Die Angst in Bad Oeynhausen vor dem Windrad

Bad Oeynhausen. Das Nachdenken sollte im Voraus stattfinden, postulierte der niederrheinische Kabarettist Hanns Dieter Hüsch – eine Weisheit, die auf die Widersprüche der Sprache und auf Planung anzuwenden wäre, will man Zukunft gestalten. Nun hat die ach so schlimme Ampelregierung die Kommunen dazu verdonnert, eine Wärmeplanung vorzulegen, um die Dekarbonisierung der Republik voranzutreiben und das Land weniger anfällig zu machen für das Chaos nach der Zeitenwende. Und so machte sich auch Bad Oeynhausen auf, zu planen, wie man zukünftig zu heizen gedenke, denn bis 2045 will Bad Oeynhausen die Klimaneutralität beim Heizen erreicht haben. Das ist ambitioniert, insbesondere dann, wenn man auf einen der wichtigsten Energieträger in vorauseilender Anerkennung des Istzustandes verzichtet: die Windkraft. Nur zur Einordnung: Rund 33 Prozent des erzeugten Stroms bzw. 136,4 Terawattstunden (TWh) stammten 2024 in Deutschland aus Windkraft - Tendenz steigend. Nun ist die Windkraft den Deutschen ein Scheinglück, dessen Strahlkraft schwindet, je näher es an sie heranrückt. Der Kampf gegen die Windmühlen erscheint mehr und mehr mehrheitsfähig. Die nun als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD-Chefin Alice Weidel wetterte im Bundestagswahlkampf gegen Deutschlands wichtigste Stromquelle, als wäre sie eine Ritterin der traurigen Gestalt: &bdquo;Und ich kann ihnen sagen, wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande.“ Man möge ihr und den Ihren einen Sancho Pansa wünschen, der Don Quijote darauf aufmerksam macht, dass die Windmühlen keine feindlichen Riesen seien, sondern nur Windmühlen. Lesen Sie auch: Neue Flächen für Windräder in OWL – Beschluss des Regionalplans steht bevor Don Quijote nannte der spanische Schriftsteller Miguel de Cervantes seinen traurigen Helden. Cervantes, der Don Quijote auf Rosinante in den Kampf gegen die Windmühlen schickte, ging es um die Widersprüche des Lebens, seine Anachronismen, vom Kampf der Ideen gegen die Realität, von erträumten Siegen und den Niederlagen, in denen alle Träume versinken. In Bad Oeynhausen muss man zumindest diese &bdquo;Donquijoterie“ der gesichert rechtsextremen AfD nicht fürchten, denn das im Entwurf der Wärmeplanung ausgewiesene Potenzial zur Windstromerzeugung liege in Bad Oeynhausen bei 0 Gigawattstunden im Jahr. Grund dafür sei die zersiedelte Bebauungsstruktur in den ländlichen Bereichen der Kommune, sodass sich bei Ansatz eines Abstandes von 700 Metern keine potenziellen Flächen innerhalb der Gemeindegrenze ergäben. Puh, Glück gehabt! Die Angst vor der Mühle scheint zu grassieren Bad Oeynhausen ist nicht dafür bekannt, im Umgang mit der Zukunftsfähigkeit der Stadt die Konfrontation zu suchen, indem es seinen Bürgern etwas zumutet - zum Beispiel Windräder. Und da trifft es sich prima, dass das Land Nordrhein-Westfalen, das gemäß Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) bis 2032 1,8 Prozent der Landesfläche für die Windenergie ausweisen muss, ganz Bad Oeynhausen für einen ungeeigneten Standort hält. Hier gelte es hellhörig, nicht blauäugig zu sein, um erneut Hanns Dieter Hüsch zu bemühen. Denn nichts ist im Zeitalter der totalen Unübersichtlichkeit so valide wie ein Plan, selbst wenn er &bdquo;nur“ Mindestabstandregelungen für Windmühlen vorschreibt. Doch die Angst vor der Mühle scheint zu grassieren: Nur ein Bad Oeynhausener hielt es für geboten, der Planung mit Verweis auf die nicht feststellbare Bedeutung der Windkraft für die Stadt zu widersprechen. Dabei wiegt man sich mit der planerischen Nichtbeachtung der Windkraft in trügerischer Sicherheit, wenn in der Nachbarschaft fröhlich an der erneuerbaren Zukunft gebaut wird. Lesen Sie auch: Kein Platz für Windräder in Bad Oeynhausen? Kritik an der Wärmeplanung 2024 wurden in Deutschland 2.405 Windenergieanlagen an Land mit einer Leistung von 14.056 Megawatt (MW) neu genehmigt – ein Rekordwert, der in den kommenden Jahren zu einem weiteren Zubau führen wird. In NRW drehen sich derzeit 3.838 Windräder mit einer Gesamtleistung von 7.892 Megawatt. Eine Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 5 Megawatt erzeugt rund 10 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr, womit sie bilanziell gut 3.000 Haushalte versorgen kann. Der Kreis Minden-Lübbecke lag im vergangenen Jahr auf Platz vier der attraktivsten Standorte für Windkraftanlagen in NRW. Windkraft ist und wird immer mehr zum Standortfaktor und natürlich kann man als Kommune darauf vertrauen, dass die Nachbarn es schon richten werden, und selbst stattdessen auf Nahwärme setzen. Die wird aber überwiegend aus fossilen Energieträgern erzeugt, ist relativ teuer und wird von regionalen Monopolen angeboten, deren Preisgestaltung sogar die scheidende Bundesregierung für intransparent hält. Jetzt gehört der Nahwärme-Monopolist in Bad Oeynhausen der Stadt und die räumt dem der Planung widersprechenden Bürger nur widerwillig ein, dass auch in Bad Oeynhausen Windräder entstehen könnten, wenn niemand im Umfeld auf die Abstandsregeln bestehe. Deshalb fragt der Einwänder sich zu Recht: &bdquo;Will der derzeitige Rat private Investitionen in die wirtschaftlichste erneuerbare Energie im Gemeindegebiet verhindern?“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

Meistgelesen