Öffentliche Toilette: Für viele Städte selbstverständlich, für Lübbecke nicht

Als zwei nw.de-Redakteurinnen anlässlich des Welttoilettentages einmal die Ausstattung und Ausschilderung der öffentlichen WCs in der Lübbecker Innenstadt unter die Lupe genommen haben, fiel ihre Bestandsaufnahme so aus: &bdquo;eher notdürftig“. Das schöne Wortspiel stammt vom November 2016. Leider hat sich daran bis heute nichts geändert. Bestes Beispiel: der tolle Freibadpark an der Obernfelder Allee. Der wurde für ’zig Millionen Euro angelegt – aber ohne WC eröffnet. Das Thema bleibt auch unbeliebt. Gerade ist ein im Bauausschuss vom örtlichen Seniorenbeirat gestellter Antrag auf eine öffentliche Toilette am Marktplatz bei Politik und Verwaltung durchgefallen. Ein Teil der von der Verwaltung vorgebrachten Gegenargumente erinnert an eine Weisheit des Dalai Lama: &bdquo;Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.“ Eine weitere öffentliche, durchgehend nutzbare WC-Anlage am Marktplatz sowie eine Beschilderung für die WC-Anlage am ZOB und die kostenfreie Nutzung der Toiletten in der Bäckerei Schmidt – das war das im August vorigen Jahres vorgebrachte Anliegen des Seniorenbeirats, der die Interessen älterer Menschen in Lübbecke vertritt. Sechs Monate später kommt die Verwaltung zu folgenden Erkenntnissen: Eine Toilette am Marktplatz wäre störend, zu teuer und ohnehin überflüssig. Vielleicht im Burgmannshof? Dass ein WC nicht ins Raum- und Nutzungskonzept des Marktplatzes passt, stimmt so nicht. Denn behauptet wird eine ganzjährige Nutzung der gesamten Fläche des Marktplatzes für Märkte, Feste oder Konzerte. Eine öffentliche Toilette dort wäre &bdquo;störend“. In Wahrheit liegt den größten Teil des Jahres der Marktplatz brach, und ein öffentliches WC würde sicher häufiger genutzt als die großen Pflasterflächen. Zudem war nicht die Rede davon, dass die Anlage mitten auf dem Marktplatz stehen soll. Der Seniorenbeirat könnte sie sich dezent platziert an der Innenmauer des Burgmannshofes vorstellen. Zu teuer? Die Herstellung wird mit 200.000 Euro angegeben. Für Unterhaltung inklusive Reinigung und Wartung rechnet die Verwaltung mit 9.000 bis 12.000 Euro jährlich. Die Frage ist doch eher: Was können und wollen wir uns leisten und wer soll profitieren? Dass wir immer älter werden und die Zahl der Hochbetagten mit entsprechenden Bedürfnissen deutlich zunimmt, ist lange bekannt. Und auch Tages- und Wochenend-Touristen, die das schöne Lübbecke besichtigen, würden eine öffentliche Toilette an zentraler Stelle gewiss begrüßen. Kulturzentren, Schwimmbäder, Theater und andere kommunale Einrichtungen verursachen weitaus höhere Kosten – auch laufende. Infrage gestellt werden sie deshalb – glücklicherweise – nicht. Zumindest nicht in Lübbecke. Aus Sicht der Verwaltung gibt es ausreichend öffentliche Toilettenanlagen. Diese Schlussfolgerung zieht die Verwaltung, weil das zunächst geschlossene und später abgerissene WC am Gänsemarkt laut Verwaltung drei Jahre lang zu keiner einzigen Beschwerde geführt hat. Aus fehlender Kritik fehlenden Bedarf zu schließen ist nicht nur gewagt. Sie weckt auch Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Seniorenbeirats. Als hätte sich das Gremium die Notwendigkeit für eine weitere öffentliche Toilette aus den Fingern gesogen. Nutzbarkeit nicht garantiert Worauf in der Sitzung des Bauausschusses leider überhaupt nicht weiter eingegangen wurde, sind die von der Verwaltung geschilderten Fälle von Vandalismus und mutwilliger Verschmutzung. Bei der öffentlichen Toilettenanlage am ZOB lagen die Kosten für die Beseitigung solcher Schäden bei rund 5.500 Euro jährlich. Eine durchgängig saubere und nutzbare WC-Anlage könne man nicht garantieren, argumentiert die Verwaltung. Von einer selbstreinigenden Toilette aus Edelstahl scheinbt man im Rathaus noch nie etwas gehört zu haben. Abgesehen davon fragt man sich: Soll den Bürger etwas Sinnvolles wie etwa die Toilette im Parkhaus-Ost vorenthalten werden, nur weil eine Handvoll Rowdys randaliert? Ist diesen Typen nicht beizukommen? Weder mit einem privaten Sicherheitsdienst, noch mit den durch &bdquo;Ordnungspartnerschaft“ verbundenen Kräften von Polizei und Ordnungsamt, noch mit technischen Lösungen? Lobenswert ist in diesem Zusammenhang die Bereitschaft der Mediothek, der Bäckerei Schmidt, des Blue Mojo und offenbar auch des Bistros Küpers am Markt, in dringenden Fällen ihre Toiletten zur Verfügung zu stellen. Hoffentlich wissen das die Betroffenen auch. Ist das nämlich nicht der Fall, wird das Geschäft ja trotzdem verrichtet. Die Lokalredaktion hatte bereits am alten, aber auch schon am neuen Standort das äußerst zweifelhafte Vergnügen, das Ergebnis von Stuhlgang ohne Stuhl morgens im Hof vorzufinden. Eine bleibende Erinnerung.

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