Espelkamp-Gestringen. Der Schock über die geplante Schließung des Gemeindezentrums schlägt um in Wut. Bei der Dorfversammlung der Dorfgemeinschaft war sogar von Ausritt und rechtlichen Mitteln die Rede. Bernd Wlotkowski kündigte eine Unterschriftenaktion an und fordert die Gestringer dazu auf, beim kommenden Gottesdienst Flagge zu zeigen.
Durch die Gemeinde Gestringen geht ein tiefer Riss. Auf der einen Seite stehen Pastor und Presbyterium, auf der anderen viele Bürger, die gar nicht glauben können, wie ihnen hier geschieht. Ihm sei rätselhaft, wie es zu dieser Abstimmung kommen konnte, meinte ein Teilnehmer.
„Ich habe sogar darauf hingewiesen, dass dieser Weg, Beschlüsse zu fassen, ohne vorher eine Gemeindeversammlung einzuberufen, ein Unding ist."

Ein anderer meint den Grund zu kennen: „Die wollten sich wohl der Kritik entziehen. Es gab sogar die Aussage: „Wir ziehen das jetzt durch." Gleich mehrere Teilnehmer äußerten den Verdacht, dass die ganze Sache von oben (also von der Kirchenleitung) angestoßen worden sein müsse. „Ein Presbyter kommt doch nicht auf die Idee, das Gemeindezentrum Gestringen schließen zu wollen." Offenbar seien die hiesigen Presbyter nur „Abnicker".
"Der Schock sitzt tief"

Bei Bernd Wlotkowski, erster Vorsitzender der Gestringer Dorfgemeinschaft, sitzt der Schock tief. Als er nach seinem Urlaub von der geplanten Schließung erfahren habe, sei seine erste Reaktion gewesen: „Das kann doch nicht wahr sein."
Gemeinsam mit dem Förderverein „Gemeindezentrum Gestringen" habe er deshalb einen Handzettel erstellt – das Motto: „Unsere Kirche soll im Dorf bleiben" und „Wir kämpfen für den Erhalt der evangelischen Trinitatis-Kirche". „Nach 40 Jahren soll nun endgültig Schluss sein. Das wurde ohne Kenntnis und Beteiligung der Gemeinde hinter verschlossenen Türen beschlossen", schreibt Wlotowski kopfschüttelnd. Als „kirchliche Heimat unserer beiden Dörfer" müsse das Haus erhalten bleiben, fordert er. Immerhin hätten die Gestringer und Fabbenstedter zu Bau und Erhalt der Kirche beigetragen.
Der Verdacht, den viele Bürger haben: Hier wird „gekungelt", die Presbyter spielen ein „falsches Spiel". Wlotkowski formuliert das eleganter, aber auch er hat einige Fragen an das Gremium: „Warum ist die Gemeinde nicht vor dem Beschluss informiert worden, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen und die Zukunft zu gestalten?"
"Gibt es Interessenten für das Gebäude?"
Und wieso stimmen die Zahlen der Presseinformation nicht mit den später genannten Zahlen überein (statt 700 Gemeindemitglieder in Gestringen/Fabbenstedt zählt die Dorfgemeinschaft etwa 1.200?
Eine andere Frage, die sich in dem gemeinsamen Papier von Förderverein und Dorfgemeinschaft findet: „Warum wird geleugnet, dass es bereits Interessenten für den Kauf des Gebäudes gegeben hat und bereits eine Begehung stattgefunden hat, bevor die Gemeinde informiert wurde?". Woher hätten die Interessenten das wissen können? „Wurde aktiv gesucht? Steht der Verkauf möglicherweise schon fest?"
Das Problem wird hier schon deutlich. Aufgrund des intransparenten Agierens seitens der Presbyter schießen – teils wilde – Spekulationen ins Kraut. Will sich die Kirche die Taschen vollmachen? Immerhin sei das Objekt ein „Sahnestück" und weit über eine Million Euro wert. Weil die Presbyter nicht mit sich reden lassen – Gespräche mit dem Förderverein wurden abgelehnt – und kaum etwas nach außen dringt, machen sich die Gemeindemitglieder ein eigenes Bild.
Immerhin gibt es einen Hoffnungsschimmer
Ob das alles stimmt? Dazu könnte nur das zuständige Gremium beitragen. Offenbar glaubt Finanzkirchmeister Wilhelm Schnelle immer noch, dass die jetzt exerzierte Vorgehensweise (also zuerst den Beschluss zu fassen, dann über die Presse zu informieren und als letztes die Info-Veranstaltung zu machen) „eine friedensstiftende Wirkung" gehabt habe. Sonst sei „ein Streit programmiert" gewesen. Tatsächlich sind viele Bürger der Meinung, dass genau diese Vorgehensweise zum Streit geführt hat.Immerhin: einen Hoffnungsschimmer gibt es. Das Presbyterium hat die Tür noch nicht vollends zugeschlagen. Wenn bis zum 31.Oktober ein „tragfähiges Konzept" vorliegt, kann die Schließung noch abgewendet werden. Bernd Wlotkowski zweifelt das Verfahren zwar an („wie soll das gehen, wenn man nicht miteinander redet – Vertrauen bildet man so nicht").
Der Vorsitzende des Fördervereins, Uwe Lomberg, kündigte an, ein solches Konzept vorlegen zu wollen. Montag soll über die Vorschläge abgestimmt werden, dann werde man an das Presbyterium herantreten. Mehrere Gemeindemitglieder waren skeptisch: „Das Problem ist, dass dieses Konzept von den Presbytern beurteilt wird. Und wenn die sagen, das lehnen wir ab, kann man wenig tun", meinte Einer.
Ein anderer kann sich sogar vorstellen, „dass die Presbyter längst Nägel mit Köpfen gemacht haben. Wie der Kirchmeister gesagt hat: das ziehen wir durch". Wlotkowski kündigte weitere Aktionen für den Erhalt der Kirche an. Zunächst sollen Handzettel in der Gemeinde verteilt werden, daneben auch Unterschriftenlisten. Als sichtbarer Protest sollen Buttons für den Erhalt der Trinitatis-Kirche dienen. „Die könnten wir schon zum nächsten Gottesdienst tragen und so zeigen, das wir wollen, dass die Kirche im Dorf bleibt", sagte Wlotkowski.
Das Gespräch mit den Presbytern will er weiter suchen. „Redet mit uns, korrigiert Eure Entscheidungen", forderte er das Gremium auf. Es würde viel Mut erfordern, die eigenen Entscheidungen zu überdenken. Ein Teilnehmer stieß ins gleiche Horn: „Wir sollten schauen, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist und immer gesprächsbereit bleiben", sagte er. Andererseits sei man durchaus bereit für den Erhalt des Zentrums zu kämpfen. „Man sollte nicht vergessen, wie viel ehrenamtliche Arbeit in der Kirche steckt, die die Kirche sonst hätte bezahlen müssen".