Heimlich auf der Polizeiwache Bad Oeynhausen gefilmt: Landgericht stellt Vatertag-Verfahren ein

Bad Oeynhausen/Löhne/Bielefeld. Christi Himmelfahrt am 26. Mai 2022 sei, so resümierte der Vorsitzende Richter Georg Zimmermann am Ende der Verhandlung, für sämtliche Beteiligte kein guter Tag gewesen. Für einen 39-jährigen Mann aus Löhne endete jener Abend vor der Polizeiwache in Bad Oeynhausen; Verletzungen und Strafverfahren inklusive. Der Löhner hatte während eines Gesprächs mit Polizisten auf der Wache Videoaufnahmen gemacht. Zu sehen waren vor allem Deckenleuchten, das Gespräch aber war zu hören. Das Amtsgericht Bad Oeynhausen verurteilte den Löhner im vergangenen März deshalb zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro. Gegen diese Entscheidung legte der Löhner Berufung ein – nicht ohne Erfolg: Das Landgericht Bielefeld stellte das Verfahren am Donnerstag gegen eine Geldauflage ein. Laut Staatsanwaltschaft hatten der Angeklagte Torsten U. sowie sein Bekannter Konrad F. (Namen geändert) am fraglichen Abend vor einer Gaststätte in der Innenstadt von Bad Oeynhausen randaliert. Die hinzugezogene Polizei erteilte den Männern Platzverweise, die sie jedoch – so die Anklage – nicht auf sich sitzen lassen wollten. Die beiden alkoholisierten Männer fuhren mit einem Taxi zur Polizeistation, um das Geschehen dort auszudiskutieren. Bei der Polizei forderte Konrad F. den mit den beiden Männern befassten Beamten mehrfach auf, eine Anzeige aufzunehmen – doch konnte F. hierfür laut Anklage keinen wirklichen Grund benennen. Als der Beamte auch die sodann eingeforderte Aufnahme einer Dienstaufsichtsbeschwerde ablehnte, weigerten sich Torsten U. und sein Begleiter, die Dienststelle wieder zu verlassen. Schließlich wurden die Männer von hinzukommenden Polizisten aus dem Gebäude befördert. Zuvor hatte Torsten U. mit seinem auf dem Tisch liegenden Handy eine rund sieben Minuten lange Aufnahme angefertigt, auf der ein Teil des Gesprächs mit dem Polizisten zu hören war. Der Angeklagte hat selbst die Polizei gerufen Da der Beamte nicht nach seinem Einverständnis gefragt worden war, stellte die Polizei einen Strafantrag. Das Ergebnis: Das Amtsgericht Bad Oeynhausen verurteilte Torsten U. im März 2023 wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Euro (1.800 Euro). Gegen diese Entscheidung legte U. aber Rechtsmittel ein, so dass sich nun das Bielefelder Landgericht mit dem Vorfall zu befassen hatte. Vor der dortigen fünften kleinen Strafkammer schilderte U. am Donnerstag seine Sicht der Dinge. Demnach sei er an jenem Abend mit dem Geschäftsführer der Gaststätte aneinandergeraten. Angeblich sei zu viel Alkohol in seinem Getränk gewesen, woraufhin er dem Wirt die Flüssigkeit vor die Füße gekippt habe. Der Wirt rief die Security herbei, die Torsten U. offenbar recht unverhohlen Gewalt androhte. Daher habe er, so der 39-Jährige, die Polizei hinzuziehen wollen. Er habe Angst um seine Unversehrtheit gehabt. Doch seien die Beamten dann äußerst ruppig vorgegangen. &bdquo;Ich habe ja sogar Verständnis dafür, dass der Tag – es war Vatertag – für die Polizei auch ein stressiger Tag ist“, gab U. vor Gericht an. Allerdings sei die Behandlung vor Ort nicht zu akzeptieren gewesen. Da der Löhner keinen Ausweis dabei hatte, wurde er vor zahlreichen Gästen mit den Händen an der Wand einer Leibesvisitation unterzogen. &bdquo;Dabei hatte ich meine Personalien doch angegeben und die Polizei hatte diese mit den Angaben meiner ebenfalls anwesenden Freundin abgeglichen“, sagte der Angeklagte. Dies Geschehen sei, so ergänzte Rechtsanwalt Christian Thüner, von einer Zeugin gefilmt worden. Diskussion über Dienstaufsichtsbeschwerde Da sich die Beamten im Gegenzug geweigert hätten, sich auszuweisen, riefen U. und sein Bekannter kurz darauf bei der Polizei an, um sich über diese Behandlung zu beschweren: &bdquo;Uns wurde gesagt, dass wir dies nur persönlich bei der Dienststelle tun könnten.“ Also setzten sich die Männer in ein Taxi und fuhren zur Polizei. Dort angekommen, sprachen sie mit einem Beamten. Doch habe sich dieser geweigert, eine Anzeige oder aber eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu protokollieren. Aus diesem Grund, so U., habe er die Aufnahme mit dem Handy gestartet. Thüner: &bdquo;Mein Mandant wusste nicht, wie er anders hätte beweisen sollen, was dort drinnen eben gerade nicht passiert“. Das Ende vom Lied: Mehrere Polizisten seien hinzugestoßen, &bdquo;mein Mandant lag mit drei oder vier Polizisten auf dem Rücken verletzt vor der Station.“ Als der draußen wartende Taxifahrer sich eingemischt habe, habe einer der Polizisten gesagt, er solle ruhig sein, sonst sei er auch gleich auf dem Boden, sagte der Verteidiger. Auch dieses Geschehen ist in Teilen auf Film festgehalten, von dem ebenfalls zu einer Geldstrafe verurteilten Konrad F. Es ist unklar, ob F. ebenfalls Rechtsmittel gegen sein Urteil eingelegt hat. Das Amtsgericht brummte ihm Anfang September 2023 eine Geldstrafe von 3.000 Euro auf. In seinem Berufungsverfahren betonte Torsten U., es gehe ihm nicht ums Geld, sondern ums Prinzip: &bdquo;Ich wünsche es wirklich niemandem, dass er sich an die Polizei wendet und dann dort raus geprügelt wird.“ Dass sein Mandant die Handyaufnahme gefertigt habe, sei nie bestritten worden, sagte Verteidiger Thüner. Doch stelle sich für ihn die Frage, ob es die einzige Möglichkeit für die Justiz sei, darauf mit einem Urteil zu reagieren. Während des Verfahrens waren zudem mehrere Fehler passiert: Das Gespräch von Torsten U. und Konrad F. war von einem anderen Beamten geführt worden als von jenem, den das Amtsgericht Bad Oeynhausen auf der Aufnahme benannt hat und das zur Grundlage des Amtsgerichtsurteils wurde. Außerdem hat nicht der betroffene Polizist selbst den für die Verfolgung notwendigen Strafantrag unterschrieben. Das Landgericht stellte das Verfahren gegen den bislang nicht vorbestraften U. gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 1.200 Euro zugunsten des Herforder Mittagstischs ein. &bdquo;Dieses Geld wird mein Mandant gerne zahlen“, sagte Verteidiger Thüner. Nein, der 26. Mai 2022 war kein guter Tag. Nicht für Torsten U., nicht für Konrad F., nicht für die Polizei.

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