Stromtankstellen in Bad Oeynhausen warten auf Kunden

Bad Oeynhausen. Das Rentnerpärchen kommt im Doppelpack mit ihrem kleinen Elektro-SUV zum Tanken. Es ist ihr zweites Mal an der Ladesäule. Die beiden 78-Jährigen sind ein bisschen aufgeregt, aber sie haben schließlich Zeit und große Auswahl bei Allego am Werre-Park. Sämtliche Ladesäulen sind an diesem Nachmittag frei, eine ist kaputt. Sie wählen die Schnellladesäule, tanken mit Stecker und Kabel und zahlen mit einem Chip. Nach einer Viertelstunde ist alles erledigt. Die beiden Kurstadt-Rentner verkörpern die Zukunft der Elektromobilität. Ihre Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen, erzählten aber stolz, dass sie gerade erst ihren gesamten Alltag klimafreundlich umgestaltet haben: mit Sonnenstrom vom Hausdach, Wärmepumpe und seit Kurzem haben sie auch ein Elektroauto. Tags darauf wollen die beiden 78-Jährigen damit auf Spritztour fahren, erzählen sie. 60 Kilometer weit weg. Vorher soll aber noch mal aufgetankt werden. Man weiß ja nicht, ob das Laden kurz vor Fahrtantritt noch klappt. Die viel beschriebene deutsche Reichweitenangst fährt offenbar auch in der Kurstadt immer mit. Dabei gibt es in Bad Oeynhausen, das zeigt eine Karte des Automobilclubs ADAC im Internet, 31 öffentliche Stromtankstellen – mit jeweils mehreren Ladepunkten, also Zapfsäulen. Selbst Tesla betreibt in Bad Oeynhausen sein Schnellladenetz. Vor allem an Supermärkten sprießen Ladepunkte wie Pilze aus dem Boden. Zum Vergleich: Die Nachbarstadt Löhne hat derzeit 18 Stromtankstellen, doch auch dort stehen viele leer. Die Region bietet für Elektroautofahrer mittlerweile paradiesische Lade-Bedingungen. Doch warum stehen so viele Stromzapfsäulen leer? Gibt es womöglich längst ein Überangebot? Millionen Euro für den Ausbau Die Bundesregierung hat noch unter Kanzlerin Merkel das Ziel von einer Million öffentlicher Ladepunkte bis 2030 ausgegeben und dafür erhebliche Steuermittel bereitgestellt. Der Posten war, das hat der &bdquo;Spiegel“ ausgerechnet, im Bundeshaushalt 2024 der &bdquo;fünftgrößte Posten der Finanzhilfen“. Und damit werden bloß die öffentlich zugänglichen Ladepunkte gefördert. Nicht mitgerechnet sind die privaten Steckertankstellen in Garagen von Firmen und Einfamilienhäusern, wo Autos an der Wallbox über Nacht oder während der Arbeitszeit Strom tanken können. Die werden zum Beispiel vom Land NRW mit Steuergeld gefördert. Seit 2018 hat Düsseldorf Ladeinfrastruktur im Kreis Minden-Lübbecke mit 4.154.180 Euro bezuschusst. Nach Bad Oeynhausen sind davon 551.920 Euro geflossen. In den Nachbarkreis Herford sind im gleichen Zeitraum 3.706.070 Euro in den Aufbau von Ladesäulen geflossen, 454.620 Euro davon nach Löhne. Allein im vergangenen Jahr 2024 hat das Land 20.150 Euro in Bad Oeynhausen und 3.560 Euro Fördergeld in Löhne für Ladeinfrastruktur gezahlt. Diese Zahlen kommen von der Bezirksregierung Arnsberg, die Förderanträge für ganz NRW bearbeitet, mit Bezug auf das Förderprogramm &bdquo;Emissionsarme Mobilität“. Gefördert wurden mit dem Geld auch Schnellladesäulen. Derzeit, so Pressesprecher Peter Hogrebe, sind zwei Förderanträge aus Bad Oeynhausen und einer aus Löhne noch in Bearbeitung. Die Zahl der Elektro-Tankstellen wird also weiter wachsen. Interaktive Deutschland-Karte mit Ladepunkten: .responsive23-KeogbLye9VDMq2h0-map-ladesaeulen-bad-oeynhausen { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-KeogbLye9VDMq2h0-map-ladesaeulen-bad-oeynhausen { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-KeogbLye9VDMq2h0-map-ladesaeulen-bad-oeynhausen { padding-top: 142.86%; } } Die Kehrseite des Überangebots Elektroautofahrer dürfte das freuen. Sie müssen nirgends Schlange stehen. Und dank öffentlicher Förderung können sie praktisch überall ihre Elektroautos mit Treibstoff füttern. Ganz anders als bei den Autos mit Verbrennungsmotoren. Das große Angebot an Ladepunkten hat aber auch eine Kehrseite. Lesen Sie auch: Ladesäulen für E-Autos: Wo sie in OWL zu finden sind Der Unternehmer Oliver Wessel hat auf seinem Grundstück gegenüber vom Landschaftspark Aqua Magica im September 2023 einen Ladepark eröffnet. Er betreibt an der Bültestraße 14 überdachte Ladepunkte, an zweien kann schnellgeladen werden. Und wie laufen die Geschäfte? &bdquo;Beschissen“, sagt Wessel rundheraus, schränkt aber ein: &bdquo;Am Wochenende sind die Ladesäulen ganz gut belegt.“ Für den ehemaligen Automanager ist die spärliche Nachfrage kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Im Gegenteil. Wessel setzt darauf, dass der Staat weiter Elektromobilität fördert. Nur anders. Wessel betreibt nicht nur in der Kurstadt einen Ladepark, sondern auch in Loxstedt in der Nähe von Bremerhaven. &bdquo;Da läuft’s spitze“, sagt Wessel. Diese Ladestation entspricht seiner Investitionsstrategie, vor allem hochfrequentierte befinde sich einem hochfrequentierten Parkplatz einer Sport- und Freizeitanlage. Seine Loxstedter Kunden nutzen die Stromtankstelle zum Laden beim Parken. Auf der Aqua Magica ist das anders. Mit Blick auf die offensichtlichen Überkapazitäten von Ladestationen kritisiert Wessel aber nicht die Konkurrenz, sondern auf die Förderpolitik. Ein gigantischer Stromspeicher Wessel hält die bisherige Politik für grundlegend falsch, setzt sich für Netzneutralität und bidirektionales Laden ein: Elektroautos könnten dann bundesweit als gigantischer Zwischenspeicher Sonnen- und Windstrom nutzbar machen, wenn’s dunkel ist und der Wind nicht weht. Die großen Stromkonzerne würden dann in die Röhre schauen. Lesen Sie auch: E-Autos in Herford: Ladesäulen ja, Käufer nein? Der ADAC unterstützt das bidirektionale Laden. Es eröffnet E-Mobilistinnen und -Mobilisten die Chance, beim Laden zu Hause erhebliche Kosten zu sparen“, so Julia Meier vom ADAC Bielefeld. Zuvor müsste aber das Stromsteuerrecht angepasst werden. Derzeit seien Rückspeisungen von Strom ins Netz steuerlich gegenüber stationären Speichern benachteiligt. Der Strom aus Fahrzeugakkus würde doppelt besteuert. Dass es zu viele Ladestationen für Elektroautos gibt, findet die Automobillobby übrigens nicht. Die Förderpolitik würde der ADAC aber sehr wohl ändern. &bdquo;In den Anfangsjahren waren zum Aufbau noch Förderungen notwendig“, so ADAC-Pressesprecherin Julia Meier: &bdquo;Inzwischen zeigt sich, dass in vielen Fällen Ladeparks schneller und effizienter auch ohne Förderungen aufgebaut werden können.“ Weniger Neuzulassungen von E-Autos Auch Ladepark-Unternehmer Oliver Wessel setzt weiter auf öffentliche Ladepark-Förderung. Die Ladeinfrastruktur werde schließlich für die Zukunft gebaut – nicht für die Gegenwart. &bdquo;In China“, erzählt Wessel, &bdquo;können Sie an jeder Hausecke laden.“ Dort seien Elektroautos längst Alltag. In Deutschland dagegen ist die Zahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen nach mehreren Boomjahren 2024 deutlich zurückgegangen. &bdquo;Der Pkw-Markt ist im Moment tot“, sagt Wessel. Das belegen Zahlen des Straßenverkehrsamtes, die Kreispressesprecherin Mirjana Lenz zusammengestellt hat. 2022 und 2023 sind jeweils über 300 neue Stromer angemeldet worden, deren Eigentümer in Bad Oeynhausen wohnen. Im vergangenen Jahr waren es bloß 188 Neuzulassungen. Aktuell sind kreisweit 8.380 reine Elektrofahrzeuge zugelassen, 1.105 davon in Bad Oeynhausen. Sie teilen sich 31 öffentlich zugängliche Stromtankstellen und ein Vielfaches an öffentlichen und privaten Ladepunkten in der Kurstadt. Kurz nach dem Rentnerpärchen hält ein weiteres Auto an der Stromzapfsäule. Familie Sellmann aus Vlotho öffnet die Türen. Mutter Judith drückt ihrer siebenjährigen Tochter Tiia die Flottenkarte in die Hand und die junge Dame eilt zur Ladesäule. Zwei Handgriffe später steckt der Stecker an seinem Platz und das Auto lädt. &bdquo;Ist doch kinderleicht“, ruft Tiia. Dann verschwinden die Damen im Werre-Park, Geburtstagsgeschenke kaufen. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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