomie die &bdquo;3G-Regel“, wonach Getestete, Geimpfte und Genesene Zutritt hatten. Wer etwa in der Kneipe ein Bier trinken wollte, musste seinen Impfpass vorlegen. Teils scharfe Kritik gab es in der Folgezeit an der &bdquo;2G-Regel“, die Ungeimpften den Zutritt zu Veranstaltungen oder Gastronomie verwehrte. Auch im Lübbecker Land gingen Kritiker der Corona-Maßnahmen auf die Straße. In Lübbecke gab es Protestmärsche durch die Kernstadt und sonntägliche Treffen im Bereich der Kreuzung B65/B239. Anfang Januar 2022 rief dagegen das Bündnis &bdquo;Lübbecke zeigt Gesicht“ zu einer Menschenkette unter dem Motto &bdquo;Wir sorgen füreinander“ auf. Zum Thema: Starker Zulauf bei Protesten gegen Corona-Regeln Wiederholt Protestmärsche in Espelkamp In Espelkamp gab es wiederholt Protestmärsche und Kundgebungen auf dem Wilhelm-Kern-Platz. Bei einem dieser Treffen verglich der Ratsherr des christlichen &bdquo;Bündnis C“, Dietrich Janzen, im Mai 2021 Abtreibungen mit dem Holocaust. Janzen, ein Impfskeptiker, wehrte sich wie viele andere Menschen auch vor dem Amtsgericht Rahden gegen Bußgeldbescheide aufgrund von Verstößen gegen die Maskenpflicht. Manche Kläger bekamen recht, andere nicht. Janzen, der während der Verhandlung im November 2021 Masken als ebenso effektiv gegen das Virus wie einen Maschendrahtzaun bezeichnete, bekam nicht recht. Anfang Dezember 2021 wurde bekannt, dass Janzen und weitere Familienmitglieder an Corona erkrankt waren. Nach der Bundestagswahl 2021 kündigten die damaligen Ampel-Parteien eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie und der Maßnahmen an. Diese Aufarbeitung lässt bis heute auf sich warten. Auch 2025: Lauterbach verlangt rasche Corona-Aufarbeitung nach der Wahl

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