Warum ein Lübbecker Altenheim nach der Betreiber-Insolvenz immer noch leer steht

Lübbecke. Wenn die Delegierten der Kreissynode des evangelischen Kirchenkreises Lübbecke am Montag, 7. Oktober, im Gemeindehaus in Hüllhorst-Schnathorst zusammenkommen, nehmen Beratungen und Beschlüsse über die finanzielle Situation des Kirchenkreises und seiner Mitgliedsgemeinden breiten Raum ein. Im Vorfeld hat nw.de nachgefragt, welche Neuigkeiten es zu dem seit Ende 2023 leer stehenden Senioren- und Pflegeheim am Kirchplatz in Lübbecke gibt. Carsten Schöneberg ist Verwaltungsleiter des Kirchenkreises Lübbecke und teilt mit, gemeinsame Vermarktungsansätze für die Immobilie von Kirchenkreis und Kirchengemeinde Lübbecke seien bislang &bdquo;ergebnislos verlaufen“. Näheres weiß Pfarrer Eberhard Helling. Ihm zufolge gab es bisher sechs Interessenten. &bdquo;Sie kamen aus der Wohnungswirtschaft oder dem Bauwesen. Es wurde noch nicht über Mieten oder Kaufen gesprochen, dazu waren die Verhandlungen noch nicht weit genug gediehen. Es sind aber alle Optionen angesprochen worden“, berichtet Helling. Renovierungsaufwand zu groß &bdquo;Den Interessenten, die abgesprungen sind, war der Aufwand zu renovieren zu groß. Gleichwohl sahen alle Interessierten die Chance zur Entwicklung der Immobilie aufgrund der ausgesprochen guten Lage des Hauses“, führt Helling weiter aus. Nach wie vor sei man mit Interessenten im Gespräch. Die Gemeindevertreter führten die Gespräche mit dem Ziel, für die Immobilie eine Nachnutzung zu finden, die dem ursprünglichen Zweck des Hauses &bdquo;so nahe wie möglich kommt“. Ob Vermietung oder Verkauf, dazu sagt Helling: &bdquo;Es gibt hier keine Vorentscheidungen.“ Über die finanzielle Belastung der Kirchengemeinde im Zusammenhang mit dem Pflegeheim gibt Verwaltungsleiter Carsten Schöneberg Auskunft. Ihm zufolge sind nach der Insolvenz der Lübbecker gGmbH Die Diakonie bei der Kirchengemeinde Lübbecke – in der Rolle der Eigentümerin der Immobilien des Altenheimes am Kirchplatz 3 – Restdarlehen über 2,36 Millionen Euro verblieben – aufgenommen für die Erweiterung und Modernisierung des Gebäudes. Hinzu kämen die laufenden Kosten für den Unterhalt – Bewirtschaftung und Verkehrssicherung – des Gebäudes und Grundstücks. Diese beliefen sich auf jährlich ca. 50.000 Euro. Wie Schöneberg weiter ausführt, ist die Kirchengemeinde Lübbecke bis 2001 Trägerin des Alten- und Pflegeheimes Lübbecke gewesen. In der Folge der Neustrukturierung des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis hätten der neugegründete Verein Die Diakonie e.V. und die Kirchengemeinde Lübbecke die Diakonie Pflege- und Gesundheitsdienst gGmbH gegründet und in diese die ambulante Pflege vonseiten der Diakonie e.V. und das Alten- und Pflegeheim vonseiten der Kirchengemeinde Lübbecke eingebracht. Risiko: Wertverlust durch Leerstand Laut Verwaltungsleiter hat die Diakonie gGmbH den Geschäftsbetrieb zum 1. Januar 2002 aufgenommen. Zum Zweck der Betriebsführung habe die Kirchengemeinde Lübbecke der Diakonie gGmbH die Immobilie des Alten- und Pflegeheimes gegen eine &bdquo;Mietzahlung“, in Form der Übernahme der Schuldendienstleistungen für die Darlehn zur Erweiterung und Modernisierung, überlassen – ohne das Eigentum an der Immobilie auf die Diakonie gGmbH zu übertragen, so Schöneberg. Da eine Folgenutzung für das leer stehende Pflegeheim am Kirchplatz noch nicht gefunden sei, verbleibe der Kirchengemeinde Lübbecke neben der finanziellen Belastung &bdquo;das Risiko aus dem Leerstand des Gebäudes und dem damit einhergehenden Wertverlust“. Und bis wann sollen die finanziellen Altlasten abgetragen sein, nachdem alle anderen Kirchengemeinden des Kirchenkreises Lübbecke ihre finanzielle Unterstützung ab 2025 zugesagt haben? Aus der Bedienung der Restdarlehen hätte sich für den Haushalt der Kirchengemeinde Lübbecke eine jährliche Schuldendienstlast von ca. 150.000 Euro ergeben. &bdquo;Diese Belastung hätte die Kirchengemeinde Lübbecke aus eigener Finanzkraft nicht tragen können“, sagt Carsten Schöneberg. Daher sei ursprünglich beabsichtigt gewesen, diese Belastung, nach Berücksichtigung eines angemessenen Eigenanteils der Kirchengemeinde Lübbecke von 16.000 Euro jährlich, aus dem Kirchensteueraufkommen der Solidargemeinschaft aller Kirchengemeinden des Kirchenkreises zu finanzieren. Die Belastung aller Kirchengemeinden hätte sich auf ca. 134.000 Euro pro Jahr belaufen, rechnet Schöneberg vor und erinnert daran, dass die Kreissynode diesem Finanzierungsplan auf ihrer Tagung am 5. Dezember 2023 zugestimmt hatte. Dauerhafte Belastung soll vermieden werden Einen Monat später erhielt der Kirchenkreis Lübbecke vom Landeskirchenamt die Mitteilung über das Ergebnis der Kirchensteuerabrechnung für die Jahre 2020 bis 2022. In Summe habe der Betrag von etwa 2,1 Millionen Euro zur weiteren Verteilung an die Kirchengemeinden und den Kirchenkreis Lübbecke zur Verfügung gestanden. Die Restlaufzeit der Darlehn beträgt Schöneberg zufolge ca. 25 Jahre. Wie der Verwaltungsleiter weiter ausführt, hat die Kreissynode – abweichend von ihrem Dezember-Beschluss – auf ihrer Tagung am 6. Mai dieses Jahres beschlossen, den Betrag des Kirchensteuermehraufkommens 2020 bis 2022 nicht an die kirchlichen Körperschaften im Kirchenkreis auszuschütten, sondern hieraus eine Rückstellung zur Bedienung der laufenden Schuldendienstleistungen für die Restdarlehen &bdquo;Altenheim Lübbecke“ zu bilden. &bdquo;Damit kann eine langfristige dauerhafte Belastung der Haushalte der Kirchengemeinden und des Kirchenkreises vermieden werden“, so Schöneberg. Für die Kirchengemeinde Lübbecke verbleibe für die Dauer der Restlaufzeit der Darlehn eine jährliche Belastung von 16.000 Euro. Den Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis Lübbecke entsteht aus diesem Verfahren Schöneberg zufolge &bdquo;keine zusätzliche Belastung“, da Kirchensteuermehreinnahmen in den Haushalten nicht eingeplant waren und ein Anspruch auf Ausschüttung dieser Finanzmittel nicht bestehe. Zu prüfen bleibe, ob und wie die Restdarlehen bei Ablauf der gegenwärtigen Zinsfestschreibungsphase insgesamt abgelöst werden könnten. Mit einer Ablösung der Darlehn könnten weitere Sollzinsbelastungen verhindert werden.

Meistgelesen