Die Kurstadt Bad Oeynhausen bekommt 1955 ein Einkaufszentrum und eine Flaniermeile

Bad Oeynhausen. Einst verlieh Herbers Kurhotel an der Herforder Straße der Stadt den Charme von Cannes oder Montreal. 1955 geht’s ihm erst an die Fassade und es bekommt eine Ladenzeile, 1975 wird es schließlich angerissen und muss einem Neubau weichen - dem City Center. Stadtarchivarin Stefanie Hillebrand hat in der &bdquo;NW“ und ihrer Vorgängerin, der &bdquo;Freien Presse“, 70, 50 und 30 Jahre zurückgeblättert und ist dabei auf Themen gestoßen, die sich – in abgewandelter Form – auch Jahrzehnte später noch in der Zeitung finden. März 1955: Shoppen im ältesten Hotel der Stadt – Herbers Kurhotel Mit dem Wiederaufbau der Badestadt geht die Modernisierung der Innenstadt – im Sinne der 50er Jahre – einher. Das älteste Hotel der Stadt verliert seine reich verzierte Fassade, die vielen kleinen Balkone verschwinden, alles soll glatt und schnörkellos sein und den wirtschaftlichen Aufbruch markieren. Beidseits des mächtigen Hoteleingangs entstehen Schaufensterfronten. Die Rede ist von &bdquo;Herbers Kurhotel“, die Nr. 78 an der Herforder Straße, oder auch bekannt unter dem ursprünglichen Namen &bdquo;Vogelers Hotel“, das 1847 als erstes Hotel im damals noch Neusalzwerk genannten Heilbad erbaut wurde. Seine Lage war schon immer verkehrsstrategisch ideal. Der Fernverkehr über Minden und Herford läuft hier vorbei. In den Anfangszeiten waren für die noch mit Kutschen anreisenden Kurgäste Pferdestallungen vorhanden. Die Eisenbahnlinie verläuft rückwärtig des Hotels und bringt mit zunehmendem Ausbau weitere Gäste ins Haus. Mit dem Um- und Erweiterungsbau 1905 entwickelt sich sein Gesicht, wie es in der Chronik heißt, zu einem Hotel wie es in Montreal oder Cannes hätte stehen können. Britische Offiziere der Rheinarmee richten hier während der Besatzungszeit ihr Headquarter ein. Das Hotel verfällt zusehends, so dass nach dem Abzug der Briten eine Sanierung notwendig wird. Lesen Sie auch: Explodierende Baukosten, Verzögerung und ein Gymnasium ohne Klassen Nun ist also in dem Gebäude eine Ladenzeile entstanden, &bdquo;die ob ihrer gediegenen Ausführung nach außen und der modernen Innengestaltung Beachtung verdient“. Eine Reihe bekannter Geschäfte hat hier neue Bleibe gefunden, wie zum Beispiel das Schuhhaus Engel, ein Spezialgeschäft für Kaffee und Luxusartikel, ein Geschäft für Orientteppiche. März 1975: Abriss und Neubau – Herbers Kurhotel weicht einer modernen Einkaufsmall Herbers Kurhotel soll abgerissen und an seiner Stelle ein fortschrittliches City-Center errichtet werden. Bis dahin soll nach den Plänen der Stadt die Herforder Straße vom Autoverkehr befreit oder zumindest auf diesem Teilstück Fußgängerzone sein. Mit dem City-Center ist an ein der typischen Badeort-Architektur angepasstes Gebäude für Einkauf, Dienstleistung und Freizeitgestaltung gedacht. Lesen Sie auch: Bier, Banken, Bad Oeynhausen: Mit der NW auf Zeitreise und Spurensuche Gemeint ist damit eine für Fußgänger ebenerdig zugängliche Passage mit Kolonaden, also mit überdachten und lichtdurchlässigen Wegen entlang einer vieleckigen Schaufensterfront. &bdquo;Fußläufig“ ist überhaupt das alles entscheidende Stichwort, denn das Gebäude soll von allen Seiten gleichermaßen gut zugänglich sein und benötigt dazu ganz besonders die in diesem Bereich geplante Verkehrsberuhigung. Mehrere zum Teil terrassenförmig voneinander getrennte Dächer sollen schließlich doch &bdquo;unter einem Dach“ Gastronomie und Unterhaltung, Geschäfte, Praxen und Freiberufler vereinen. Die Baupläne stammen von einer Leverkusener Architektengemeinschaft, die maßgeblich an der Gestaltung großer Einkaufs- und Freizeitzentren in vielen bundesdeutschen Großstädten beteiligt war. Die Pläne werden umgesetzt, auch wenn es mit dem Neubau noch einige Jahre dauert. Und heute – 50 Jahre später – ist auch diese damals hochmoderne Architektur schon wieder überholt, abgängig und wartet ihrerseits auf den Abriss! März 1995: Vom &bdquo;Löhner Kurgebiet“ zum Landschaftspark &bdquo;Aqua Magica“ Auf die Umstrukturierungen im Gesundheitswesen wird derzeit mit Zurückhaltung vor großen Klinikbauvorhaben reagiert. Dennoch hätte die Stadt Bad Oeynhausen gerne eigene geeignete Flächen für eventuelle neue Klinikbauten falls sich die Zeiten mal wieder ändern! Bislang liegen mit den Kurkliniken &bdquo;Werretal“ und &bdquo;Berolina“ bereits zwei auf Löhner Gebiet, unter der intern gebrauchten Bezeichnung &bdquo;Kurgebiet Löhne im Staatsbad Oeynhausen“. Dieser Zustand ist interkommunal nicht gänzlich ohne Konflikte. Einziger Ausweg, zumindest aus Bad Oeynhausener Sicht: Die Stadtgrenze wird nach Westen verschoben. Ins Visier der Oeynhausener ist dabei das alte brachliegende Ziegelei-Gelände Friedrichsmeier zwischen Siekertal und Mittelbach geraten. Die angedachte Grenzverschiebung hat allerdings den Haken, dass sie schon einmal am Widerstand der Löhner gescheitert ist, nämlich als das Land 1972/73 im Rahmen der Gebietsneuordnung die Grenzen neu zog. Lesen Sie auch: Damals in Bad Oeynhausen: Konflikt um angekettete Bänke im Kurpark Eine interessante Idee bringt der damalige Stadtdirektor ins Spiel: Schon lange hegt er den Plan, die Landesgartenschau in die Kurstadt zu holen und sieht in der Industriebrache die Chance zur Umwandlung in eine Parklandschaft. Dass dieser Plan fünf Jahre später tatsächlich Realität wird und noch besser, dass er gleichberechtigt und gemeinsam mit der Nachbarstadt Löhne umgesetzt wird, ist ein schönes Zeichen im Namen interkommunaler Zusammenarbeit. Als Wahrzeichen und Erinnerung an vergangene Tage ist der alte Schornstein der Ziegelei auf dem Aqua-Magica-Gelände erhalten geblieben. Übrigens: Im Februar 2015 lässt die Aqua Magica GmbH den Schornstein abreißen. Als Grund für das Aus des Wahrzeichens der Landesgartenschau gibt die Gesellschaft zu hohe Sanierungskosten an. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Minden-Lübbecke

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