Freude und große Angst: So unterschiedlich ist die Gefühlslage der Syrer in Altenbeken

Altenbeken. In Syrien überschlagen sich in dieser Woche die Ereignisse: Das Assad-Regime ist gestürzt, die Rebellen übernehmen die Macht, Israel bombardiert Stellungen im Land - es herrscht Chaos. Trotz allem ruft der neue Regierungschef Mohammed al-Bashir syrische Flüchtlinge zur Rückkehr auf. &bdquo;Die Freude ist bei allen groß, dass das Regime weg ist. Aber es herrscht trotzdem totale Unsicherheit, es gibt große Sorgen und Ängste“, beschreibt Amir Tadres, seit 2018 Sozialarbeiter der Gemeinde Altenbeken und zuständig für die Integration, die aktuelle Gefühlslage der knapp 150 Syrer, die in der Eggegemeinde leben. Seit Montag habe er mit vielen syrischen Flüchtlingen gesprochen. Fast alle hätten noch Kontakte in die alte Heimat zur Verwandtschaft oder zu Freunden. &bdquo;Aktuell plant keiner aus unserer Gemeinde, nach Syrien zurückzukehren, die Unsicherheit ist zu groß. Sie leben in Deutschland in Sicherheit und Frieden. Viele Kinder sprechen schon besser deutsch als arabisch. Und Heimat ist nur da, wo man auch leben kann. Viele haben in Syrien kein Haus, keine Wohnung und auch keine Arbeit mehr. Sehr viel ist dort zerstört“, fasst der 40-jährige gebürtige Ägypter die Gespräche zusammen. Vor allem die Minderheiten - Kurden, Alawiten und Drusen - hätten große Angst zurückkehren. &bdquo;Sie können sich auch nach dem Sturz von Assad dort nicht sicher fühlen. Keiner weiß wirklich, wohin sich Syrien in Zukunft entwickeln wird“, so Tadres. Da sich vor allem Syrer, die noch nicht so lange in Deutschland sind, vor einer möglichen Abschiebung fürchten, seien einige nun motivierter, die deutsche Sprache zu lernen. &bdquo;Sie nehmen es deutlich ernster“, hat der Integrationsbeauftragte ausgemacht. Lesen Sie auch: Rückkehr nach Syrien? Druck auf Flüchtlinge in Türkei wächst Syrer in Altenbeken sagt: &bdquo;Jetzt kann man die Früchte der Integration ernten“ Amir Tadres hält allerdings nichts von einer schnellen Abschiebung. &bdquo;Das wäre sehr schade. Man muss bedenken, dass viel Geld und Arbeit in die Integration der Geflüchteten gesteckt wurde. Jetzt kann man die Früchte ernten. Viele sind schon gut integriert, sprechen deutsch, sind in Ausbildung oder arbeiten. Und Deutschland braucht nicht nur Fachkräfte, sondern auch in vielen anderen Bereichen Arbeitskräfte.“ Zudem sei Syrien noch lange kein sicheres Land. Die kleine Gemeinde Altenbeken sei ein gutes Beispiel, dass Integration sehr gut gelingen könne, so Tadres. Das behauptet er nicht nur, er kann es mit Fakten und Zahlen belegen. Genau 149 Syrer wohnen aktuell in der Gemeinde, davon 76 in der städtischen Einrichtung am Ossensteg. Die anderen sind schon länger, zum Teil seit zehn Jahren in Deutschland, und haben laut Tadres eigene Wohnungen und arbeiten. Allein 15 Syrer sind in Buke bei der Firma Finke tätig und zuletzt konnte er auch vier, die erst seit Kurzem in Altenbeken sind, dorthin vermitteln. &bdquo;Neun haben ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, zwei sind noch in Ausbildung und drei studieren - einer wird bald fertig sein und ist dann Ingenieur“, beschreibt er auch noch einige junge Menschen, die er betreut. Mittlerweile seien einige auch schon nach Paderborn gezogen. Und seit 2020 haben schon 21 Syrer die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen. &bdquo;In dieser kleinen Kommune“, betont er. Schlüssel zum Erfolg ist das Erlernen der deutschen Sprache Der Schlüssel zur erfolgreichen Integration ist vor allem das Erlernen der deutschen Sprache. Das weiß er aus eigener Erfahrung. Als er mit seiner Frau 2013 aus Ägypten vor dem islamistischen Terror nach Deutschland floh, konnte er kein Wort Deutsch. Fünf Jahre später hat er Sozialarbeit studiert und ist bei der Gemeinde Altenbeken für die Integration zuständig. Und er hat die deutsche Staatsbürgerschaft. Lesen Sie auch: Sturz des Assad-Regimes sorgt bei jungem Syrer in Warburg für starke Emotionen &bdquo;Wir bieten in der Gemeinde eigene Sprachkurse im Integrationszentrum an, viel läuft auch ehrenamtlich. Auch im Familienzentrum in Buke gibt es die Kurse - extra für Familien und alleinerziehende Mütter. Altenbeken ist vorbildlich in Sachen Integration“, sagt er nicht ohne Stolz. Dass er arabisch spreche, sei ein großer Vorteil - und natürlich auch seine eigene Geschichte. &bdquo;Die habe ich 2018 erzählt und war für viele ein Vorbild. Jetzt sind die, die bei null neu angefangen haben und integriert sind, Vorbilder für ihre Kinder und andere mit dem gleichen Schicksal“, erläutert der 40-Jährige, der mit seiner Familie in Hövelhof lebt.

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