Arisierung in der Nazi-Zeit: Enteignung der Metzgerei Frank und Profiteure aus Bad Oeynhausen

Bad Oeynhausen. Über die Enteignung von jüdischem Eigentum in der Kurstadt und die Profiteure des Unrechts ist bislang wenig bekannt. Wichtige Akten sind immer noch unter Verschluss. Der Historiker Thomas Gräfe hat allerdings exklusiven Zugang bekommen. In einem Vortrag vor dem Arbeitskreis Heimatpflege berichtet Gräfe am Mittwoch, 6. November, über seine Forschung zur &bdquo;Arisierung“ anhand von zwei Beispielen aus Bad Oeynhausen und Vlotho. Er erinnert unter anderem an das Schicksal der Bad Oeynhausener Familie Frank, die bis zu ihrer Enteignung ausgerechnet eine &bdquo;Schweinemetzgerei“ an der Mindener Straße 23 betrieb. Von der &bdquo;Arisierung“ des Betriebs profitierten &bdquo;ganz normale Bürger“, so Gräfe. Der fast 100 Jahre alte Familienbetrieb wurde 1938 per Gesetz enteignet. Schon vorher musste das Inhaber-Ehepaar Ida und Edwin Frank aber Schikanen, Hass und Hetze über sich ergehen lassen. Einzig ihre Tochter Herta überlebte den Holocaust, weil sie in die Ehe eines ihr völlig unbekannten Mannes einwilligte und damit ein Ticket zu einer Schiffspassage nach Südamerika bekam. Stolpersteine auf dem Bürgersteig vor dem Haus erinnern an das Schicksal der Familie Frank. Metzger Edwin Frank hielt sich nicht an die jüdischen Speisegesetze. Sein Onkel Gustav Frank dagegen, der Eigentümer des &bdquo;Hotel zur Post“, warb noch im Kaiserreich mit einem koscheren Mittagstisch. Gustav starb 1912. Seine Witwe Johanna verkaufte das Hotel und betrieb fortan als alleinerziehende Mutter mit ihren beiden Töchtern bis 1935 eine kleine, aber ebenfalls koschere Pension am Kaiser-Wilhelm-Platz. Das &bdquo;Hotel zur Post“ in der Bahnhofstraße wurde 2015 für die Seniorenresidenz &bdquo;Sabirowsky“ abgerissen. Das Haus der Familie Frank an der Mindener Straße gibt es noch. Familie Frank muss in die &bdquo;Judenwohnung“ Ida und Edwin Frank sowie Johanna Frank und ihre Töchter mussten 1941 in eine sogenannte &bdquo;Judenwohnung“ in die Weststraße umziehen. Von dort wurden sie in die Vernichtungslager im Osten deportiert und ermordet. Eigentlich sollten Ida und Edwin Frank aber zu ihrer Tochter nach Uruguay auswandern. Das Gepäck, so Gräfe, sei auch bereits aufgegeben worden. Allerdings verzögerten offenbar die Erwerber der Metzgerei die Genehmigung, wohl um den Preis zu drücken. Gräfe hat außerdem herausgefunden, dass die Frau des Metzgerei-Käufers und spätere Eigentümerin sich am Auswanderungsgepäck der Franks bediente und aus Kleidungsstücken Namensschilder und Judensterne heraustrennte. Nach dem Krieg strengte Herta Frank ein Rückerstattungsverfahren an und erhielt 1953 das Gebäude in der Mindener Straße zurück. &bdquo;Auf den Gerichtsakten liegt bis heute ein Sperrvermerk“, sagt Gräfe. Die Namen der Arisierungsgewinner und anderer verfahrensbeteiligter Personen dürften nicht genannt werden. Sein zweites Beispiel zur Arisierung jüdischen Eigentums ist die Villa Grundmann in Vlotho. Es ist das Wohnhaus des jüdischen Kaufmanns Mendel Grundmann (1844-1914), in dem zuletzt Minna Grundmann mit Familie lebte. Sie bot die Villa zum Verkauf an, &bdquo;weil sie wegen anderer Arisierungen auf Hypotheken sitzen geblieben war“, so Gräfe. Die reformierte Gemeinde St. Johannis kaufte das Haus und machte daraus ihr Gemeindehaus. Im Entschädigungsverfahren in den 1950er Jahren habe dann ein späterer Gemeindepfarrer aber nicht die Wahrheit zum Kauf gesagt, so Gräfe. Ausgerechnet dieser Pastor sei aber Gründungsmitglied der Mendel-Grundmann-Gesellschaft gewesen. Der Vortrag von Thomas Gräfe beginnt am Mittwoch, 6. November, um 19 Uhr im großen Saal des Johanniter-Mehrgenerationenhauses, Weserstraße 24.

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