Vorstandssprecher der Volksbankchef Ostwestfalen geht in Rente

Bad Oeynhausen/Herford. Um 5.45 Uhr aufstehen, um 6.15 Uhr frühstücken, um 7.30 Uhr im Büro. Und auch danach ist der Tag von Andreas Kämmerling, Co-Vorstandschef der Volksbank in Ostwestfalen, in der Regel stramm durchgetaktet mit Kundengesprächen, Konferenzen, Meetings. Eine straffe Tagesstruktur, die allerdings bald ihr Ende erreicht. Denn am Dienstag, 1. Juli, tritt Andreas Kämmerling nach über 45 Jahren im Dienste genossenschaftlicher Banken in den Ruhestand. Der so ruhig aber auch nicht werden soll, wie der Bankmanager im Gespräch mit der Neuen Westfälischen durchblicken lässt. Geboren wurde Andreas Kämmerling am 3. Juli 1963 am Rande des Sauerlandes, in Fröndenberg an der Ruhr. Jahrgang 63 - ist der Mann da nicht zu jung für die Rente? &bdquo;Ich bin ja relativ früh angefangen, mit 17“, berichtet Kämmerling. Und schildert seinen Weg in die Banklehre: &bdquo;Ich hatte zuerst die Idee, in den Autohandel zu gehen. Meine Mutter fand das aber nicht ganz so gut. Die hat dann in der Zeitung eine Anzeige gesehen, in der die Bank Auszubildende suchte“, erzählt Kämmerling. &bdquo;Mensch, wär das nicht was für dich?“, habe seine Mutter ihn gefragt. Er habe sich vorgestellt und nach drei Wochen eine Zusage bekommen. &bdquo;Ich war in Mathe immer gut, das war mein Steckenpferd. Das gab dann auch den Ausschlag für die Bankausbildung“, erklärt Andreas Kämmerling. Irgendwann war er das Pendeln über die A2 leid Und so begann 1979 seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Genossenschaftsbank Lendringsen. Dort arbeitete Andreas Kämmerling als Kundenberater, bis er 1985 zur Volksbank Unna wechselte. Der entscheidende Wechsel folgte sechs Jahre später: Im April 1991 fing er bei der Volksbank Bad Oeynhausen an. In die Kurstadt verschlug ihn die Liebe - und eine Kur. Die allerdings fand in Bayern statt, wohin ihn sein Hausarzt wegen Rückenproblemen geschickt hatte. &bdquo;Dort habe ich dann meine jetzige Frau kennengelernt“, berichtet Andreas Kämmerling. Die kam aus Vlotho. Was dem jungen Kämmerling jahrelanges Pendeln über die A2 bescherte. &bdquo;Das war ich dann irgendwann leid und ich bin nach Vlotho gezogen“, berichtet er. Die Volksbank Bad Oeynhausen, bei der Andreas Kämmerling damals als Kundenberater startete, war ein überschaubares Geldinstitut mit 500 Millionen D-Mark Bilanzsumme und 75 Mitarbeitern. Heute ist Kämmerling Co-Vorstandsvorsitzender der &bdquo;Volksbank in Ostwestfalen“ mit 10,3 Milliarden Euro Bilanzsumme und 1.300 Mitarbeitern. Dazwischen liegen sechs Fusionen: die der Volksbank Bad Oeynhausen mit der Volksbank Vlotho 1992, mit der Spar- und Darlehnskasse Volmerdingsen 1998, mit der Volksbank Herford 2000, mit Enger-Spenge 2011, mit der Volksbank Mindener Land 2020 und schließlich der Zusammenschluss 2024 mit Bielefeld-Gütersloh zu einer der größten Volksbanken in Deutschland. Das liest sich, als sei Andreas Kämmerling sein ganzes Berufsleben nur mit Fusionen befasst gewesen. Kämmerling winkt ab und halbiert: &bdquo;Ich bin ja erst 2009 in den Vorstand gekommen“, gibt er zu bedenken. Aber die letzten drei Fusionen, doch, die habe er aktiv als Vorstand begleitet. Lesen Sie auch: Volksbank investiert in Filialneubau in BadOeynhausen-Volmerdingsen &bdquo;Wenn wir nicht mitwachsen, kommen wir an unsere Grenzen“ Was aber trieb Bank und Banker dazu, immer größer werden zu wollen? &bdquo;Wir haben ja ein relativ stark ausgeprägtes Firmenkundengeschäft. Da gibt es eine Reihe starker Mittelständler, die stark gewachsen sind. Und wenn wir da nicht mitwachsen, dann kommen wir kreditmäßig an unsere Grenzen, dann bist du da nicht mehr gefragt. Genauso im Auslandsgeschäft, im Immobiliengeschäft oder dem Private Banking“, erklärt Kämmerling. Der Marktbereich der neuen Volksbank in Ostwestfalen umfasst den größten Teil des Kreises Minden-Lübbecke, die Kreise Herford und Gütersloh und die Stadt Bielefeld. Eine wirtschaftlich extrem starke Region, wie Kämmerling bestätigt: &bdquo;Ich sehe diesen Bereich unter den Top-5-Wirtschaftsregionen in Deutschland.“ Kämmerling sieht hier auch einen guten Branchenmix. &bdquo;Sicher, in Löhne ist die Küchenmöbelindustrie sehr stark vertreten. Aber auch um die mache ich mir keine Sorgen. Das sind alles gut geführte Familienunternehmen“, sagt der Bankchef. Ist nun aber auch das Ende der Fusionen erreicht? &bdquo;Das werde ich ja nicht mehr mit entscheiden. Aber ich denke, wir haben jetzt eine Größenordnung erreicht, die es auch erst einmal intern zu verkraften und zu gestalten gilt. Das war im letzten Jahr auch für unser Rechenzentrum mit Abstand die komplexeste Fusion bundesweit“, sagt Kämmerling. Zum Erbe, das Kämmerling seiner Volksbank hinterlässt, gehören drei Bauprojekte in Bad Oeynhausen: In Eidinghausen, Volmerdingsen und in der Südstadt werden aktuell drei Volksbank-Filialen neu gebaut. Was für den scheidenden Volksbankchef auch in Zeiten von Online-Banking und SB-Filialen kein Anachronismus ist. &bdquo;Gerade im Individual-Kunden-Geschäft ist das Bankgeschäft immer noch ein People-Business“, sagt Kämmerling. Will heißen: Die Kunden legen Wert auf den direkten menschlichen Kontakt. Ein Nachlass mit drei Baustellen in Bad Oeynhausen Auch in Herford habe die Volksbank auf eigene Filialen gesetzt. Das Gebäude des Regionalzentrums an der Werrestraße hatte die Bank 20 Jahre angemietet. &bdquo;Das haben wir kurz vor der Fusion mit der Volksbank Mindener Land gekauft“, berichtet Kämmerling. Der Neubau in Eidinghausen sei schon lange vor der jüngsten Fusion geplant gewesen - auch wegen des Zustandes des Altbaus. &bdquo;Ich übertreibe mal: Gefühlt jede dritte Woche ein neuer Rohrbruch. Und energetisch bei weitem nicht mehr auf dem neuesten Stand“, sagt Kämmerling. &bdquo;Firmenkundengeschäft, Private-Banking, Baufinanzierung – das alles kommt wieder nach Eidinghausen“, verspricht Kämmerling. Der Bau in Volmerdingsen hat eine eigene Vorgeschichte: Die Volksbank hatte am ZOB in Bad Oeynhausen Teileigentum erworben, die Filiale und eine Etage darüber. &bdquo;Der Standort aber hat sich nicht so entwickelt, wie es sich sicher auch die Stadtväter gewünscht hätten“, urteilt Kämmerling. Man habe dann die Teilimmobilie am ZOB im Paket mit Volmerdingsen und Kirchlengern an einen Investor verkauft. In Volmerdingsen aber sei die Volksbank immer stark gewesen. &bdquo;Die alte Spadaka hatte in Volmerdingsen einen Marktanteil von 70 Prozent. Grandios“, berichtet der Banker. &bdquo;Und wir haben heute noch super Kundenverbindungen. Da haben wir entschieden: Wir bauen neu: eine kleine, überschaubare und personenbesetzte Filiale.“ In der Südstadt, an der Detmolder Straße, sei die Filiale immer ein bisschen zu klein gewesen. Die Volksbank habe eigentlich ein anderes Grundstück für einen Neubau ins Auge gefasst. &bdquo;Wir hatten schon einen Plan, bis ich dann in der Zeitung über Kobusch gelesen habe und dachte: Mensch, warum bist du nicht auf Kobusch gekommen?“, erzählt Kämmerling. Er habe dann den Immobilienunternehmer Hans-Helmut Funhoff angerufen, der die Immobilie des Haushaltswarenhändlers Kobusch gekauft hatte. &bdquo;So sind wir auf den Standort Süd gekommen. Da machen wir unten ’ne schöne Filiale rein und oben ist Platz für elf Wohnungen“, sagt Kämmerling. Der &bdquo;Grauhaarige“ will Existenzgründer beraten Auch wenn der Kalender des vielbeschäftigten Bankers ab Juli deutlich übersichtlicher aussehen wird - Angst vor Langeweile hat Andreas Kämmerling nicht. 35 Jahre lang hat er früher Handball gespielt. &bdquo;Ich werde auf jeden Fall wieder mehr Sport machen. Neue Laufschuhe habe ich schon gekauft“, berichtet er. Heimat der Familie Kämmerling, zu der auch zwei inzwischen erwachsene Töchter gehören, ist seit 1991 das ländlich gelegene Elternhaus seiner Frau in Vlotho. Zu dem gehört ein großer Gemüsegarten - bisher eher Domäne seiner Ehefrau. Und auch ein alter Trecker, ein Deutz D 15, den Andreas Kämmerling künftig in Stand setzen möchte. Und dann ist da noch das alte Motorrad, das auf Ausfahrten ins Lipperland wartet. Doch auch sein Wissen aus fast 46 Jahren Bankkarriere will Andreas Kämmerling nicht gänzlich ruhen lassen. &bdquo;Bei der IHK gibt es einen Mentorenservice zur Unterstützung von Jungunternehmern. Die Unterlagen habe ich mir schon kommen lassen“, berichtet der fast 62-Jährige. &bdquo;Ich möchte gerne Existenzgründer und junge Unternehmer mit meinem Wissen unterstützen – wenn die denn so einen Grauhaarigen anfordern.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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