Warum bezahlt Bad Oeynhausen für pünktliche Busse im ganzen Kreis Minden-Lübbecke?

Bad Oeynhausen. Der Auftrag für den Pendelbus über die Köpfe der Kommunalpolitiker hinweg hat große Teile des Stadtrats in Aufruhr versetzt. Der Ärger ist auch ein halbes Jahr später noch nicht verpufft. Donnerstagabend rechtfertigte der Geschäftsführer der Minden-Herforder-Verkehrsgesellschaft (MHV) erstmals den Auftrag und die Mehrkosten von jährlich 560.000 Euro vor dem Ausschuss für Stadtentwicklung. Ende August hatte der Ausschuss den Auftrag für den Pendelbus eigentlich mehrheitlich abgelehnt. Trotzdem pendelt seit dem 1. September die neue Buslinie 99 zwischen dem Behelfs-Busbahnhof im Sültebusch und dem Schulzentrum Nord. Und Bad Oeynhausen muss dafür zahlen. Achim Overath, Geschäftsführer der MHV, erläuterte dem Ausschuss zunächst die aktuelle Lage im öffentlichen Nahverkehr. Seit Jahren steigen die Kosten, die Einnahmen aber bleiben weitgehend gleich. Das Defizit wachse und damit auch der Zuschussbedarf, so Overath. Die Kosten für jeden gefahrenen Buskilometer seien von 2019 bis heute von 3,05 Euro auf 4,30 Euro gestiegen. Overath: &bdquo;Die Kosten sind explodiert, die Einnahmen aber gleich geblieben.“ Zwar würden sich die Kosten auch wieder beruhigen, glaubt Overath. Er erinnerte aber auch daran, dass das sogenannte Deutschlandticket für zunächst neun und später 49 Euro nicht kostendeckend ist. Overath verglich das Deutschlandticket mit Sonderangeboten aus Sicht eines Verkäufers. &bdquo;Sie bieten dasselbe Produkt an, bekommen aber bloß den halben Preis.“ Auch Schüler in Hüllhorst wollen pünktliche Busse Dass der MHV-Geschäftsführer erst ein halbes Jahr nach dem Aufruhr um den Pendelbus vorm Ausschuss Rede und Antwort stand, sei &bdquo;kein böser Wille“, betonte Overath. Er habe mehrere Termine wegen Krankheit und Krankenhausaufenthalten absagen müssen. Die Entschuldigung besänftigte die Ausschussmitglieder vorübergehend. Dirk Büssing (CDU) forderte als erster Redner Gründe für den Pendelbusauftrag ein. &bdquo;Das Verständnis dafür hält sich immer noch in Grenzen“, so Büssing. &bdquo;Mit dieser Frage habe ich gerechnet“, sagte MHV-Geschäftsführer Overath und erläuterte die Notwendigkeit der Busse am Beispiel des Schülerverkehrs. Dieselben Linienbusse, die in Hüllhorst die Schüler transportieren würden auch durch Bad Oeynhausen rollen. &bdquo;Und die Schüler in Hüllhorst wollen pünktlich gefahren werden.“ Sicherstellen, dass die Busse überall pünktlich sind Overath verteidigte den Pendelbusauftrag gegen den Willen der Bad Oeynhausener Kommunalpolitik. Der Auftrag sei auf den Beschluss der zuständigen, demokratisch gewählten Gremien der MHV zustande gekommen. Die MHV gehört den Kreisen Herford und Minden-Lübbecke und besorgt als Dienstleisterin der Kommunen den öffentlichen Nahverkehr. Der MHV-Geschäftsführer: &bdquo;Ich muss sicher stellen, dass die Busse nicht nur in Bad Oeynhausen, sondern in allen Kommunen gemeinsam pünktlich sind.“ Auslöser der Unpünktlichkeit sind die Baustellen in Bad Oeynhausen, vor allem an der Bahnbrücke und auf der Flutmuldenbrücke. Der Zentrale Omnibusbahnhof (ZOB) ist schwer zu erreichen und war zeitweise sogar blockiert. Die Stadt hat deshalb den provisorischen ZOB am Sültebusch und den Bus-Treff am Schulzentrum Nord eingerichtet. Auf beiden Plätzen finden Rendezvous der Buslinien statt, damit Fahrgäste umsteigen können. Der Pendelbus verbindet beide Rendezvous-Punkte. &bdquo;Mit dem Pendelbus“, so Overath, &bdquo;werden die Auswirkungen der Verspätungen auf die übrigen Kommunen abgeflacht.“ Und zwar auf drei Minuten je Fahrtrichtung. &bdquo;Zu Fuß ist man teilweise schneller“ Das wollte Andreas Edler (Grüne) nicht glauben: &bdquo;Ich zweifle ihre drei Minuten an.“ Für die betroffenen Fahrgäste sei der Pendelbus &bdquo;eine Katastrophe“. Edler: &bdquo;Zu Fuß ist man teilweise schneller.“ Er habe auch schon erlebt, dass Haltestellen gar nicht angefahren würden. Overath versprach, jedem Fall nachzugehen: &bdquo;Nennen Sie mir Ross und Reiter.“ Ingrid Schley (Grüne) berichtete ebenfalls von erheblichen Verspätungen trotz der neuen Busse. &bdquo;Der Pendelbus ist das K.-o.-System für alle aus dem Norden.“ Kathrin Heyne (SPD) wollte wissen, warum die Busse aus dem Süden überhaupt zum Sültebusch-ZOB fahren. Overath parierte die Kritik mit dem Hinweis, dass er nicht für die Linien des Stadtbusses sprechen könne. Der Stadtbus falle in die Zuständigkeit der Stadtverkehrsgesellschaft. Einige Vorschläge zum Pendelbus, wie den von Alexandra Edler, versprach er zu prüfen. Die grüne Ratsfrau schlug vor, den Pendelbus nicht bei jeder Fahrt über den Werrepark zu schicken. Den Vorschlag von Ingrid Schley, die Busse auf den wieder halbwegs baustellenfreien alten ZOB zu schicken, lehnte Overath dagegen ab. Dadurch würde die Verspätung aus Bad Oeynhausen &bdquo;in die ganze Region getragen“. Thomas Heilig (Kompass) forderte pauschal einen besseren Taktverkehr - &bdquo;und zwar zu Zeiten, wenn die Leute Busfahren wollen“. Dennoch zeigte er sich resigniert: &bdquo;Wir müssen wohl die nächsten 2,5 Jahre in den sauren Apfel beißen.“ Frank Michna (FDP) forderte offensiv Lösungen von Overath: &bdquo;Sie sind der Fachmann, ich fahre bloß Auto.“ Angesichts der Baustellen-Probleme empörte sich Michna: &bdquo;Bad Oeynhausen ist doch nicht über Nacht von Baustellen überfallen worden!“ &bdquo;Wir suchen nicht nach Möglichkeiten, mehr Geld auszugeben“ SPD-Fraktionschef Olaf Winkelmann erinnerte noch einmal an die Motive zur Gründung der Stadtverkehrsgesellschaft. &bdquo;Wir hatten die Hoffnung, dass der Nahverkehr besser genutzt wird. Jetzt sagen Sie uns, dass die Kosten steigen und die Einnahmen konstant bleiben.“ Ab dem Jahr 2026 werde die Stadtverwaltung die Zuständigkeit für den Busverkehr wieder aus der Hand geben. Winkelmann wollte deshalb wissen, wie der Busverkehr wieder attraktiver wird. Overath hatte darauf eine einfache Erklärung: Jedes Fahrzeug mehr, helfe. Das wiederum rief den Ausschuss-Vorsitzenden und CDU-Fraktionschef Kurt Nagel auf den Plan: &bdquo;Wir suchen nicht nach mehr Möglichkeiten, Geld auszugeben.“ Trotz allem verbreitete der MHV-Geschäftsführer aber auch einen Hoffnungsschimmer: Die Fahrgastzahlen im Nahverkehr bewegten sich inzwischen wieder über dem Vorcorona-Niveau von 2019, so Overath. Sein Eindruck morgens im Bus in Bad Oeynhausen sei, dass der Stadtbus positiv angenommen werde, auch wenn das Angebot nicht wirtschaftlich sei. Kurt Nagel erwiderte darauf: &bdquo;Wenn Sie morgens Busfahren, sitzen sie wohl meistens allein mit dem Busfahrer.“ Das ließ Overath nicht auf sich sitzen: &bdquo;Ich könnte ihnen das Gegenteil beweisen.“ Eine Fahrgastzählung allerdings konnte er nicht vorlegen. Die müsste auch zunächst von der Stadt beauftragt - und bezahlt werden.

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