Bad Oeynhausener Ehepaar lebt seit 20 Jahren in Peking: Von Ostwestfalen nach Ostasien

Bad Oeynhausen. Dass einem mit Petra (57) und Heiko (60) Vogelsang ein Ehepaar über die Webcam zulächelt, das seit beinahe 20 Jahren im Ausland lebt, merkt man nur an Kleinigkeiten. Ab und zu mischt sich die englische Übersetzung für deutsche Alltagswörter in ihre Antworten, &bdquo;square meter“ statt Quadratmeter etwa. Heiko Vogelsang ist 2005 nach Peking gezogen, Ehefrau Petra folgt mit der damals sechsjährigen Emily und dem achtjährigen Cedric im März 2007. &bdquo;So, und jetzt besorgst Du mir mal einen Deutschen“, zitiert Heiko Vogelsang den Chef seines heutigen Arbeitgebers. Die chinesische High-End-Küchenfirma suchte einen geeigneten Produktionsleiter. Vogelsang, der damals genau diese Rolle bei einem Büromöbelhersteller verantwortete, war unzufrieden in seinem Job. &bdquo;Viel zu viel Metall“, sagt der Holzingenieur, &bdquo;und nur Schreibtische, völlig langweilig“. Schließlich fand er das Gesuch in einem Zeitungsinserat. Nach drei Telefon-Interviews hatte er ein Angebot. Er habe nur noch &bdquo;ja“ sagen müssen. Seine Ehefrau redete ihm zu. &bdquo;Es war jetzt keine Entscheidung für immer, überhaupt nicht“, sagt sie. &bdquo;Erst mal guckst du dir das an und guckst, wie das überhaupt ist.“ In Heiko Vogelsangs Vertrag, erst einmal auf ein Jahr befristet, waren regelmäßige Besuche vorgesehen, alle zwei bis drei Monate konnte er seine Familie in Bad Oeynhausen 14 Tage besuchen. Zwei Flaschen Wein, eine Reisepasserneuerung und fünf Wochen später steht er bei 40 Grad am Flughafen Peking und bringt die in China hoch angesehene deutsche Expertise für Produktionsstandard und Qualität. Lesen Sie auch: Bielefeld statt Neuseeland: Deshalb kehrt diese Auswanderin in ihre Heimat zurück Chinesischer Assistent kocht ihm Rouladen Petra Vogelsang streicht dem Ehemann liebevoll über den Rücken, sagt, für Heiko sei der Bruch härter gewesen als für sie. Immerhin: Die Firma stellt ihm einen chinesischen, deutschsprachigen Assistenten zur Seite; der hat in Deutschland Koch gelernt und kuriert Anwandlungen von Heimweh mit Spaghetti Bolognese und Rouladen. Rasch wendet sich Heiko Vogelsang aber auch der chinesischen Küche zu. Als Petra Vogelsang knapp zwei Jahre später mit den beiden Kindern Emily und Cedric zu ihm zieht, hat er bereits ein wenig Vorsprung, was Kultur und Lebensweise der chinesischen Metropole angeht. Sie melden die Kinder in einer deutschen Schule an. Falls sie kurzfristig zurückkehren, sollte es für sie nahtlos weitergehen können. Mittlerweile sind Emily und Cedric selbst erwachsen und zurück nach Deutschland gezogen. Auswanderer aus OWL: Hier geht´s zur Themenseite Petra Vogelsang, ausgebildete Tischlerin, arbeitete eine Zeit lang bei derselben Firma wie Heiko, bevor sie Marketing- und Business-Development-Rollen bei verschiedenen Firmen übernahm. Zwei Jahrzehnte sind eine lange Zeit, in jeder beliebigen Stadt Chinas hätten sie nicht wohnen können. Shanghai etwa sei &bdquo;eine Stadt, die überall sein könnte“, sagt Petra Vogelsang. Peking hingegen habe Berge zu allen Himmelsrichtungen, sei eine Großstadt mit Identität. Sechs Ringe durchziehen Peking .responsive23-4EpjuDFhNKqh1C91-map-auswanderer-peking { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-4EpjuDFhNKqh1C91-map-auswanderer-peking { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-4EpjuDFhNKqh1C91-map-auswanderer-peking { padding-top: 142.86%; } } Der 60-Jährige erklärt ihre Struktur: Die Stadt ist mit ihren knapp 22 Millionen Einwohnern durchzogen von sechs konzentrischen Ringen aus Autobahnen. Die Faustregel lautet: Je kleiner der Ring, je zentraler also die Lage, desto teurer der Wohnraum. &bdquo;Am Anfang bin ich nur mit dem Kompass gefahren, weil ich ja hier nichts lesen konnte“, erklärt er. Sechs oder siebenmal seien sie insgesamt umgezogen, immer zur Miete und immer im nordöstlichen Bezirk Chaoyang. Mit knapp 3,5 Millionen Einwohnern ist der Bezirk selbst eine Großstadt. Wohnen ist – anders als der Rest des Alltags – über die Maßen teuer in Peking. Die 57-Jährige schätzt, dass in den innerliegenden Ringen Apartments um 60 bis 70 Quadratmeter umgerechnet gut und gerne 1.700 Euro kosten. Auch interessant: Warum Menschen Deutschland verlassen – und oft doch wieder zurückkehren Leben in einem traditionellen Hutong Nun leben Petra und Heiko in einem Viertel hinter dem äußersten Ring. Eine Stunde Pendelzeit, dafür ein verhältnismäßig bezahlbarer Bau in einem Hutong: Einem Wohnviertel, in dem die Häuser u-förmig um einen Innenhof angeordnet sind. &bdquo;Du hast einen Eingang, hast links und rechts Zimmer und das Mittelschiff, wie so ein normales U.“ Früher, erzählt Heiko Vogelsang dann, hätten in einem solchen Haus drei bis vier Familien gewohnt. Darum gäbe es auf jeder Seite separate Badezimmer. Zu zweit haben die beiden mehr Platz, für ein Gästezimmer und ein kleines Sportzimmer. Die beiden schätzen ein wenig hin und her, was die Fläche angeht: Je nachdem, ob man den Innenhof mitzählt, kommen sie auf 140 oder auf 200 Quadratmeter. Das Interieur ist stilvoll, die beiden sitzen unter dem freigelegten Dachstuhl aus Eschenholz. Dass das Paar eine Leidenschaft für edles, aber unaufdringliches Design hegt, sieht man auf den ersten Blick: Petra Vogelsang hat zwei Kommoden aus Bad Oeynhausen mitgenommen. &bdquo;Die habe ich hier fertiggemacht“, sagt sie mit Blick auf ihre Arbeit in einem Restaurationsbetrieb. Sie stehen inmitten moderner chinesischer kleinerer Tische, Korblampen hängen von der Decke. Der Esstisch ist das chinesische Wohnzentrum Der Lieblingsort? &bdquo;Also, wir lieben es, in der Küche zu sein“, sagt die 57-Jährige. Mit jedem Umzug hätten sie sich eine Neue gegönnt – sie sitzen schließlich an der Quelle. Dabei hätten sich mit Küche und Esszimmer auch die Essgewohnheiten der beiden gewandelt. Nicht nur, was die Speisen angeht – Petra Vogelsang schwärmt von mariniertem Schweinebauch mit dunkler Sojasoße, Ingwer, Knoblauch und Reiswein (&bdquo;super juicy!“) –, sondern vor allem, dass Essen in China viel stärker geteilt wird. Man habe alles Mögliche auf dem Tisch und könne alles probieren. Der Esstisch sei das Wohnzentrum für Chinesen. &bdquo;Das fällt mir extrem schwer, wenn ich in Deutschland bin“, sagt Petra Vogelsang, &bdquo;da soll ich mir ein Gericht aussuchen? Kann ich nicht, mach ich nicht, dann sag ich meinen Freunden, wir müssen jetzt hier drei Sachen bestellen und die müssen wir alle teilen, sonst bin ich da raus!“ In Restaurants in China seien die Esstische auch beinahe nie eckig, sondern fast immer rund: In teureren würde sich eine große Glasscheibe mit den Speisen automatisch drehen lassen, sonst mache man das selbst und bediene sich mit Stäbchen, wonach einem eben sei. Sie vermisst den Wald, er die Sauna Kann etwas aus Bad Oeynhausen fehlen, wenn man in einer chinesischen Mega-City lebt? Wo es mittlerweile sogar eine große Auswahl Sauerteigbrot gibt, zum Beispiel im Pekinger &bdquo;Café Konstanz“, wie Petra Vogelsang erzählt? &bdquo;Was ich unheimlich gerne mache, wenn ich nach Deutschland komme“, sagt sie, &bdquo;ist, dass ich Fahrrad fahre und Waldspaziergänge mache.“ Richtig große, alte Bäume, das gebe es bei ihnen nicht. Heiko Vogelsang fehlt vor allem die Sauna. Wenn er mit Petra einmal jährlich Deutschland besucht, pflege er ein festes Ritual mit seinem Bruder: &bdquo;Der ist Rentner. Der fragt dann immer: ,Wie lang wollen wir machen?’ Dann sind wir den ganzen Tag da, von morgens um zehn Uhr bis abends um neun.“ Die beiden an der Rückreise nach Peking zu hindern, das vermögen aber weder Bäume noch Badehaus. Lesen Sie auch: Immer mehr Deutsche aus OWL wandern aus

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