Hohe Nitratbelastung des Trinkwassers im Raum Espelkamp und Rahden

Espelkamp. Viele Bürger kamen an den Informationsstand der gemeinnützigen Organisation VSR-Gewässerschutz in Espelkamp, um ihr Brunnenwasser untersuchen zu lassen. Es waren zahlreiche Brunnenbesitzer dabei, die wissen wollten, ob sie im Notfall das Wasser auch zum Trinken nutzen können. &bdquo;Gerade für Familien mit Säuglingen und Kleinkindern ist es wichtig, dass das Wasser keine höhere Nitratbelastung von 50 mg/l aufweist“, so Susanne Ba-reiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz. Sie erklärt: &bdquo;Wenn Babynahrung aus Wasser mit hohen Nitratkonzentrationen zubereitet wird, kann es bei Säuglingen zur Blausucht kommen. Dies ist eine Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff und kann für Kleinkinder lebensbedrohlich sein.“ Leider musste jeder siebte Brunnenbesitzer erfahren, dass der Nitratgrenzwert der Trinkwasserverordnung überschritten ist. Zu viel Nitrat in Babynahrung kann lebensbedrohlich sein Insgesamt wurde das Wasser von 38 privat genutzten Brunnen aus dem Raum Rahden – Espelkamp – Hille – Minden analysiert. Milan Toups und Matthias Ahlbrecht fanden bei den Untersuchungen 126 Milligramm Nitrat pro Liter in einem privat genutzten Brunnen in der Altgemeinde. Weitere mit Nitraten stark verschmutzte Brunnen stellten die Umweltschützer in Rahden mit 79 Milligramm pro Liter (mg/l), in Fiestel mit 58 mg/l, in Isenstedt mit 69 mg/l und in Eickhorst mit 103 mg/l fest. Der gemeinnützige Verein setzt sich bereits seit vielen Jahren für den Schutz des Grundwassers ein. Die Mitglieder werten nicht nur die Ergebnisse der Nitratmessungen des Brunnenwassers aus, sondern auch die regionalen landwirtschaftlichen Daten. Anhand dieser Recherchen können die Umweltschützer erkennen, welche landwirtschaftliche Nutzung besonders zur Nitratbelastung beiträgt. Auf ihrer Homepage sind die aktuellen Auswertungen veröffentlicht. Weizenanbau auf 19 Prozent der Ackerflächen Bei ihrer Recherchearbeit sei den Gewässer-Experten aufgefallen, dass gerade in den Kreisen, in denen viel Weizen angebaut werde, auch eine höhere Nitratbelastung vorliege, heißt es in einer Mitteilung der Organisation weiter. Im Kreis Minden-Lübbecke mache der Weizenanbau bereits 19 Prozent der Ackerflächen aus. Der Weizen sei eine der wichtigsten Nahrungsnutzpflanzen der Welt. Durch eine zusätzliche späte Düngung des Weizens werde ein besonders hoher Eiweißgehalt des Getreides erreicht – heutzutage immer noch ein Qualitätsmerkmal für besonders gute Backeigenschaften. Der Dünger werde häufig nicht mehr vollständig von den Pflanzen aufgenommen und die überschüssigen Nitrate würden dann ins Grundwasser ausgewaschen. Der VSR-Gewässerschutz fordert, dass diese Nitratauswaschung von den Weizenfeldern vermieden werden muss. &bdquo;Der Eiweißgehalt wird fälschlicherweise immer noch ausschließlich als Qualitätskriterium für die Verwendung als Backweizen angesehen“, so Susanne Bareiß-Gülzow. &bdquo;Das kritisieren bereits zahlreiche Wissenschaftler. Dabei ist schon lange bekannt, dass auch hervorragende Brote mit weniger Eiweiß gebacken werden können.“ Weizen sollte zur Ernährungssicherheit beitragen Ein sehr hoher Anteil des angebauten Backweizens lande heutzutage in den Futtertrögen, weil er aufgrund zu niedriger Proteinwerte nicht diesen Qualitätsanforderungen entspreche. &bdquo;Der hier angebaute Weizen sollte der Brotherstellung dienen und zur Ernährungssicherheit beitragen“, bemerkt Susanne Bareiß-Gülzow. Es sei fatal, dass sich weltweit der hohe Eiweißgehalt des Weizens etabliert habe. Der VSR-Gewässerschutz fordere ein Umdenken des Handels. Die Anforderungen an Backweizen müssten umfangreicher bewertet werden – ein hoher Proteinwert sei nicht allein ausschlaggebend für die gute Backeigenschaft des Getreides. Es müsse dringend verhindert werden, dass die Trinkwasservorräte durch den Weizenanbau weiterhin mit Nitraten belastet werden. Dass dies gelingen kann, zeige ein Vorzeigeprojekt aus Bayern. Hier würden bereits einige Landwirte auf die Spätdüngung des Weizens verzichten. Das Getreide weise dann zwar tatsächlich einen geringeren Eiweißgehalt auf, dennoch entstehe daraus ein hervorragendes Brot. In der Initiative Wasserschutz-Brot haben sich Landwirte, Müller, Bäcker und Wasserversorger zusammengeschlossen mit dem gemeinsamen Ziel, das Trinkwasser vor Belastungen zu schützen. Bei den Kunden seien die Backwaren sehr beliebt und einige Bäckereibetriebe hätten sogar vom Deutschen Brotinstitut Auszeichnungen für das Wasserschutz-Brot erhalten. &bdquo;Umso unverständlicher, dass dieses erfolgreiche Projekt in Bayern bisher noch keine Nachahmer in anderen Bundesländern gefunden hat“, so der VSR-Gewässerschutz. Die gemeinnützige Organisation fordere auch andere Bundesländer und Regionen Deutschlands auf, sich diesem Modell anzuschließen und mit vergleichbaren Projekten am Schutz der Grundwasservorräte vor Belastungen aus der Landwirtschaft zu beteiligen. Gemeinnützige Umweltschutzorganisation treibt umweltpolitische Maßnahmen voran Durch Brunnenwasseruntersuchungen könnten die Mitglieder vom VSR-Gewässerschutz Belastungen des Grundwassers frühzeitig und umfassend erkennen. Gefährdung von Menschen durch die Nutzung von Grundwasser könne so verhindert werden. Mit ihren Messkampagnen treibe die gemeinnützige Umweltschutzorganisation umweltpolitische Maßnahmen voran, heißt es in der Mitteilung weiter. Der VSR-Gewässerschutz zeige, dass die bisherigen politischen Maßnahmen nicht ausreichten, um die Trinkwasserressourcen für weitere Generationen zu sichern.

Meistgelesen