Hüllhorster Flüchtlingsbeauftragter: „Integration als große Chance begreifen“

Hüllhorst. In seinem Büro trifft man ihn selten an - da bedarf es schon einer Terminvereinbarung. Kahraman Tsikha, Flüchtlings- und Integrationsbeauftragter der Gemeinde Hüllhorst, ist viel unterwegs, weil ihm persönlicher Kontakt wichtig ist. Als erster Ansprechpartner für geflüchtete Menschen in Hüllhorst möchte er immer nah dran sein bei den Menschen. Er kennt alle Geflüchteten, die in Hüllhorst leben, persönlich, betreut und begleitet sie und hält regelmäßig Kontakt zu ihnen. &bdquo;Ich möchte wissen, ob alles in Ordnung ist und bei Problemen helfen, bevor es andere tun“, sagt er. Seine Arbeit beruhe, so sagt der Flüchtlings-, Integrations- und Antirassismusbeauftragten der Gemeinde, auf den drei Säulen Flüchtlingsarbeit, Integrationsarbeit und Interkulturelle Öffnung/Antirassismusarbeit. In der Gemeinde Hüllhorst leben derzeit 564 Geflüchtete aus 44 Ländern. Sie kommen aus der Ukraine (203), dem Irak (27), der Türkei (61), Eritrea, dem Iran (5), Syrien (103), Afghanistan (34), Aserbaidschan (36), Libyen und Nigeria. Darunter sind 68 Kinder unter sechs Jahren, 107 Jugendliche im Alter von sechs bis 17 Jahren, 91 im Alter von 18 bis 25 Jahren, 223 sind zwischen 25 und 60 Jahre alt, 56 zwischen 61 und 67 Jahren und 19 Personen sind über 67 Jahre alt. Lesen Sie auch: So engagiert sich die Hüllhorster Gemeinde bei der Integration von Geflüchteten Eigenständigkeit durch Wohnsituation und Beruf fördern 373 Personen wohnen in privat angemieteten Wohnungen. In den Unterkünften - fünf Übergangswohnheime und 27 angemietete Wohnungen - sind insgesamt 191 Personen untergebracht. Die Containeranlage am Dorfgemeinschaftshaus, die zur Bewältigung der Notsituation eingerichtet worden war, ist inzwischen wieder abgebaut. &bdquo;Zum Glück“, sagt Kahraman Tsikha. Sein Ziel ist die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten, zunächst in angemieteten Wohnungen der Gemeinde, anschließend in eigenständigen Mietverhältnissen. Kahraman Tsikha sieht einen engen Zusammenhang zwischen Wohnen und Integration. &bdquo;Die dezentrale Unterbringung ist erstens kostengünstiger und ermöglicht zweitens einen besseren Kontakt zur Nachbarschaft und zur Teilhabe am Ortsleben und beugt Isolation und Segregation vor.“ Zudem fördere es die Eigenständigkeit und verbessere den Einstieg ins Erwerbsleben bzw. in die Ausbildung. &bdquo;Wir wollen deshalb den Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften möglichst kurz halten, um die psychosoziale Stabilität und das Kindeswohl zu schützen“, erläutert der Integrationsbeauftragte. Bei der Zusammensetzung von Wohngemeinschaften lege er Wert darauf, die individuelle Situation der Betroffenen zu berücksichtigen. Faktoren seien zum Beispiel Lebenslage, Herkunft, Geschlecht oder Glaube. Ein entscheidender Faktor für eine gelungene, nachhaltige Integration ist in seinen Augen, dass die Menschen in Ausbildung oder Arbeit kommen. &bdquo;Hier entstehen soziale Kontakte und gesellschaftliche Anerkennung“, sagt er. Für Geflüchtete, die ohne ausreichende fachliche Qualifizierungen nach Deutschland kommen, sei eine Ausbildung notwendig, um später in nachhaltige Arbeitsverhältnisse zu kommen. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten Case-Management-mäßig begleitet er die geflüchteten Menschen bei der Ausbildungs- und Berufsfindung. Er erstellt Profilingbogen und erfasst die wesentlichen persönlichen Daten, darunter Schul- und Berufsausbildung, Berufserfahrungen, Berufswunsch, Sprachlevel sowie Kompetenzen und Neigungen. Auf der anderen Seite arbeitet er eng mit Kindergärten und Schulen sowie mit den verschiedenen Akteuren des Arbeitsmarkts wie dem Gewerbeverein, dem Jobcenter, der Agentur für Arbeit, BamF, Handwerkskammer, Unternehmern sowie der Ausländerbehörde des Kreises Minden-Lübbecke zusammen. Er organisiert mit Wirtschaftsverbänden und Personaldienstleistungsanbietern Firmenbesichtigungen und vermittelt Praktika oder Helfertätigkeiten zur Probe. Es gab in den vergangenen Jahren auch einige gemeinsame Veranstaltungen mit den verschiedenen Akteuren des Arbeitsmarkts, unter anderem im März den Workshop &bdquo;Ausbildung und Arbeit für Migranten 2.0“, an dem unter anderem mehr als 20 Unternehmer aus Hüllhorst und Umgebung teilgenommen haben. Unterstützt wurde die Veranstaltung durch Integrationslotsen der Handwerkskammer und moderiert von der Bundesinitiative &bdquo;Unternehmen integrieren Flüchtlinge“. Lesen Sie auch: Hüllhorst: Förderprogramm &bdquo;Heimatfonds“ wird abgespeckt Angesichts des fast in allen Branchen beklagten Facharbeitermangels sieht er hier große Chancen, eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Von den derzeit in Hüllhorst lebenden Geflüchteten sind in Arbeit 146, arbeitssuchend 31, 17 befinden sich im Mutterschutz, 71 sind arbeitsunfähig (zum Beispiel aufgrund von Krankheit oder Alter), und 74 absolvieren derzeit Integrationsmaßnahmen. Drei Personen haben keine Arbeitserlaubnis. 154 Kinder und Jugendliche gehen entweder zur Schule oder befinden sich in einer Ausbildung. Kompetenzen und Potenziale von Menschen mit Migrationshintergrund fördern Ein Thema des Workshops war die &bdquo;Interkulturelle Öffnung“. Für ein friedliches Zusammenleben sei gegenseitiger Respekt und Akzeptanz sowie gegenseitiges Verständnis unabdingbar, ist Kahraman Tsikha überzeugt und sieht Integration auch als gesellschaftliche wie unternehmerische Aufgabe. Dafür sei interkulturelle Kompetenz unabdingbar - für Arbeitsvermittlerinnen und Fallmanager, für die Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung, für Unternehmen, für die ganze Bevölkerung. Ziel der Interkulturellen Öffnung sei es, Vorurteile und Zugangsbarrieren abzubauen und sich gegenseitig zu akzeptieren und zu respektieren. Für ihn ist es wichtig, dass die Kompetenzen und Potenziale von Menschen mit Migrationshintergrund erkannt und genutzt werden. Insgesamt sieht Kahraman Tsikha die Gemeinde auf einem guten Weg. Das sei nicht zuletzt auch den Ehrenamtlichen des Vereins &bdquo;MITTeinander“ zu verdanken. Ohne das Engagement der Ehrenamtlichen bei kulturellen und interkulturellen Veranstaltungen, Jugendprojekten, Spielnachmittagen, Kochkursen oder auch Begleitung zu Behördengängen und mehr, sei vieles so nicht leistbar. Schon Tradition in Hüllhorst ist das Internationale Sommerfest am &bdquo;Tag der Offenen Gesellschaft“, das am heutigen Samstag, 30. August, von 15 bis 18 Uhr im Evangelischen Gemeindehaus Am Eickhof 12 gefeiert wird. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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