90-Jährige bangt nach Unfall mit E-Bikerin in Bad Oeynhausen um ihren Führerschein

Bad Oeynhausen. Joe Biden tritt offenbar aus Altersgründen nicht noch einmal als US-Präsident an. Der Mann ist 81 Jahre alt. Eine Autofahrerin aus Vlotho ist neun Jahre älter und längst Rentnerin, an ihrem Führerschein aber hält sie fest. Weil die 90-Jährige am Steuer ihres Opels einen schweren Verkehrsunfall in der Südstadt verursacht hat, bot ihr die Staatsanwaltschaft Bielefeld an, das Verfahren einzustellen, wenn sie den Lappen abgibt. Doch das kommt für die Vlothoerin überhaupt nicht infrage. Der Verteidiger der 90-Jährigen begründet das mit dem Wohnort seiner Mandantin. Sie wohnt in Vlotho, da könne man nicht mal eben zu Fuß zum Einkaufen gehen. Für ihr Alter mache sie einen guten Eindruck und sei nicht fahruntüchtig. Das Amtsgericht Bad Oeynhausen verhandelt deshalb über die Schuld der 90-Jährigen an einem schweren Verkehrsunfall. Laut Anklage ist die Vlothoerin am Donnerstagmittag, 14. Dezember, beim Rechtsabbiegen von der Hermann-Löns-Straße auf die Weserstraße in der Fußgängerfurt mit einer E-Bike-Radlerin zusammengestoßen. Die 70-jährige Radlerin stürzte, brach sich das Jochbein und musste vier Tage im Krankenhaus liegen. Die Autofahrerin, so der Staatsanwalt, sei beim Abbiegen nicht ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen. Die 90-Jährige muss sich deshalb wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Die Autofahrerin bedauert die Verletzungen der Radlerin und wendet sich im Gerichtssaal direkt an sie: &bdquo;Ich habe Sie wirklich nicht gesehen“, sagt die Vlothoerin. Die Radlerin sei aber in hohem Tempo über die Fußgängerfurt geradelt. &bdquo;So schnell konnte keine Bremse sein.“ Die 90-Jährige bat die 70-Jährige um Verzeihung, &bdquo;wenn man das verzeihen kann“. Polizist: &bdquo;Autofahrerin wirkte für ihr Alter sehr agil“ Der Verteidiger der Autofahrerin betont mehrmals, dass die Radlerin eigentlich nicht über die Fußgängerfurt hätte radeln dürfen. Noch dazu war die 70-jährige Bad Oeynhausenerin gegen die Fahrtrichtung unterwegs. Sie wollte offenbar vom Lidl-Markt bei Grün über die Weserstraße auf die Hermann-Löns-Straße fahren. &bdquo;Ich war nicht in Eile“, erklärt sie dem Richter auf Nachfragen. Sie wollte bloß die Batterie ihrer Uhr in der Innenstadt tauschen lassen. Stattdessen krachte sie ins Auto. Der Schaden an ihrem alten Opel ist offenbar gering. Der Verteidiger der Autofahrerin will eine Schramme ausgemacht haben, die womöglich von den Pedalen der Radlerin stammen könnte. Der Schaden am Fahrrad ist deutlich größer: Das Hinterrad ist verbogen. Hinzu kommen die schweren Verletzungen und wochenlangen Schmerzen, die die Radlerin erleiden musste. Nach Darstellung ihres Rechtsanwalts laboriert sie noch heute an den Unfallfolgen. Ein Polizist, der den Unfall aufnahm, schildert dem Gericht, dass die Autofahrerin nach dem Unfall selbstständig habe weiterfahren können. &bdquo;Sie wirkte für ihr Alter sehr agil“, sagt der 61-jährige Polizist. Der Verteidiger der Autofahrerin schlägt schließlich vor, das Verfahren gegen Zahlung einzustellen und verweist auf die &bdquo;nicht unerhebliche Mitschuld der Radlerin“ an dem Unfall: &bdquo;Die Versicherung reguliert den Schaden.“ 500 Euro Vorschuss aufs Schmerzensgeld Doch eine Einstellung lehnt der Staatsanwalt zunächst ab. Die Mitschuld der Radlerin sei zwar da, aber diese Einschätzung &bdquo;fehl am Platz“. Die Autofahrerin habe die Kreuzung gut einsehen können, die Verletzungen der Radlerin seien erheblich. Er könne sich aber vorstellen, das Strafverfahren gegen Zahlung von 1.500 Euro an eine gemeinnützige Organisation einzustellen. Nach kurzer Beratungspause mit seiner 90-jährigen Mandantin und dessen Sohn stimmt der Verteidiger zu. In dieser Pausel ergreift der Rechtsanwalt der Radlerin das Wort und regt an, die Zahlung als Vorschuss auf das Schmerzensgeld an seine Mandantin zu zahlen. Der Staatsanwalt greift das nach der Unterbrechung auf und schlägt dem Verteidiger 1.500 Euro plus 500 Euro Schmerzensgeld vor. Der Verteidiger will die Gesamtsumme zunächst nicht erhöhen, willigt nach Rücksprache mit seiner Mandantin aber ein. Die 90-jährige Vlothoerin muss nun 2.000 Euro in vier Monaten ans Gericht zahlen. Die ersten 500 Euro bekommt die Radfahrerin - als Vorschuss auf ein mögliches Schmerzensgeld. Wie hoch das sein wird, muss im Zivilprozess geklärt werden.

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