Junges Paar saniert alte Minden-Lübbecker Gaststätte und macht Mietwohnungen daraus

Hille/Minden. Andy Kricke (37) hält die Trockenbauplatte über den Kopf und Ehefrau Jana Kricke (31) schraubt sie an die Decke. Handgriffe, die die beiden schon aus dem Effeff beherrschen. Seit etwa drei Jahren räumen, schrauben und sägen sie sich durch den Altbau am Südhofsweg 25 in Hille. Jeden Tag nach der Arbeit geht es für das Paar auf die Baustelle. Doch die viele Mühe hat sich gelohnt: Vier Mietwohnungen sind aus dem etwa 900 Quadratmeter großen Gebäude bereits entstanden, zwei bis drei weitere sind in Arbeit. &bdquo;Ich bin ein Fan davon, Bestandsimmobilien zu erhalten“, sagt Andy Kricke zum Kauf des Hauses aus dem Baujahr 1904. Es ist nicht die erste Immobilie, die das Paar erworben und saniert hat. Bereits 2017 bauten sie eine alte Schmiede in Minden um. Dort bewohnen sie selbst eine Wohnung und vermieten drei weitere. Komplette untere Etage muss noch ausgebaut werden Doch die Arbeit in Minden sei kein Vergleich zu dem gewesen, was der gelernte Elektriker und die Krankenschwester bei ihrem zweiten Bauvorhaben in Hille leisten mussten. Während die obere Etage und der Anbau - ehemals Pommes Willi - bereits ausgebaut und alle vier Wohnungen vermietet sind, herrscht im Untergeschoss des Gebäudes noch der Rohzustand - hier wird das Paar noch einige Jahre mit Sanieren und Renovieren verbringen, sagt es. Und wer das Untergeschoss betritt, kann das bestätigen: Es ist kein Durchkommen. Vereinzelte Bierzeltgarnituren, Holzbalken und alte Stühle liegen als stumme Zeugen der Vergangenheit neben reichlich Kram wild übereinander gestapelt im Raum. Auch die alte Theke der Gaststätte Zillmer steht noch in voller Größe in der ehemaligen Wirtsstube. &bdquo;Der Vorbesitzer hat sie nicht verkauft gekriegt“, sagt Jana Kricke und zuckt mit den Schultern. Lediglich ein selbst geschaffener schmaler Weg erlaubt es dem Paar sich in der unteren Etage zu bewegen. Es ist noch viel zu tun - das meiste wollen die beiden wieder in Eigenleistung schaffen. &bdquo;Das Obergeschoss haben wir zu 90 Prozent selbst ausgebaut“, erklärt Andy Kricke. Trockenbau, Fliesen legen oder Küche aufbauen - alles kein Problem für den Elektriker, der in einer Aufzugsfirma arbeitet. &bdquo;Ich bin viel auf Baustellen und habe mir dort einiges von den anderen Handwerkern auf der Arbeit abgeschaut“, sagt er. Aber auch Anleitungsvideos im Internet seien hilfreich gewesen. &bdquo;Zudem ist mein Mann einfach ein Naturtalent“, ergänzt Jana Kricke. &bdquo;Einmal gesehen und er kann es - im Gegensatz zu mir.“ Zu 90 Prozent selbst ausgebaucht Die Krankenschwester arbeitet im Dreischichtsystem im Krankenhaus und kann nicht jeden Abend auf der Baustelle sein, aber sobald sie Frühschicht hat, sei sie da. In vielen Fällen bräuchte er auch zwei zusätzliche Hände, sagt Andy Kricke. Freunde um Hilfe bitten, möchte das Paar nicht. Dafür ist Andy Kricke zu perfektionistisch: &bdquo;Ich verlasse mich ungern auf andere Handwerker.“ Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von Jana Kay (@hoer_mal_wer_da_haemmert_2021) Das Hobby &bdquo;handwerkern“ hätte sich Jana Kricke freiwillig nicht selbst ausgesucht, aber sie sieht jetzt im Nachhinein die klaren Vorteile. Während ihr Mann schon immer den Traum hatte, ein Haus zu sanieren und zu vermieten, überwog bei ihr zunächst die Skepsis, gibt sie zu. 800.000 Euro Kreditschulden seien anfangs schon eine Hausnummer gewesen. Doch jetzt, wo die Raten durch die Mieten abgedeckt seien und sie sogar noch mehr Einnahmen als Ausgaben hätten, hat Jana Kricke mit der Entscheidung ihren Frieden gemacht. Ein Großteil des Überschusses soll nun in den weiteren Ausbau investiert werden. &bdquo;Die Wohnungen sind unsere Altersvorsorge“, sagt sie. &bdquo;Auf die Rente kann man sich nicht mehr verlassen“, ergänzt ihr Ehemann. Einrichtungsstil dem Altbau-Charme der Wohnung angepasst Deshalb legt er auch viel Wert darauf, dass mit seinem Eigentum gut umgegangen werde. Beim Besuch in der renovierten Obergeschoss-Wohnung, in der er seit dem Einzug der Mieter im Februar 2023 nicht mehr drin war, zeigt Andy Kricke sich stolz. Die Mieter haben ihren Einrichtungsstil dem Altbau-Charme der Wohnung angepasst. Vom Esszimmertisch aus Echtholz bis hin zu den langen hellen Gardinenschals - alles wirkt stimmig. &bdquo;Wir mussten gar nicht viel dekorieren“, gibt die Mieterin zu. Vieles erklärte sich von selbst, da bereits einige Einrichtungsgegenstände vorhanden waren, wie zum Beispiel die eingebaute Küche, die Deckenlampen oder die Badezimmermöbel. &bdquo;Wir haben das alles mit vermietet, damit Bewohner nicht viel durch die Wände bohren müssen und vielleicht sogar noch eine Wasserleitung treffen“, sagt Andy Kricke. Besonders gefallen hätten der Mieterin von Anfang an die hohen Decken, die großen Fenster und das knartschende Parkett. &bdquo;Ich habe mich auf Anhieb in die Wohnung verliebt“, sagt sie. Ein Lob, das die Vermieter strahlen lässt. Das war es, was das Paar bezwecken wollte. &bdquo;Graue Fliesen und weiße Türen haben alle. Wir wollten keine 0815-Wohnungen vermieten“, so Andy Kricke. Einige Türen, die nach dem Abschleifen der vielen Lackschichten noch halbwegs brauchbar waren, hat der Handwerker deshalb wieder eingebaut. Und wer von den beiden Bauherren hat beim Stil das Sagen? &bdquo;Das hat sich alles mein Mann ausgesucht“, gibt Jana Kricke zu. &bdquo;Wenn es nach mir gehen würde, wäre alles rosa und mit Glitzer.“ Das kleine Extra an der Wohnung ist der Balkon, der so zunächst gar nicht geplant war - wie viele Dinge während der Bauphase. Die Baubehörde habe es dem Paar nicht immer leicht gemacht. Natürlich mussten die Wohnungen nach neustem Standard saniert werden. Probleme mit der Baubehörde Das Gebäude bekam eine Gasheizung mit Solarthemie, neue Fenster mit Dreifachverglasung und eine Belüftungsanlage für jede Wohnung. &bdquo;Die hält den Schimmel fern“, erklärt Kricke. Außerdem wollte das Amt zunächst eine Wohnung, die nur eine Nordausrichtung hatte, nicht genehmigen. Hier kam die Idee mit dem Balkon ins Spiel. Später sollte das Treppenhaus - das noch so schön war - weg, weil es den Brandschutzvorkehrungen nicht mehr gerecht wurde. Auch die Fenster sollten bodentief werden. Die Liste der behördlichen Anforderungen war lang. &bdquo;Einiges konnten wir abwenden“, sagt Andy Kricke. Zum Beispiel bestellten sie ihren eigenen Brandschutzgutachter. Sie durften das Treppenhaus behalten, aber das Geländer musste höher werden. &bdquo;Mein Herz hat geblutet, als ich es zerschneiden und wieder neu zusammenzusetzen musste“, erinnert sich Kricke. Die Treppenhaus-Aktion habe das Paar zusätzliche 15.000 Euro gekostet, der Balkon noch einmal etwa 50.000 Euro. Von der Idee mit den bodentiefen Fenstern ließ das Bauamt nach einer Diskussion ab. &bdquo;Demnach gibt es auch noch schlimmere Bauämter“, sagt der Bauherr in Nachhinein beschwichtigend. Die Bauzeit habe ihm dennoch einiges abverlangt, gesteht Kricke. Auch Ehefrau Jana Kricke freut sich, wenn sie mit dem Projekt in vier bis fünf Jahren durch sind und sich dann dem restlichen Teil ihres Lebens widmen können. Kinder wären eine Option, sagt sie. Vielleicht könnte sie sich dann auch mehr ihrem Nebengewerbe widmen: Dem Brautstyling. &bdquo;In die Richtung würde ich gerne mehr machen“, so die 31-Jährige. Und auch Andy Kricke hat sich beruflich verändert: Seit diesem Jahr hat er ein Nebengewerbe angemeldet: Er bietet seine Dienste bei der Sanierung alter Häuser an. Mehr Informationen zu den beiden gibt’s auf ihrem Instagram-Kanal hoer_mal_wer_da_haemmert_2021.

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