Prekäre Corona-Lage in Espelkamp: Unbelehrbare "Christen" fallen auf

Espelkamp. Die Zahl der Corona-Infizierten in Espelkamp steigt und steigt, ohne dass Ordnungsamt oder Polizei konkret Gruppen benennen, die dazu beitragen. Nach Angaben von Polizeisprecher Ralf Steinmeyer führt die Kreis-Polizei keine Statistik: &bdquo;So können wir keine belastbaren Angaben zu Altersgruppen, Nationalität oder Religion machen." Die von den Beamten gefertigten Anzeigen würden der jeweils zuständigen Kommune zu Bearbeitung übersandt. Laut den beiden Wachleitern Frank Meyer in Lübbecke und Sven-Otto Deubel in Espelkamp verhalten sich die Menschen im Lübbecker Land grundsätzlich nicht aggressiv gegenüber den Einsatzkräften. Mitunter sei allerdings eine energische Ansprache, ein Platzverweis oder die Androhung der Ingewahrsamnahme von Nöten, wenn zum Beispiel jemand sich weigere, beim Betreten eines Geschäftes eine Maske zu tragen. Die Gründe für ein derartiges Verhalten sind Steinmeyer zufolge &bdquo;vielfältig und reichen von Gleichgültigkeit bis hin zur Uneinsichtigkeit". Hohe Zahl von Flugblättern im Umlauf Auffällig hoch ist Leserangaben zufolge die Zahl der Flugblätter, die in Espelkamp, dem Corona-Hotspot des Mühlenkreises, kursieren. Mal sind es Mediziner, mal Juristen, mal besorgte Eltern, die sich an die Bürger wenden und unter dem Vorwand angeblich wissenschaftlicher Argumente mitteilen, was sie von den Corona-Schutzmaßnahmen halten: gar nichts. Gleiches lässt sich auch für einzelne Espelkamper Christen feststellen, die ihren Glauben und ihre Auslegung der Bibel über alles stellen – auch über Hygienemaßnahmen, Maskentragen und Abstand halten, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Im NW-Archiv findet sich beispielsweise folgendes über eine Espelkamperin: 2001 hat sie ihren Gesellenbrief als Friseurin bei der Lossprechungsfeier in der Stadthalle Lübbecke erhalten. 2015 überreichte sie mit anderen CDU-Fraktionsmitgliedern eine Spende im Real-Life-Jugendcafé am Bahnhof in Espelkamp. Das Geld war beim Weihnachtsmarkt zusammengekommen. 2016 gehörte sie zum Weltgebetstag-Team, der in Espelkamp, nachzulesen in einer Dokumentation des katholischen &bdquo;Pastoralverbunds Lübbecker Land" von damals, seit vielen Jahren am ersten Freitag im März &bdquo;in guter ökumenischer Gemeinschaft" gefeiert wurde. "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen" Im November dieses Jahres kommentiert sie auf der Internetseite &bdquo;Gesunde-Gemeinden.de", betrieben von einer &bdquo;Stiftung der Brüdergemeinden in Deutschland" einen Artikel, in dem es unter anderem heißt: &bdquo;Ich soll mir Youtube-Videos anschauen. ... Videos über Bill Gates und Impfungen. Predigten über den Auftrag der Christen, den Staat auf die Sicherung der demokratischen Grundrechte zu verpflichten. ..." Die Kernbotschaft ist eine andere: &bdquo;Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." Die Espelkamperin merkt dazu an, dass sie Informationen durch das Wort Gottes &bdquo;durchsiebt", dann höre sie und versuche zu erkennen, was Gott von ihr in der Situation wolle. Aufschlussreich ist auch das Facebook-Profil der Frau. Danach stammt sie aus dem Südwesten Russlands, ist 54 Jahre alt, und arbeitet oder hat gearbeitet in verschiedenen Berufen. Außerdem ist sie &bdquo;selbstständig beim Jesus Christus". Pfarrer spricht von "Angriff auf Gottes Schöpferordnung" Sie postet Artikel mit Überschriften wie &bdquo;Wie Multikulti-Schule die Bildungsnation ruiniert", &bdquo;Linke und Islamisten Hand in Hand", Videos, in denen davor gewarnt wird, sich gegen Corona impfen zu lassen – auch weil Frauen dadurch angeblich unfruchtbar werden. In weiteren von ihr geposteten Videos erklären die Autoren sich solidarisch mit dem wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilten Pfarrer Olaf Latzel, der Anfang September auch in Pr. Oldendorf gepredigt hatte. Latzel hatte sich unter anderem abwertend über Homosexualität geäußert und kritisiert, der &bdquo;ganze Genderdreck" sei eine Art &bdquo;Angriff auf Gottes Schöpferordnung". Auch Beiträge von &bdquo;Klagemauer-TV" sind bei der Espelkamperin zu finden. kla.TV ist ein Medienkanal, der &bdquo;antisemitische Verschwörungstheorien und esoterische Lebenshilfe vermischt" (Zeit.de) und zur Sekte &bdquo;Organische Christus Generation" (OCG) mit Sitz in der Schweiz gehört. Sie selbst fühlt sich allerdings dem zur Kommunalwahl gegründeten &bdquo;Bündnis C" zugehörig. Zu den Mitgliedern von Bündnis C, Nachfolger der Partei bibeltreuer Christen, in Espelkamp steht seit der jüngsten Kommunalwahl Dietrich Janzen. Der sollte eigentlich Spitzenkandidat der mit den Querdenkern verbandelten AfD werden. Stattdessen stieg er auf zum Kreisvorsitzenden und stellvertretenden Landesvorsitzenden beim Bündnis C. Gemeinsam wollten Bündnis C und AfD die absolute Mehrheit der CDU in Espelkamp brechen, was misslungen ist. Bündnis C und AfD wollten in Espelkamp Mehrheit der CDU brechen Janzen gehört zu den mehr als 200 Facebook-Freunden der besagten Espelkamperin, die sich in diesen Tagen lange Rededuelle mit anderen Mitgliedern einer Espelkamper Facebookgruppe liefert. Der Bündnis-C-Vorsitzende bezweifelt die &bdquo;Verhältnismäßigkeit" der Anti-Corona-Maßnahmen und bagatellisiert offen die Zahl der Corona-Toten im Kreisgebiet. Ins Bild passt, dass er Sprüche postet wie &bdquo;Ein Infizierter ohne Symptome steckt einen anderen an, der dann auch keine Symptome hat. Fertig ist die Pandemie." Janzens Sympathie für die AfD verbindet ihn mit der Espelkamperin, die eine AfD-Seite und ein -Profil mit &bdquo;Gefällt mir" markiert hat. Janzen ist mit mehreren AfD-lern bei Facebook befreundet. Zu seinen Social-Media-Freunden zählt beispielsweise ein Mann, der den AfD-Rechtsaußen Björn Höcke in sein Profilbild eingebettet hat mit dem Spruch: &bdquo;Wir entscheiden selbst, wen wir reinlassen." Als der rechte Rand der AfD sich am 24. August 2018 zum sogenannten &bdquo;Hermanns-Treffen" in Augustdorf traf, war Janzen nach eigener Darstellung vor Ort. Zu den Gästen zählte unter anderem der bekannteste Rechtsaußen der Partei: Thüringens AfD-Chef Björn Höcke. Verbindungen zum verurteilten Pastor Olaf Latzel Eine weitere Gemeinsamkeit von Janzen und der Espelkamperin ist ihr Facebook-Freund F.. Der hat eine Bibelschule besucht und ist &bdquo;Pastor bei Reich Gottes". Fs Verbindungen führen zu einem christlichen Medienhaus, aber auch zu einer Facebook-Gruppe namens &bdquo;Solidarität mit Olaf Latzel", dem verurteilten Volksverhetzer. Zurück zu besagter Espelkamperin. Sie ist neuerdings bei der &bdquo;Bürgerinitiative Deutschland" unterwegs, die durch eindeutige Posts wie diesen auffällt: Unter der sogenannten &bdquo;Merkel-Raute" steht der Spruch: &bdquo;Mit dieser Hand kam der Terror ins Land." Von fundamentalistischen Christen verursachte Probleme thematisiert die Seite hingegen nicht.

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