Lübbecke-Gehlenbeck. Der Tag hätte so schön werden können. Wie jeden Morgen gegen 7 Uhr war der 15-jährige Timon Detert mit dem Fahrrad zum Wittekind-Gymnasium unterwegs. Und da Timon erst vor wenigen Monaten ein Hörbuch mit dem Text der Straßenverkehrsordnung gehört hatte, wusste er, wie er zu fahren hatte. Das allerdings sahen drei Polizeibeamte, die gerade eine kreisweit angelegte Verkehrskontrolle in Lübbecke vornahmen, anders – so schildert es die Initiative „Pro Fahrrad" (IpF) Lübbecke.
Die Polizisten hätten Timon und seine Mitschülerin gestoppt, als diese gerade auf der Gehlenbecker Straße Richtung Innenstadt fuhren. Fünf Euro musste Timon nach Angaben von IpF-Vertreterin Petra Spona zahlen, weil er, so wurde ihm zur Last gelegt, widerrechtlich auf dem Fußweg gefahren sei. „Der Schreck war groß, da half es auch nicht, dass die Beamten grundsätzlich sehr freundlich gewesen waren", teilte die IpF mit.
Unklare Situationen für Radfahrer und Autofahrer
Timons Mutter Karin Detert wandte sich an die Initiative pro Fahrrad. Petra Spona, Sprecherin der Initiative, machte sich kundig. Ihrer Einschätzung nach hätten die Jugendlichen trotz fehlender Beschilderung auf dem roten Streifen in Fahrtrichtung fahren dürfen. Sie kontaktierte daraufhin Carsten Tappe vom Lübbecker Polizeirevier.
Als Bezirksbeamter ist Carsten Tappe selbst viel mit dem Dienstfahrrad in Lübbecke unterwegs und hat Verständnis für den Ärger von Karin Detert. „Die Lage ist aus der Perspektive von Radfahrern oft sehr undurchsichtig", gesteht er laut IpF-Mitteilung zu. „An vielen Stellen fehlt die Eindeutigkeit, welche Rechte und Pflichten Radfahrer haben, weil die Linienführung nicht konsequent durchdacht und markiert ist, wie dies für Autofahrer Standard ist", erklärt er. „Die Unklarheiten gelten aber nicht nur für Radfahrer", ergänzt er, „auch Autofahrer schätzen die Lage oft völlig falsch ein".
"Radler gehören grundsätzlich auf die Straße"
So hätten sowohl er als auch Petra Spona gerade an der Gehlenbecker Straße schon oft die Erfahrung gemacht, von Autofahrern angehupt zu werden, um statt auf der Straße auf dem Fußweg weiterzufahren. „Das aber ist definitiv falsch", stellt Carsten Tappe klar: „Radfahrer gehören grundsätzlich auf die Straße, es sei denn, es wird eine abweichende Regelung per Verkehrszeichen, Markierungen oder Schutzstreifen vorgegeben." Hinsichtlich der klaren Ausweisung für den Radverkehr auf deutschen und speziell Lübbecker Straßen sieht Carsten Tappe nach IpF-Angaben durchaus noch „Luft nach oben".
Das Knöllchen war nicht gerechtfertigt
Dem Thema hat sich die Stadtverwaltung auch bereits angenommen. Malte Brosent vom Straßenverkehrsamt, mit dem die Initiative pro Fahrrad in regelmäßigem Austausch steht, hat sich die Situation an der Gehlenbecker Straße ebenfalls angesehen.
Tatsächlich sei es so, erklärt er Karin Detert in einer E-Mail, dass ein Gehweg, der „zwei voneinander getrennte Verkehrsflächen aufweist [...], als sogenannter sonstiger Radweg ausgewiesen" sei. Lediglich eine Benutzungspflicht für Radfahrer bestehe dort nicht, betont er. Fahrradfahrer dürfen also auf der Gehlenbecker Straße sowohl auf der Fahrbahn, als auch auf dem rot markierten Streifen auf dem Fußweg fahren. Nach Angaben von Petra Spona seien sich alle Beteiligten mittlerweile einig: Das Knöllchen für Timon Detert war nicht gerechtfertigt.
Tröstlich ist, dass Abhilfe in Arbeit ist. Besonders gefreut hat Timon aber, dass Carsten Tappe angekündigt hat, er werde seine fünf Euro zurückbekommen.