Bad Oeynhausen testet digitale Wasserzähler: Das Ende der Ableserei

Bad Oeynhausen. Der Wasserbedarf der Badestadt ist groß. Vergangenes Jahr haben die Stadtwerke 2,8 Millionen Kubikmeter Wasser ins Netz geschickt. Die Nachbarstadt Löhne hat bloß 1,8 Millionen Liter Wasser verschluckt. Für beide Städte gilt jedoch: Nicht jeder Tropfen ist auch angekommen. Wegen Rohrbrüchen und Leckagen im Netz ist einiges daneben gegangen. So ein Rohrbruch fällt meist erst nach mehreren Tagen auf, weil jemand knöcheltief im Wasser steht. Sollte das Wasser aber heimlich und unerkannt versickern, würde das erst auffallen, wenn jemand den Zähler abliest und den hohen Verbrauch errechnet. Doch wer räumt schon regelmäßig das Gerümpel im Keller und die Spinnweben zur Seite und kontrolliert seinen Wasserzähler? &bdquo;Ich“, sagt Susanne Brants, die für Trinkwasser zuständige Geschäftsbereichsleiterin der Stadtwerke. &bdquo;Ich gucke mindestens einmal im Monat und das empfehlen wir auch allen unseren Kunden.“ Lesen Sie auch: Paderborner Paar bekommt digitale Wasseruhr - Verbrauch steigt um das Achtzehnfache 500 weitere Zähler noch in diesem Jahr In Zukunft könnte die Zählerkontrolle automatisch laufen. Dann bräuchten die Stadtwerke auch kein Personal zum Ablesen vorbei zu schicken. Ein erster Schritt zur Automatisierung ist getan. Die Stadtwerke testen derzeit digitale Wasserzähler. 41 dieser Geräte sind nach Auskunft von Projektleiter Felix Berger bereits installiert. 500 weitere sollen noch in diesem Jahr folgen. Die digitalen Zähler sind vor allem im Innenstadtbereich im Einsatz. Bewerben konnten sich Wasserkunden dafür nicht. Die Stadtwerke haben die Standorte ausgewählt. Das wichtigste Kriterium: Die Zähler mussten ihre Zählstände auch an die Stadtwerke senden können. Auch interessant: Bad Oeynhausen nimmt an Forschungsprojekt teil: Geklärtes Abwasser soll genutzt werden Die Zähler funken täglich den Verbrauch Dann kann das Wasserwerk aber sofort ganz genau sehen, wo und wann ungewöhnlich viel Wasser aus dem Netz fließt. Genau einen solchen Fall erzählt Sabine Brants, fürs Trinkwasser zuständige Geschäftsbereichsleiterin der Stadtwerke Bad Oeynhausen. Ein Hausbesitzer und Teilnehmer des Pilotprojekts war nicht zu Hause, erzählt sie. Das Wasserwerk bemerkte aber den ungewöhnlichen Verbrauch und informierte den Kunden. Wie sich herausstellte, war eine Leckage im Haus die Ursache. Die digitalen Zähler haben anstelle einer mechanischen Wasseruhr eine andere Zählvorrichtung, beispielsweise über Ultraschall. Die Ergebnisse senden die Zähler verschlüsselt über Funk. Jeder Zähler hat eine Batterie und einen Sender. Die Stadtwerke testen derzeit Geräte, die täglich ihre Nummer und den Wasserstand melden. Die Geräte stehen nicht nur bei Kunden, sondern sind auch an Schlüsselstellen im Wassernetz im Einsatz. Angesichts der Dürre im vergangenen Frühjahr und der angespannten Versorgungssituation im Süden der Stadt nach dem Rohrbruch unter der Werre haben die Stadtwerke damit eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit, Spitzenverbräuche zu erkennen. Das hilft womöglich, die Wasserverteilung zu verbessern. Fernwärmefirma NEO hat gleiche Technik Die Empfangsantennen für das Signal der digitalen Wasserzähler stehen vor allem im Innenstadtbereich. Darum beschränkt sich das Pilotprojekt auf das Gebiet rings um den Kurpark und den Süden der Stadt. Die Stadtwerke profitieren dabei von Technik, die von der Stadtwerketochter für Fernwärme, der Neue Energien Bad Oeynhausen (NEO), angeschafft wurde. Die NEO will ihr Fernwärmenetz ebenfalls über diese Technik kontrollieren. Doch auch wenn die Technik ähnlich ist und die Antennen dieselben sind, sind die Systeme doch strikt getrennt. Die Datensicherheit sei gewährleistet, so Brants. Projektleiter Felix Berger erklärt das Verhältnis der NEO-Technik zur Wasserzählertechnik so: &bdquo;Das ist wie bei zwei verschiedenen Telefonanlagen.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke Technik sollte vor Testphase sicher sein Die Stadtwerke sind übrigens nicht die ersten, die solche digitalen Zähler testen. &bdquo;Wir haben so lange gewartet, bis die Technik sicher ist“, sagt Susanne Brants. Und bis mehrere Hersteller auf dem Markt waren. Das Pilotprojekt wird von der Gelsenwasser AG unterstützt, die mit den Stadtwerken Bad Oeynhausen auch gemeinsam die Fernwärmefirma NEO betreiben. In dem Pilotprojekt werden LoRaWAN-Zähler eingesetzt. Die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung &bdquo;Long Range Wide Area Network“, frei übersetzt bedeutet das: ein Funknetz mit großer Reichweite. Und Reichweite ist gut, die Zähler stehen nämlich meistens im Keller. Zugleich ist LoRaWAN aber auch ein Funk-Übermittlungsstandard, der wenig Energie verbraucht. Das ist für die Stadtwerke genauso wichtig. Digitale Zähler sind teurer - aber sparen auch Kosten Schließlich benötigen digitale Wasserzähler anders als die alten Geräte elektrischen Strom. Die Zähler haben Batterien, die ein paar Jahre durchhalten können, damit sie zuverlässig Zählerstände senden. Bislang werden Wasserzähler alle sechs Jahre überprüft und gegen frisch geeichte Geräte getauscht. Diese Zeitspanne gilt, so Brants, auch für die digitalen Zähler. Je nachdem, wie gut die Batterien sind, halten die digitalen Zähler länger. Und wenn sie funktionieren, müssen sie nicht getauscht, sondern bloß kontrolliert werden. Das verlängert die Lebenszeit des ganzen Zählers. Ob auch die Ökobilanz stimmt, müssen die Hersteller noch nachweisen. Wie lange digitale Zähler angesichts der enormen Wasserhärte in Bad Oeynhausen überleben, soll das Pilotprojekt herausfinden. Die andere Fragestellung ist: Was kostet das? Diese Frage stellte auch Stadtwerke-Verwaltungsratsmitglied Axel Nicke (BBO) bei der letzten Verwaltungsratssitzung. Er wollte wissen, was den einzelnen Wasserkunden für Mehrkosten erwarten - bei seinem Stromanbieter sei der Zähler nach dem Wechsel auch teurer geworden. Wasserzähler werden allerdings nach Durchflussgröße berechnet. Und die Auswirkungen für die Wassergebühren sollen erst in dem Pilotprojekt ermittelt werden. &bdquo;Die laufenden Kosten der digitalen Zähler fallen höher aus als bei mechanischen Zählern“, sagt Projektleiter Felix Berger. Er stellt die Kosten für Zähler, Technik und Personaleinsatz den Einsparungen durch die Automatisierung gegenüber. Wie groß der Unterschied ist, wird sich in dem Projekt zeigen. Mehr Kontrolle über Wasserverbrauch Die neue Ablesetechnik hat Potenzial. Das LoRaWAN-Netz, so Berger, könne sich mit Blick auf eine intelligente Stadt weiterentwickeln. Kombiniert mit Sensoren zur Bodenfeuchtigkeit könnten die Zähler helfen, den Wasserverbrauch zu optimieren. Mit den Zählern bekommen die Stadtwerke deutlich mehr Kontrolle über das Wassernetz. Die Zähler können in Echtzeit abgelesen werden, sie könne aus der Ferne überwacht werden, aber auch ferngesteuert werden. Berger: &bdquo;Intelligente Wasserzähler bieten zukünftig auch die Basis, variable oder zeitabhängige Tarife anzubieten, um so den Wasserverbrauch zu besonderen Tageszeiten zu drosseln.“ Wenn also in Zeiten künftiger Wasserkrisen die Kurstädter trotzdem ihre Rasenflächen, Pools und Rosenbeete zu bewässern, wird der erhöhte Verbrauch in Echtzeit bemerkt. Appelle zum Wassersparen könnten sich die Stadtwerke dann womöglich sparen, weil in Zeiten starker Nachfrage das Wasser besonders teuer wäre.

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