Wie die jeweiligen Landrats-Kandidaten den Mühlenkreis voranbringen wollen

Lübbecke. Drei Stunden lang haben Hausherr Christoph Barre, IHK-Zweigstellenleiter Minden, Karl-Ernst Hunting, und die IHK-Repräsentanten Brigitte Wischnewski und Friedrich-Wilhelm Hillbrand am Mittwochabend insgesamt sechs Kandidaten auf den Zahn gefühlt. Zuerst den vier Landratsbewerbern Anna Katharina Bölling (CDU), Ingo Ellerkamp (SPD), Siegfried Gutsche (Grüne) und Thomas Röckemann (AfD), danach den Lübbecker Bürgermeisterkandidaten Kathrin Böhning (CDU/Grüne) und Frank Haberbosch (SPD). Wenig überraschend versuchten alle vier Bewerber um die Nachfolge von Landrat Ralf Niermann darzustellen, dass sie den Kreis am besten voranbringen könnten. Bölling sagte: &bdquo;Kommune ist genau mein Ding. Ich weiß, wie Kreis geht". Ellerkamp betonte, er kenne alle Städte und Gemeinden: &bdquo;Ich atme und lebe den Mühlenkreis." Gutsche betrachtet Minden-Lübbecke als &bdquo;Zukunftskreis". Röckemann, sähe sich als Landrat in &bdquo;unabhängiger Funktion", während es in anderen Parteien vor allem um die &bdquo;Bewahrung von Erbhöfen" gehe. Es soll sich mehr drehen als die Mühlen Röckemann erntete wenig Widerspruch an diesem Abend. Weder zu seiner Aussage &bdquo;Dieselkraftstoff hat Zukunft" noch zu seiner Behauptung: &bdquo;Keinen Mund-Nase-Schutz zu tragen ist fortschrittlich." Nur als es um Baugrundstücke und Wohnraum ging. Röckemann will &bdquo;neue Menschen aus ausländischen Gebieten abschieben, die hier nicht mehr hingehören". So oder so gebe es &bdquo;nicht genug Wohnraum", widersprach Ellerkamp. Und Bölling merkte an, sie finde es &bdquo;unerträglich, wie man von Baugrundstücken auf Menschen kommen kann", wofür sie Applaus aus dem Publikum erhielt. In mehreren Punkten machten die Kandidaten deutlich, dass sie durchaus Verbesserungsmöglichkeiten sehen und sich &bdquo;nicht im Kreishaus verstecken" wollen, sagten Gutsche und Bölling. Bölling merkte kritisch an, in Sachen Digitalisierung &bdquo;leben wir noch im Jahr 1975". Es müsse sich &bdquo;mehr drehen als unsere Mühlen". Röckemann verwies auf steigende Arbeitslosigkeit und sprach in punkto Wirtschaftsförderung von einem &bdquo;schwachen Auftritt" auf der Kreis-Homepage. Gutsche will alle Schulen gut ausstatten, &bdquo;auch mit IT" und neben Minden einen zweiten Fachhochschul-Standort ansiedeln: &bdquo;im Westkreis". Ellerkamp versprach, dem Fachkräftemangel entgegen zu treten und nutzte die Möglichkeit, als Einziger ein abschließendes Statement an die Wähler zu richten, um keine Botschaft zu verkünden. Statt dessen fragte er in die Runde der Zuhörer und der Zuschauer, die den Live-Stream verfolgten: &bdquo;Was geben Sie mir mit auf den Weg?" In der Jugendzeit ging es drunter und drüber Abgesehen von Fragen mit dem Schwerpunkt Wirtschaft, wollten die Moderatoren auch Privates von den Kandidaten erfahren. Die gaben auch bereitwillig Auskunft. Siegfried Gutsche erzählte, dass er ein 60 Jahre altes Fahrrad fährt, wenig Fernsehen sieht, Schauspieler Harrison Ford mag, im Garten eine Eiche pflanzen würde, mit Buchenkohle grillt und nichts aus seiner Jugendzeit bereut, &bdquo;in der es drunter und drüber ging". Thomas Röckemann hat zwei Jahre bei der Einsatzpolizei gedient, ist stolz auf seine Selbstständigkeit als Rechtsanwalt, findet Fridays-for-Future-Demonstrationen &bdquo;gut, aber nicht während der Schulzeit" und hört, wenn er die Wahl hat zwischen Klassik, Country und Heavy Metal – am liebsten Klassik. Ärger über Baustelle auf der B 65 Ingo Ellerkamp hält sich für einen &bdquo;Motor und Macher", würde das Angebot eines Marsfluges von Tesla-Chef Elon Musk ausschlagen (&bdquo;Das ist nichts für mich"), guckt TV, streamt aber auch zunehmend und fährt Auto genau so gern wie Bahn. Deshalb würde er als Landrat, wann immer möglich, selbst fahren statt sich fahren zu lassen. Anna Katharina Bölling würde ihren Mann schicken und nicht selbst einem Handtaschen-Dieb hinterherjagen, sich eher ein Hybrid- als ein Elektro-Fahrzeug kaufen, kocht gern selbst, ärgert sich über die Baustelle auf der B 65, die sie zu Umwegen nach Lübbecke zwingt und würde als Mindenerin bei einem Handball-Bundesligaspiel zu GWD Minden halten. Beide wollen sich für Radfahrer einsetzen Anders als Ingo Ellerkamp, der auf Nachfrage eines Zuhörers das Thema LK-Kennzeichen zumindest &bdquo;gemeinsam beleuchten" will, sagt Bölling klar nein dazu, um die &bdquo;Identität des Kreises" nicht zu gefährden. Auch an die beiden Bürgermeisterkandidaten für Lübbecke hatten die Zuhörer Fragen. Zur inhaltlichen Schnittmenge in Lübbecke von CDU und Grünen, für die die parteilose Kathrin Böhning gemeinsam antritt, zählte sie auf: Westertor, Klimaschutz, Polizeipräsenz, soziale Themen, Anträge des Behindertenbeirats und Ärztehaus. Hinterlässt Corona Spuren in Lübbecke? An beide gerichtet war die Frage, wie beispielsweise ein Schulkind aus Obermehnen sicher mit dem Rad zum Wittekind-Gymnasium komme. Frank Haberbosch verwies diesbezüglich auf einen Ratsbeschluss, mit dem ganz generell Verbesserungen für Radfahrer beschlossen worden seien. Böhning sagte, sie wolle ein Mobilitätskonzept entwickeln sowie ein Radwegekonzept. Christoph Barre wollte wissen, ob das Corona-Virus Spuren in Lübbecke hinterlasse? Haberbosch zeigte sich zuversichtlich. Unternehmen hätten zwar Schwierigkeiten. Die Wirtschaft in Lübbecke sei aber, das zeige sich auch jetzt, &bdquo;robust". Auch die Innenstadt funktioniere sehr gut und habe, wie die Stadt auch insgesamt, eine &bdquo;super Position". Meinungsunterschiede zu Westertor mit HBB Böhning zeigte sich viel skeptischer und sagte bezogen auf Corona und die Folgen: &bdquo;Ich glaube, da kommt noch Einiges nach." Trotz der erfreulichen Haushaltslage der Stadt werde ein Rattenschwanz hinterherkommen. Sie selbst habe als Solo-Selbstständige &bdquo;Existenzängste während des Lockdowns" gehabt. Deutlich anders aufgestellt zeigten sich Böhning und Haberbosch beim Thema Westertor. Während Böhning befürchtet, &bdquo;dass die Innenstadt ausstirbt" und das Projekt mit HBB &bdquo;keine Belebung" bringt, verwies Haberbosch auf einen einstimmigen Ratsbeschluss und betonte, der Projektzuschnitt habe sich &bdquo;bis heute nicht verändert" und kritisierte Ablehnung aus politischen und persönlichen Motiven: Die von CDU und Grünen genannten Alternativen &bdquo;habe ich bis heute nicht gesehen".

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