Musikschule für fast 1.000 Schüler aus dem Lübbecker Land gerettet

Espelkamp/Rahden/Stemwede. Die deutschen Musikschulen kämpfen seit der Corona-Pandemie mit dem Rücken an der Wand ums Überleben. Das gilt auch für den Musikschulverband Espelkamp, Rahden, Stemwede. Wiederholt hatte Musikschulleiter Christian Wöbking in Fachausschüssen der verbandsangehörigen Gemeinden über die finanzielle Situation &bdquo;seiner“ Schule berichtet. Den Stein ins Rollen gebracht hatte das sogenannte &bdquo;Herrenberg-Urteil“. Das Urteil entstand aus einem Fall in Herrenberg, bei dem ein Musiklehrer auf Honorarbasis an einer Musikschule tätig war. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) stellte fest, dass die Tätigkeit des Lehrers den Kriterien einer abhängigen Beschäftigung entsprach und somit sozialversicherungspflichtig war. Der Bundessozialgerichtshof entschied daraufhin, dass dies auf alle entsprechend beschäftigten Honorarkräfte an Musikschulen umzusetzen sei. Die kürzlich tagende Verbandsversammlung stimmte deshalb der Überführung der Honorarkräfte zum Tarifvertragssystem des öffentlichen Dienstes (TVöD) zu. Das hat konkrete Auswirkungen zum einen auf die Arbeitsverträge der angestellten Kräfte der Musikschule, als auch allgemein auf die finanzielle Situation der kommunalen Musikschule. Alle werden an den Kosten beteiligt Die Verbandsversammlung, die im Espelkamper Rathaus zusammentrat, beschloss die von Wöbking vorgetragene Kompromissvariante zur Umsetzung des Urteils. Was ist damit gemeint? Dies bedeutet eine &bdquo;maßvolle Erhöhung der Umlage“ und eine &bdquo;Beteiligung aller an den Mehrkosten“. Wöbking berichtet, dass dann die Gebühren noch einmal um viereinhalb Prozent erhöht werden müssten. Gleichzeitig sprach er von &bdquo;maßvollen Einsparungen von Unterrichtseinheiten“ sowie – als mittelfristige Lösung – vom frühzeitigen Renteneintritt langjährig beschäftigter Lehrkräfte. Noch einmal deutlich an der Gebührenschraube zu drehen, erscheint auch Wöbking sehr gewagt, zumal die Gebühren insgesamt zum 1. August dieses Jahres um 20 Prozent erhöht wurden. Somit kosten vier Mal 45 Minuten Einzelunterricht im Monat inzwischen 108 Euro. Zuvor lag der Satz noch bei 90 Euro. Weitere Gebührenerhöhungen sind bislang schon für die Jahre 2025 und 2026 von jeweils drei Prozent beschlossen worden. Lesen Sie auch: Musikschule im Lübbecker Land vor großem Umbruch: Was sich für Schüler ändern könnte Teil der jetzt beschlossenen Kompromissvariante, darauf wies Wöbking im Gespräch mit nw.de ausdrücklich hin, sei die Tatsache, dass die Jahreswochenstunden aller Lehrkräfte des Musikschulverbandes auf insgesamt etwa 300 reduziert worden seien. Damit könne man die finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedskommunen abfedern. &bdquo;Wir bekommen damit Luft, um weiter arbeiten zu können“, sagte der Musikschulleiter. 17 Musikerzieher unterrichten 950 Schüler Konkret betroffen seien aktuell sechs Lehrkräfte von der Umstellung der Verträge. Insgesamt arbeiten 17 Musikerzieher für die Verbandsmusikschule in verschiedenen Unterrichtsorten in den drei Kommunen Espelkamp, Rahden und Stemwede. Sie unterrichten aktuell etwa 950 Schülerinnen und Schüler – eine im Vorjahr nur leicht gesunkene Zahl. Wöbking wies darauf hin, dass zwei weitere Lehrkräfte bis zum Ende des Jahres hinzukommen würden. Auch die Stelle der bekannten Musikschullehrerin Mechthild Bräckling, die vor allem in Rahden aktiv war, werde wieder besetzt. Wichtig seien vor allem die musikalische Früherziehung, die &bdquo;unbedingt weitergeführt werden muss“, so Wöbing. Ebenso sollen die Unterrichtseinheiten für Violine und Blockflöte wieder gestärkt werden. Der Schwerpunkt Tanz an der Grundschule Levern soll ebenfalls weiterlaufen und vielleicht sogar ausgebaut werden. Aufgrund der Stunden-Reduzierungen habe man den Einzelunterricht inzwischen zugunsten des Gruppenunterrichts in Einzelfällen reduziert. Wöbking räumte ein, dass dies bereits zu Beschwerden von Eltern geführt habe. Er appellierte an alle Beteiligen, Verständnis für die prekäre Situation der Musikschule zu haben, damit &bdquo;das sehr vielfältige Programm auf Dauer aufrechterhalten werden kann“. Dies gelte auch für die Ensemble-Arbeit, die er am liebsten weiter ausbauen möchte. &bdquo;Wir müssen aber jetzt erst einmal abwarten, wie sich die Zahlen insgesamt entwickeln und ob wir mit den jetzt eingeleiteten Vorgaben weiterkommen“, machte er deutlich. Weitere Erhöhung unausweichlich Um eine weitere Erhöhung über die bereits beschlossenen Beträge für 2025 und 2026 komme man wohl nicht drumherum. So muss die kommende Verbandsversammlung wahrscheinlich über eine 4,2-prozentige Erhöhung der Einzelunterrichts-Gebühr entscheiden. Ebenso wie eine vielleicht notwendige &bdquo;maßvolle“ Erhöhung der Umlagesummen. Dennoch gibt es auch Positives zu berichten. So hatte er tief in den Unterlagen gegraben und folgende Entdeckung machen können: 2018 betrugen die Kosten pro Schüler noch 650 Euro, in diesem Jahr liegen sie bei 393 Euro. Wöbking: &bdquo;Das hat einfach damit zu tun, weil wir so viele sind und sich die Angebote auf so viele Kinder und Jugendliche verteilen. Und damit verringern sich natürlich auch die Kosten.“ Er hofft, dass es weiterhin mit der Akzeptanz nach oben geht und die Politik die Arbeit der öffentlichen Musikschule weiterhin unterstützt.

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