Wie barrierefrei wird der neue Lübbecker ZOB?

Lübbecke. Es kommt selten vor, dass ein Ausschussmitglied sich so vehement für ein Anliegen einsetzt. Am vergangenen Mittwoch im Bauausschuss war das anders. Kerstin Wöbbeking-Hackerodt (Grüne) erinnerte die Anwesenden daran, dass "für jeden von uns Barrierefreiheit schnell zu einer Notwendigkeit werden kann, um auch mit einer Krankheit oder Behinderung in allen Lebensbereichen am Leben teilzuhaben". Die stellvertretende Vorsitzende des Lübbecker Behindertenbeirates erinnerte daran, welche Antwort sie als private Petentin vom Petitionsausschuss des Landtages im September vergangenen Jahres erhalten hatte. Demnach bieten signalisierte Überquerungsstellen mit akustischen Zusatzeinrichtungen die größte Sicherheit und die besten Orientierungsmöglichkeiten. Unter anderem die Verkehrsinfrastruktur müsse ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe nutzbar sein. Überquerung ohne fremde Hilfe unmöglich Das sei beim geplanten neuen Busbahnhof am Niederwall nicht gewährleistet, so Wöbbeking-Hackerodt. Wegen einer fehlenden Ampel sei Blinden und Sehbehinderten zum Beispiel das Umsteigen und auch das Überqueren des Niederwalls, um die Bussteige im Norden und Süden zu erreichen "ohne fremde Hilfe nicht möglich". Planungen und Ausführungen des neuen ZOB sollten deshalb so geändert werden, dass eine Fußgänger-Bedarfsampel installiert werden könne. Wie berichtet, scheiterte ihr Antrag dann aus formalen Gründen. Gleichwohl bleibt ihre Forderung an die Verwaltung und die anderen Fraktionen bestehen: "Finden Sie Wege für eine Ampel und nicht Gründe dagegen." Diese Forderung ist aus Sicht von Michael Biesewinkel (CDU), ebenfalls Mitglied im Bauausschuss und Vorsitzender des Behindertenbeirats, berechtigt. Auch er sieht angesichts des bisherigen Planungsstands des neuen ZOB ein "Gefahrenpotenzial" für die von Wöbbeking-Hackerodt genannten Personengruppen einschließlich Kinder und betont: "Die Praxis vor Ort stellt sich manchmal anders dar als die Gesetzeslage." Er akzeptiere zwar die Begründung der Stadt, stelle sich aber eine andere Beteiligung vor, vor allem des Behindertenbeirats. Der sei in die Planung des neuen ZOB nicht eingebunden gewesen: "Die Stadt ist nicht auf uns zugekommen", etwa Baudezernent Ingo Ellerkamp. Biesewinkel: "Ich habe den Eindruck, die Stadt will dieses Gespräch nicht führen." Autofahrer drücken gern aufs Tempo Bürgermeister Frank Haberbosch hatte sich in der Sitzung des Bauausschusses auf die im Vorfeld hinzugezogenen Fachleute berufen. Denen zufolge sei eine Bedarfsampel am geplanten Busbahnhof "nicht zulässig". Laut Experten würde eine Ampel die Sicherheit auch nicht verbessern, weil die Autofahrer bei bestimmten Ampelphasen "gern aufs Tempo drücken", gab Haberbosch weitere Aussagen der Fachleute wieder. Die Planung sei nach den "geltenden Vorschriften" vorgenommen worden und demzufolge "barrierefrei". Für Michael Biesewinkel ist das zu wenig. Er moniert, dass die Stadt "sich nicht um Alternativen bemüht hat". Wenn schon eine Bedarfsampel nicht möglich sei, dann vielleicht Blinklichter, die den Autofahrern signalisierten, dass vor ihnen etwas passiere. Auch wenn er aufgrund anderer Verpflichtungen dem neu zu wählenden Gremium künftig nicht mehr angehören werde, hofft er, "dass der neue Behindertenbeirat an dem Thema dranbleibt". Dies gilt auch für Kerstin Wöbbeking-Hackerodt: &bdquo;Das bin ich den Menschen schuldig, für die ich seit zwei Jahren kämpfe.“

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