Bad Oeynhausener Kurpark-Schlägerei: Zeugin im Philipos-Prozess lügt aus Angst vor Rache

Bad Oeynhausen/Bielefeld. Zum zweiten Mal musste eine Zeugin in Sachen Kurpark-Schlägerei vor dem Bielefelder Landgericht aussagen. Weil sie bei ihrer ersten Vorladung nachweislich gelogen hatte, musste die inzwischen 18-Jährige aus Bad Oeynhausen erneut Rede und Antwort stehen. Und wieder begann sie ihre Aussage mit Lügen. Schließlich aber hielt sie dem Druck nicht stand und gestand unter Tränen, dass sie aus Angst vor Rache das Video über die Kurpark-Schlägerei verschwiegen habe. Einige Stunden zuvor sorgte ein weiterer Zeuge aus Bad Oeynhausen mit seiner respektlosen Art dafür, dass der Vorsitzende Richter Carsten Glashörster einen Wutanfall bekam. &bdquo;Schnauze“, schrie er den 20-jährigen Schüler an und ließ die Hand krachend auf den Richtertisch donnern. Lediglich eine 17-jährige Abiturientin aus Minden, die die Schlägerei aus der Ferne gesehen hat, wollte dem Gericht helfen, Licht ins Dunkle zu bringen. Es ist nicht das erste Mal, dass in der Verhandlung gegen einen 19-jährigen Syrer aus Bad Oeynhausen sowie zwei weitere Mitangeklagte, nicht die Wahrheit auf dem Zeugenstuhl gesagt wird. Immer wieder mauerten an den vergangenen Verhandlungstagen Zeugen, logen oder behaupteten, von nichts zu wissen. So wie am Freitagmorgen im Fall des 20-jährigen Security-Mannes, der am Tatgeschehen allerdings nicht beteiligt war, sondern nur vom Randgeschehen berichten sollte. Die Vermutung des Gerichtes, er halte Informationen zurück, bestätigte sich bei der späteren Vernehmung einer 15-Jährigen aus Bad Oeynhausen. Was dazu führte, dass Glashörster an Staatsanwalt Christoph Mackel die Bitte richtete, gegen den 20-Jährigen definitiv ein Verfahren wegen Falschaussage einzuleiten. &bdquo;Ich weiß schon gar nicht mehr, wo ich anfangen soll“, kommentierte Mackel diese Bitte trocken. Lesen Sie auch: Bad Oeynhausener Philipos-Prozess: Justiz sucht Videos und Foto vom Totschlag Der 20-Jährige - mit kurdischen Wurzeln - aus Bad Oeynhausen hatte oder hat offenbar ein Techtelmechtel mit einer nachfolgenden 15-jährigen Zeugin und wollte augenscheinlich nicht, dass dieses ans Licht kommt. Er berichtete aber, dass er in der Tatnacht dreimal mit dem Hauptangeklagten aus Syrien telefoniert habe. &bdquo;Er war genervt von mir. Hatte keine Zeit, wirkte hektisch“, beschreibt er dessen Verhalten. Er habe den 19-Jährigen ein paar Mal getroffen, es sei ein sympathischer junger Mann, der gebildet sei und sich Gedanken über die Zukunft mache. Es sei angenehm gewesen, sich mit ihm zu unterhalten. Auch er habe vom Video erfahren, es aber nicht gesehen. &bdquo;Das hatte sich in der Stadt rumgesprochen“, erklärte der 20-Jährige. Vom Hörensagen seien Unordnung und zwei Schlägereien zu sehen. Die 15-Jährige selber hatte die Schlägerei nicht erlebt, weil sie in der Zeit auf Toilette im GOP gewesen war, wie sie berichtete. Aber später vorm Bahnhof sei &bdquo;wir haben uns gehauen“ ein Thema gewesen. &bdquo;Ich will nichts damit zu tun haben. Ich will diese Leute nicht kennen“, sagte sie weinend. Sie berichtete, dass der Hauptangeklagte ebenfalls vorm Bahnhof gewesen sei. Er habe chillig gewirkt. Nicht so, als sei gerade etwas passiert. Und sie erklärte, dass sie sich verweigert habe, dem 19-jährigen Angeklagten aus Magdeburg ein Alibi zu geben. Geständnis unter Tränen Die letzte Zeugin des Tages war keine Unbekannte. Sie hatte bereits ausgesagt - und es dabei mit der Wahrheit nicht so genau genommen. Das hatte sie offenbar auch am Freitag vor. Bis die Schwester des getöteten Philipos’ sie direkt ansprach und zusammenstauchte. &bdquo;Sag doch einfach, was auf dem Video drauf ist. Da ist jemand gestorben. Mensch, du bist 18“. Danach gab die junge Frau zu, das Video der Tat gesehen zu haben. &bdquo;Er hatte Blut im Gesicht, eine aufgeplatzte Lippe und hat auf diesem Video gelacht“, sagte sie dann unter Tränen. Mit er meine sie den Videofilmer, den sie aber nicht namentlich kenne. Danach sei die Kamera geschwenkt worden. &bdquo;Da lag jemand und ein anderer, Größerer, hat mehrmals draufgeschlagen.“ Immer wieder brach sie in Tränen aus. Mehr habe sie nicht erkannt. Es sei dunkel gewesen und das Video von schlechter Qualität. Ein anderer Zeuge, der bereits ein Verfahren wegen Drogenhandels, gefährliche Körperverletzung und schweren Raubes hinter sich hat, habe sie angewiesen, das Video zu verschweigen. Ihr habe er das Video einige Tage nach der Tat gezeigt. &bdquo;Die haben das erst gelöscht, als die Polizei die Handys einkassiert hat“, sagt sie. &bdquo;Weil sie darauf zu sehen sind“, beantwortet sie die Frage des Richters nach dem Grund fürs Löschen. Lesen Sie auch: Gelöschte Videos im Prozess zu Philipos-Tod: Staatsanwalt kündigt Folgen für Zeugen an Den Auftakt machte am Freitagmorgen eine Abiturientin vom Mindener Ratsgymnasium. Sie war im vergangenen Juni Gast beim Abiball und saß deshalb mit ein paar Freunden des Nachts auf den Treppen vor dem GOP. Von dort aus habe sie die Schlägerei beobachtet. &bdquo;Mir sind diese Szenen einfach im Kopf geblieben“, erklärte die 17-Jährige, die sich am Tag nach der Tat als Zeugin bei der Polizei meldete. Vor allem zwei Szenen habe sie vor Augen. &bdquo;Einmal war jemand in einer Art sitzenden Position am Boden, auf den eingeschlagen oder eingetreten wurde. Das sah so brutal aus, da haben wir richtig Angst bekommen“, schilderte sie ihre Beobachtungen. Auch sie bricht immer wieder in Tränen aus, weil diese Szene immer noch so beängstigend sei. Zwei Personen hätten versucht, den Schläger vom Opfer wegzuziehen, was ihnen aber nicht wirklich gelungen sei. Stattdessen habe die Person im Stehen weitergemacht. &bdquo;Es gab Trittbewegungen. Zuerst eine leichte, als wenn jemand einen Stein wegkickt, dann kräftige kurze Tritte.“ Die Intensität habe sich gesteigert. Sie habe immer nur gedacht, bitte, bitte, lass das nicht den Kopf des Opfers sein. Zusammen mit ihren Freundinnen habe sie sich nicht getraut einzuschreiten, habe aber immer wieder nach Security Ausschau gehalten. Lesen Sie auch: Bad Oeynhausener Philipos-Prozess: Gericht schließt Öffentlichkeit bei Zeugin aus Die Mindenerin berichtet von zwei Gruppen, die sich geschlagen hätten. &bdquo;Das waren bestimmt an die elf Personen in der Gruppe.“ Darunter zwei mit weißem Hemd. Weshalb sie zuerst auch an eine Schlägerei unter betrunkenen Abiturienten gedacht habe. Einer habe einen anderen mit der Faust niedergestreckt, so dass der aufs Pflaster geschlagen sei. &bdquo;Der schlug wie im Rausch“, soll die 17-Jährige bei der Polizei ausgesagt haben. Den Schläger habe sie im Dunklen nur als Silhouette wahrgenommen. &bdquo;Es war eine dünne Silhouette. Schmaler Nacken, markantes Gesicht.“ Danach sei die Gruppe weggegangen. Nach wenigen Metern soll es innerhalb der Gruppe zu Rangeleien, zu einer Art Auseinandersetzung gekommen sein. Für diese Aussage gab es Dank von Philipos’ Mutter, der Staatsanwalt Christoph Mackel am Rande der Verhandlung die persönlichen Sachen ihres Sohnes aushändigte. Umhängetasche, Halskette, Handy, Geldbörse, Schlüssel und einige Kleinigkeiten nahmen Mutter und Schwester entgegen. Einige letzte Erinnerungsstücke an den toten Sohn und Bruder. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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