Ehefrau in Espelkamp getötet - Fachberaterin weiß: „Das kann überall passieren“

Espelkamp/Lübbecker Land. Sabrina Stork arbeitet im Espelkamper Hexenhaus, einer in ganz OWL bekannten Anlaufstelle für Frauen in Not. Was sich am Karsamstag am südlichen Graudenzer Weg in Espelkamp abgespielt hat – ein 44-jähriger Mann hat in der gemeinsamen Wohnung mutmaßlich seine Frau getötet und sich anschließend selbst verletzt – beschäftigt sie sehr. Insbesondere beruflich, denn sie leitet im Hexenhaus den Fachbereich Schutz und Beratung. Im Gespräch mit nw.de erläutert sie, wie es zu solchen Taten kommt und wo sie die Ursachen für Femizide sieht, Tötungsdelikte, die an Frauen aufgrund ihres Geschlechts begangen werden. Hintergrund: 44-Jähriger soll Ehefrau getötet haben 2023 ereignete sich in Deutschland fast jeden Tag ein Femizid, erinnert Sabrina Stork an das Ende vergangenen Jahres von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorgestellte Lagebild des Bundeskriminalamtes zu Straftaten gegen Frauen und Mädchen. Was sich am Karsamstag in Espelkamp abgespielt habe, sei deshalb alles andere als ein Einzelfall. Im Gegenteil: Michael Kretschmer, Vizepräsident des Bundeskriminalamtes, hatte im November vergangenen Jahres festgestellt: &bdquo;Wir müssen davon ausgehen, dass es weiterhin ein großes Dunkelfeld in diesem Phänomenbereich gibt und die tatsächlichen Zahlen, insbesondere in den Bereichen häusliche und digitale Gewalt, noch wesentlich höher sind.“ Zu den Ursachen für Gewalt gegen Frauen betont Sabrina Stork, diese habe weder etwas mit dem Alter, der Nationalität oder der Gesellschaftsschicht zu tun. Femizide seien ein &bdquo;Geschlechter-Phänomen“. Gewalt gegen Frauen, so ihre Erfahrung, beginne mit Alltags-Sexismus und gesellschaftlicher Ungleichbehandlung. So werde in vielen Familien ein &bdquo;klassisches Rollenbild gelebt“: Die Frau verrichte &bdquo;Care-Arbeit“, kümmere sich um Haushalt und Familie. Unbezahlt, was sie in eine finanzielle Abhängigkeit von ihrem Lebenspartner bringe. Rote Schuhe und orangefarbene Bänke als Zeichen Erschwerend hinzu kommt laut Stork, dass häusliche Gewalt noch immer ein Tabu-Thema sei. Um das zu ändern, haben sich im vergangenen Jahr unter anderem das Hexenhaus und die städtische Espelkamper Gleichstellungsbeauftragte Kerstin Ramm an der kreisweiten Aktion &bdquo;Rote Schuhe“ beteiligt: An der Breslauer Straße auf Höhe der Drogerie Müller symbolisierten rote Schuhpaare die 2024 in Deutschland bei Femiziden getöteten Frauen. Zur Aktion: Rote Schuhe gegen Femizide und Gewalt an Frauen Wer stehengeblieben sei und sich erkundigt habe, sei erschrocken gewesen über die hohe Zahl an Gewalttaten gegen Frauen, erinnert Kerstin Ramm sich. Viele Fußgänger seien aber auch vorbeigegangen und oder hätten sich ganz im Hintergrund gehalten. Wie Sabrina Stork bezeichnet auch sie Gewalt gegen Frauen als &bdquo;gesellschaftliches Problem“ und ist froh, das Hexenhaus in der Nähe zu haben. Das sei eine fachlich ausgezeichnete Einrichtung, an die sie Ratsuchende gern verweise. Als wichtig, um das Thema Gewalt gegen Frauen aus der Tabuzone zu holen, bezeichnet Sabrina Stork neben der Aktion Rote Schuhe auch die zwei orangefarbenen Bänke als öffentliches Zeichen gegen Gewalt an Mädchen und Frauen. Aufgestellt worden waren diese Anfang April vor der Sekundarschule Preußisch Oldendorf. Darüber hinaus müsse das Thema aber auch überall in die Schulen hineingetragen werden, fordert Stork, denn häusliche Gewalt sei &bdquo;kein Privatproblem“. Was Prävention betrifft, sagt sie, diese müsse &bdquo;früh und flächendeckend“ erfolgen. Gerade hinsichtlich der Arbeit mit Männern beziehungsweise mit den Tätern. Bei den Erwachsenen sind das in der Regel Männer, wie auch die polizeiliche Kriminalstatistik 2024 für Minden-Lübbecke zeigt. Zum Thema: Orangefarbene Bänke machen auf Gewalt an Mädchen und Frauen aufmerksam Trennungsphase ist die gefährlichste für Frauen Übereinstimmend sagen Kerstin Ramm und Sabrina Stork, der aktuelle Fall von Femizid in Espelkamp habe nichts mit der Stadt zu tun: &bdquo;Das kann überall passieren.“ Ob Trennungsabsichten auch in diesem Fall eine Rolle gespielt haben, darüber gibt es bislang keinerlei Informationen. Bei zwei anderen Gewalttaten – die eine ereignete sich 2020 in Preußisch Oldendorf, die andere 2021 in Espelkamp – spielte die Trennung der Frau von ihrem Mann eine Rolle, bevor die Frauen getötet wurden. Sabrina Stork fasst das so zusammen: &bdquo;Es geht um Macht und Kontrolle. Statistisch gesehen, ist die Phase der Trennung für die Frau die gefährlichste.“ Mehr Infos: Mann erschießt Ex-Frau in Preußisch Oldendorf .responsive23-Vh4b4LFzQvTHzyi2-bar-stacked-vertical-opfer-haeuslicher-gwalt-mord { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-Vh4b4LFzQvTHzyi2-bar-stacked-vertical-opfer-haeuslicher-gwalt-mord { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-Vh4b4LFzQvTHzyi2-bar-stacked-vertical-opfer-haeuslicher-gwalt-mord { padding-top: 142.86%; } } Bei Gewalt gegen Frauen, so ihre Erfahrung, gebe es immer Warnsignale und eine Vorgeschichte. Die seien in vielen Fällen auch für Außenstehende sichtbar. Deshalb weist Sabrina Stork nicht nur auf die Möglichkeit einer anonymen Beratung für Opfer hin, sondern auch für Freunde, Bekannte, Nachbarn – für jeden, der etwas mitbekomme. Stork: &bdquo;Deshalb bitte genau hinschauen.“ Es sei besser, einmal zuviel das Hexenhaus, die Polizei oder das Jugendamt zu verständigen, als ein bedrohtes Mädchen oder eine Frau dem Schicksal zu überlassen. Das Hexenhaus in Espelkamp ist montags bis donnerstags von 8.30 bis 16.30 Uhr und freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr erreichbar unter Telefon (05772) 9737-0 und per Mail unter kontakt@hexenhaus-espelkamp.de. Das Frauenhaus ist Tag und Nacht erreichbar unter Telefon (0180) 5446444. Lesen Sie auch: Tödliche Schüsse in Espelkamp

Meistgelesen