
Espelkamp. Trotz Haushaltssicherungskonzept, das in den kommenden zehn Jahren die Aus- und Einnahmen der Verwaltung fest im Blick hat, soll das Projekt Neubau- oder Sanierung des Rathauses weitergeführt werden. Zum einen müsse das vorhandene Gebäude dringend saniert werden, weil das Feuerschutzkonzept nicht mehr den aktuellen rechtlichen Vorgaben entspricht und auch andere Anforderungen nicht mehr von dem aus den 60er-Jahren stammenden Bau erfüllt werden. Zum anderen soll der gesamte innerstädtische Kernbereich rund um Wilhelm-Kern-Platz mitsamt Bürgerhaus, das auch saniert werden muss, neu gestaltet und konzipiert werden.
Doch dazu müssen erst einmal die nötigen finanziellen Rahmenbedingungen geklärt werden. Der jetzt vorliegende Abschlussbericht des Büros Dreese & Sommer soll dazu den Leitfaden bilden und auch Grundlage der politischen Diskussion sein. Darauf hatte man sich mehrheitlich bereits Mitte 2022 in einer Grundsatzentscheidung im Rat geeinigt. Nunmehr liegen sechs Varianten vor, die einer Bewertungsanalyse entspringen, die von besagtem Büro erstellt worden sind (die NW berichtete). Die Bandbreite reicht von Sanierung des vorhandenen Gebäudes bis hin zum Neubau im Stadtentwicklungsgebiet Adient-Gelände, das letztendlich vor den Toren der Innenstadt auf dem ehemaligen Naue-Gelände erst noch entwickelt und saniert werden müsste.
Auch das Büro hatte sich nach seinen Analysen bereits auf eine Variante geeinigt. Es bevorzugt grundsätzlich einen Neubau, weil sie, so der Planer vor den Ratsmitgliedern, „an anderer Stelle wesentlich kostengünstiger und wirtschaftlicher als eine Sanierung des Bestandes“ sei.
Gesamtkosten reichen von 50 bis 67 Millionen Euro
Wie bereits berichtet, gibt es in der Grobkonstruktion laut Büro bei einer Sanierung im Bestand einmalige Investitionskosten in Höhe von 41,5 Millionen Euro, denen Betriebskosten von 0,8 Millionen Euro zugrundeliegen. Die Betriebskosten belaufen sich bei dieser Variante auf 0,8 Millionen Euro. Die zweite gleichermaßen hohe Investitionskosten verschlingende Variante ist die eines Neubaus am bisherigen Standort mit einmaligen Investitionskosten von 41 Millionen Euro und Betriebskosten von 0,6 Millionen Euro.
Rechnet man die Gesamtkosten über die gesamte Laufzeit von 25 Jahren zugrunde, käme die erste Variante auf 67 Millionen Euro und die letztgenannte Alternative auf 60,1 Millionen Euro. Alle weiteren vier errechneten Varianten, die sich an Neubauten an neuen Standorten, wie beispielsweise auf dem Adient-Gelände orientieren, käme man auf Gesamtkosten von um die 50 Millionen Euro und seien somit deutlich günstiger, wie Dreese & Sommer berechneten.
Das Büro hatte auch schon eine vorsichtige Grobterminplanung errechnet und - sollte es dabei bleiben - mit der Fertigstellung bei der Sanierungsvariante im Bestand im November 2029 gerechnet, wohingegen alle übrigen Varianten auf Juli 2030 bzw. Oktober 2030 landeten. Die Planer gingen dabei davon aus, das in der Ratssitzung nach der Sommerpause mit einer Entscheidung zu den Varianten ausgegangen wird. Damit könne auch eine konkrete Ausarbeitung der entscheidenden Varianten starten.
Bunkeranlage soll erhalten bleiben

Anschließend würden sich weitere Planungen und Untersuchungen von Möglichkeiten für die Bunkeranlage, die erhalten werden soll und die Vorbereitung eines Architektenwettbewerbes anschließen. Parallel stehe insbesondere die Fördermittelakquise im Fokus, die sich beispielsweise mit Städtebaufördermitteln und von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beschäftigen sollte.
Auch Bürgermeister Henning Vieker hält diese Richtung für wichtig und richtig und auch für realistisch, wie er in der Ratssitzung betonte. „Es ist wichtig, dass wir uns das alle in den Sommerferien anschauen, da bleibt ja sicherlich genügend Zeit. Es ist das größte Projekt für die Stadt in den kommenden Jahren.“ Dem stimmte auch CDU-Mehrheitsführer Thomas Rogalske zu, der diesen Weg ebenfalls beschreiten möchte und dazu auch keine Alternative sieht.
Das sehen aber nicht alle im Rat vertretenden Fraktionen so. Stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender Hartmut Stickan wies deutlich darauf hin, dass im Haushaltssicherungskonzept (HSK) „an keiner Stelle auf dieses Projekt hingewiesen wird“. Es seien keine Summen berücksichtigt worden. Außerdem sei die öffentliche Förderung von Rathäusern seiner Meinung nach „sehr eingeschränkt worden“. Stickan: „Für uns ist diese Planung ohne gesicherte Finanzierungsgrundlage ein Wolkenkuckucksheim.“ „Das ist fast so wie ’Wünsch dir was’“.
Auch Unabhängigen-Mitglied Bernd Selig hat den Eindruck, dass „das wohl eher etwas ist wie ’Wünsch dir was’“. Ursprünglich sei man von einer Summe in Höhe von 25 Millionen Euro ausgegangen. Schon jetzt liege man bei 35 bis 40 Millionen Euro. „Wie soll das nur weitergehen?“, fragte sich Selig.
Fraktionskollege Paul-Gerhard Seidel meinte nur, dass man erst über realistische Planungen nachdenken könne, wenn man auch die Fördermöglichkeiten im Blick habe und eine Berechnung erhalte, über das, was denn überhaupt möglich sei. Die Frage sollte doch sein, was man sich überhaupt in Zeiten des HSK noch leisten könne. Außerdem solle die Meinung der Bevölkerung dazu eingeholt werden.
André Stargardt (SPD) machte deutlich, dass man „sachlich über die Dinge diskutieren könne, wenn man vernünftige Grundlagen besitzt“. Im Übrigen kritisierten die übrigen Fraktionen von FDP und auch die Grünen den „von der Verwaltung und vom Bürgermeister ausgehenden Zeitdruck, der „so nicht notwendig ist“.