Waschbär wütet in Bad Oeynhausener Naturschutzgebiet

Bad Oeynhausen. Der Waschbär ist nicht nur schlau, sondern auch ganz schön verfressen. Wählerisch ist er bei seiner Nahrung nicht. Und so ist das Fuchsloch am Dehmer Wiehengebirge ein Dorado für ganze Familiengruppen. Die geschützte Gelbbauchunke ist zwar giftig, das aber ist Tochter, Mutter, Oma und Tante Waschbär völlig egal. Das Tierchen wird kurzerhand geschält und die Froschhaut zurückgelassen. Für das Naturschutzgebiet ist das irgendwann der Tod. Schon jetzt ist nur noch wenig Leben in den Tümpeln. Weshalb die Waschbären nun mit Fallen gejagt werde. Außerdem arbeiten Kreis und Naturschützer an der Entwicklung eines neues Förderprojektes. Wolfgang Heper ist ein Waschbär-Fachmann. Er hat zum Termin ein Vorratsglas mitgebracht, das sich mittels Gummiring und Spange verschließen lässt. Wo Katze und Hund davor sitzen und das Leckerli sabbernd anschmachten würden, braucht der Waschbär nur wenige Sekunden, um das Glas zu öffnen. &bdquo;Er bekommt bis zu 20 verschiedene Verschlüsse auf“, sagt Heper. &bdquo;Er hat die Intelligenz eines Rhesus-Affen.“ Und so wundert es nicht, dass es den kleinen putzigen Gesellen immer mal wieder gelingt, auch aus den Fallen zu entschwinden. Leckere Beute für Waschbären Schleichend hat die Population im Laufe der Jahre zugenommen, schleichend nimmt deshalb die Population anderer Arten ab. &bdquo;Das hier ist für den Waschbären ein Dorado“, sagt Erwin Mattegiet von der AG Natur mit Blick auf das Naturschutzgebiet im alten Tonloch. Bis vor rund 40 Jahren wurde am Südhang des Wiehengebirges noch Ton abgebaut. Danach setzten sich die Naturschützer für den Erhalt der Grube als Naturparadies ein. Und schufen im Laufe der Jahre das größte zusammenhängende Laichgebiet der Stadt. Und das bietet leckere Beute. &bdquo;Der Waschbär frisst alles, was da ist. Amphibien und Bodenbrüter hier, Obst, Nüsse oder Abfälle in den Gärten und Siedlungen drumherum.“ Die größte Dichte an Waschbären, ergänzt Heper, sei in Wohngebieten, weil es dort reichlich Nahrung und Verstecke gebe. &bdquo;Am besten rund ums Haus aufräumen“, rät der Fachmann, und kein Tierfutter oder Meisenknödel über Nacht draußen lassen. Ein paar wenige Exemplare seines natürlichen Feindes - dem Uhu – sind in der Region noch unterwegs. Aber nicht genug. Und auch der Fuchs lässt sich mal ein Waschbär-Baby schmecken. Naturschützer: Es helfen nur Fallen Bei der steigenden Waschbär-Population hilft nur die Fallenbejagung, wie die Naturschützer wissen. &bdquo;Die ist am sinnvollsten“, bestätigt auch Herbert Hofschild von der unteren Naturschutzbehörde des Kreises, der solche Fallen absegnen muss. Solche Lebendfallen sind mit einem Sensor ausgestattet, der den Jäger alarmiert, wenn die Falle zugeschnappt hat. &bdquo;Die Tiere sollen ja nicht leiden und unter Stress kommen“, betont Hofschild. Doch mal hier und da eine Falle – das hilft nur bedingt. &bdquo;Eigentlich müsste man permanent mehrere Fallen aufstellen und das über längere Zeit.“ Das ist aber durch die Jäger gar nicht leistbar. Friedhelm König zum Beispiel, zuständiger Jagdpächter fürs Fuchsloch, müsste wegen jeder Sensormeldung aus Löhne anreisen. Mehrmals am Tag oder des Nachts nicht machbar. &bdquo;Im Grund hilft nur eine Seuche wie die Staupe, dadurch wird die Population eingedämmt“, urteilt Wolfgang Heper. Allerdings seien die Tiere danach genauso schnell wieder da. &bdquo;Der Waschbär reagiert mit Vermehrung, die füllen den frei werdenden Raum fix wieder auf.“ Das sei letztlich ein Kampf gegen Windmühlen. Hepers Vorschlag: &bdquo;Die alten Tiere wieder freilassen, die jungen rausnehmen.“ Denn Jungtiere seien mit weniger Platz zufrieden. &bdquo;Alttiere sind meist in Frauenverbünden unterwegs und beanspruchen mehr Raum.“ Somit kommen weniger Tiere auf die gleiche Fläche. Lesen Sie auch: Tierschützerin fordert: &bdquo;Waschbären nicht schießen“ Damit das Fuchsloch nicht noch mehr ausgeplündert wird und bald gar keine Amphibie mehr vor Ort ist, arbeiten Kreis und Naturschützer zusammen. &bdquo;Wir überlegen, wie wir ein Projekt auf die Beine stellen können, mit dem wir Fördergelder bekommen“, sagt Hofschild. &bdquo;Das hier, das ist unser Prestigeobjekt im Kreis. Das Fuchsloch muss erhalten bleiben.“ Kreuzkröte und Gelbbauchunke hätten dort ihren Lebensraum. &bdquo;Und die sind extrem bedroht“, weiß Hofschild. &bdquo;Wir sind unheimlich stolz drauf, dass die noch da sind.“ Die Betonung liegt auf noch. Denn Naturschützer Erwin Mattegiet weiß durchaus, dass in den 30 Jahren, in denen er sich ums Fuchsloch kümmert, die Population massiv abgenommen hat. &bdquo;Früher war das Gequake bis ins Dorf zu hören, heute kaum noch vor Ort.“ Trockenheit, Überdüngung – und Wildschweine Nicht nur der Waschbär sorgt aber im Fuchsloch für Probleme, die extreme Trockenheit der letzten Jahre und die massive Überdüngung der oberhalb des Fuchsloches liegenden Ackerflächen seien zwei weitere Faktoren. Wasser, das dort oben versickert, hat kaum Sauerstoff und kommt unten im Fuchsloch wieder raus. &bdquo;Wasser ist ja gut – aber bitte ohne Pestizide“, betont Herbert Hofschild. Faktor Nummer vier: die Wildschweine. Auch die wühlen gerne mal das Naturschutzgebiet durch. &bdquo;Auch wenn sie nichts fressen – durch das Suhlen werden die Winterquartiere der geschützten Tiere zerstört.“ Zuletzt versucht auch das Wiehengebirge, den Platz zu erobern, die alte Tongrube verbuscht und muss regelmäßig gerodet werden. &bdquo;Weil der Wald an sich sehr artenarm ist“, erklärt Hofschild. Unterm Strich sind das viele komplexe Probleme für massiv geschützte Arten. Lesen Sie auch: Waschbär soll in Bünde einen Spaziergänger angegriffen haben Schwere Kritik mussten Kreis und Naturschützer vor einigen Jahren einstecken, als sich Anwohner über den massiven Kahlschlag und die Erdbewegungen im Tonloch beschwerten. Das aber sei auch beim Naturschutz manchmal notwendig. &bdquo;Hier in der Tongrube war immer Bewegung“, erklärt der Fachmann. &bdquo;Deshalb sind all diese Arten ja erst da. Und dieser wertvolle Lebensraum muss erhalten bleiben.“ Und zwar als offene Landschaft, ohne Büsche und Bäume. &bdquo;Nur so können wir die Arten halten.“ Um wieder mehr Tiere anzusiedeln brauche es eine massive Förderung. &bdquo;Und wir müssen die Probleme lösen, das sehen wir als untere Naturschutzbehörde als unsere Pflicht an.“ Eine Aufgabe des Fuchsloches wäre ein herber Verlust. &bdquo;Deshalb muss das Konzept für den Förderantrag her. Damit wir das Kleinod, das Eigentum des Nabu ist, langfristig weiter für den Artenschutz entwickeln können.“

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