AfD-Wähler in Bad Oeynhausen: Die Lust am Untergang

Die Rückgewinnung von Vertrauen scheint die Arznei der Wahl zu sein, die Demokratie zu retten. In den Chor dieser Diagnostiker stimmte jüngst gar der Bundespräsident ein. Die politischen Parteien hätten ihre Hausaufgaben zu machen, um dem Souverän in Gestalt der Wahlberechtigten wieder zu gefallen. Diese Sicht der Dinge ist nicht wirklich neu und wird immer gerne zum Besten gegeben, wenn beim Souverän die Bereitschaft wächst, sich auf ein &bdquo;Viertes Reich“ einzulassen. Die Drohung mit der AfD sei nur Mittel zum Zweck, ein verzweifelter Versuch, die demokratische Mitte wieder auf Linie zu bringen, heißt es noch immer zur Erklärung dieses heißen Flirts von immer mehr Wahlberechtigten mit den Kandidaten von Höckes Gnaden. In Bad Oeynhausen holte sich der AfD-Bürgermeisterkandidat trotz Reichsadler-Tattoo und einem mehr als zweifelhaften Doktortitel 15,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Als das Ergebnis manifest wurde, war die Fassungslosigkeit im Ratsaal mit Händen zu greifen. Erstmals konnte man den Eindruck gewinnen, dass auch altgediente Kommunalpolitiker deshalb mit dem Gedanken spielten, öffentlich an der Zurechnungsfähigkeit von Teilen des Wahlvolks zu zweifeln. Sie taten es nicht, denn Wählerbeschimpfung ist vielleicht das größte Tabu der Demokratie. Fälschungsvorwürfe: Vierter Professor widerspricht AfD-Doktor aus Bad Oeynhausen .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-mfhRy3hnS0OJApdE-bar-horizontal-gemeinderatswahl-wahl-gewinne { padding-top: 142.86%; } } AfD-Wähler roden den Baum, auf dem sie sitzen Doch ein Gedankenexperiment ist die Wählerbeschimpfung schon wert: Was wäre, wenn jene, die mitunter seit Jahrzehnten ihre Freizeit der öffentlichen Sache opfern und dafür sorgen, dass die unmittelbare Lebenswelt lebenswert bleibt, sich Häme und Hetze beugen und dem Souverän ihre Mandate vor die Füße werfen? Ohne sie hätte der qua AfD orchestrierte Zorn der verhätschelten Wutbürger keinen Adressaten mehr. Die selbsternannten Jäger der etablierten Parteien stünden ohne Beute dar. Das Gros der AfD-Wähler dürfte schnell feststellen, dass sie die Opfer der nationalistischen, neoliberalen bis libertären AfD-Programmatik sind. Diese Wähler hätten nicht den Ast abgesägt, auf dem sie sitzen, sondern den Baum gerodet. Dumm nur, dass man den nicht wieder einpflanzen kann. Doch zu dieser Erkenntnis wird es in unserem Gedankenexperiment nicht kommen, denn die Bilanz der noch zweiköpfigen AfD-Fraktion im Rat der Stadt Bad Oeynhausen verrät, dass Fleiß nicht zu ihren Tugenden zählt. Nicht ein AfD-Antrag ist aktenkundig. Deshalb dürfte es egal sein, ob sich zwei oder bald zehn AfD-Mandatsträger nicht um die Stadt und ihre Menschen kümmern. Mehrheitssuche in Bad Oeynhausen: &bdquo;Es wird keine Koalition mit der AfD geben“ Populismus verdingt sich halt den Lautesten und Pöblern Und wenn der letzte Migrant remigriert wurde, werden die AfD-Wähler feststellen, dass kein &bdquo;Biodeutscher“ ihre Bettpfannen wird leeren wollen. Stattdessen drohen sie wider die ökonomische Vernunft, gar den Krankaufstandort Rahden zu retten. Das dürfte dann früher oder später dazu führen, dass in der Kurstadt für die Standorte der Mühlenkreiskliniken die Lichter komplett ausgingen. Doch Populismus verdingt sich halt den Lautesten, den Trollen und Pöblern, die skrupellos die Algorithmen der sozialen Netzwerke mit ihrem Hass mästen, der dann zum &bdquo;Volkswillen“ erklärt wird. In ihren, ihnen zur Welt gewordenen Echokammern dröhnt es derart infernalisch, dass sie nicht mehr vernehmen wollen oder können, dass jene, für die sie das Getöse aufführen, an den einfachsten Ansprüchen scheitern. Der mutmaßlich falsche AfD-Doktor lässt schön grüßen. Sie plärren anstandslos ohne Unterlass und klagen, dass man nicht mehr sagen dürfe, was man denke. Was sie treibt, ist eine diffuse Lust am Untergang. Auch die Erwartungshaltung von Teilen des Souveräns offenbart ein Missverständnis. Der Vorwurf, &bdquo;die tun nichts für mich“, macht das deutlich, denn Politiker, auch Kommunalpolitiker, sind nicht Dienstleiter im Auftrag des Wählers, sondern dessen Repräsentanten. Bürgermeister im Interview: &bdquo;Bündnisse mit Radikalen bringen uns nicht weiter“ .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { padding-top: 76.92%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-jUQxVD5Ft4j6fTsQ-parl-gemeinderatswahl-wahl-sitze { padding-top: 100%; } } Mandatsträger müssen nicht nach der Wähler-Pfeife tanzen So gesehen ist der Begriff &bdquo;Wählerauftrag“ nicht wirklich zielführend, denn mit der Stimmabgabe solidarisiert sich der sie Abgebende mit den Zielen einer Partei oder Gruppierung. Das heißt aber nicht, dass die Mandatsträger nach der Pfeife ihrer Wähler zu tanzen haben. Vielleicht ist es längst überfällig, dass die konstruktiven Kommunalpolitiker ihre dem Respekt vor dem Wähler geschuldete Zurückhaltung aufgeben und sagen, was sie von jenen denken, die ihr Kreuz bei der AfD machen? Dann könnten sie die überflüssige, den Parteien zu verdankende Konkurrenz im Rat hinter sich lassen und als Kollegialorgan der Exekutive ihre Zeit der Zukunft der Stadt widmen. Dann zählen die Ideen und die Umsetzungskompetenz. Dann ist die historische Errungenschaft der kommunalen Selbstverwaltung gerade in Krisenzeiten das Bollwerk gegen die blinde Zerstörungswut der Rechtsextremisten. Noch ist Zeit dafür – noch! Kritik am Bürgermeister: Linke wirft Lars Bökenkröger vor, rechtsextremes Gedankengut zu normalisieren

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